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Gehirndoping - riskanter Kick fürs Gehirn
Aus Puls vom 28.10.2013.
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Lässt sich im Hirn der Turbo zünden?

Einfach eine Pille schlucken, und schon verbessern sich Konzentration, Gedächtnisleistung oder Motivation dramatisch. In der Realität führt Hirndoping jedoch meist dazu, dass zwar die Ausdauer steigt – aber nicht die Qualität der Arbeit. Und die Nebenwirkungen sind nicht zu unterschätzen.

Den Kaffee zum Wachwerden, die Zigarette in der Arbeitspause: Koffein und Nikotin sind ebenso verbreitete Aufputschmittel wie Energydrinks oder der Adrenalinschub bei sportlicher Betätigung. Manchen reicht dieser legale Kick nicht aus. «Neuro-Enhancement» nennen die Fachleute das Phänomen, wenn gesunde Menschen verschreibungspflichtige Medikamente einnehmen, um gezielt die geistige Leistungsfähigkeit zu steigern. Nebst Methylphenidat (besser bekannt als Ritalin) gilt auch das Medikament Modafinil, welches gegen die Schlafkrankheit Narkolepsie eingesetzt wird, als «Neuro-Enhancer». Aber auch sogenannte Antidementiva, Medikamente gegen Altersdemenz, und Antidepressiva werden zu den Hirndoping-Substanzen gezählt.

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Hirndoping: Judith Hardegger im Gespräch mit Thomas Metzinger und Felix Hasler
Aus Sternstunde Religion vom 01.01.2010.
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Die Stoffe aus der Gruppe der Stimulantien verleiten wegen ihres Wirkungsprofils besonders dazu, für Hirndoping missbraucht zu werden. Die Substanzen – wie auch die illegalen Drogen Amphetamin und Kokain – erhöhen allesamt im Gehirn die Konzentration der Neurotransmitter Dopamin und Noradrenalin.

Die Folge ist eine verstärkte Reizweiterleitung zwischen den Nervenzellen. Damit wird hauptsächlich eine Steigerung der Wachheit, der inneren Erregung und der Motivation erzielt.

Keine Steigerung übers Optimum hinaus

«Soweit wir jedoch heute wissen, üben diese Substanzen keinen spezifischen Effekt auf einzelne kognitive Eigenschaften wie etwa das Gedächtnis oder die Fähigkeit komplexe Problem zu lösen aus», weiss Pharmakopsychologe Boris B. Quednow von der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich.

Studien weisen darauf hin, dass eine Steigerung der kognitiven Kapazität durch Stimulanzien am ehesten bei Personen festzustellen ist, welche eine geringere intellektuelle Leistungsfähigkeit aufweisen. Bei Personen mit einem sehr guten Arbeitsgedächtnis führen die Substanzen hingegen tendenziell zu einer schlechteren Leistung. «Dies deutet auf ein universelles Prinzip hin, wie unser Hirn funktioniert. Eine Verbesserung scheint nur möglich, solange wir noch nicht den optimalen Grad an Wachheit und Erregung, also einer optimalen Neurotransmitter-Konzentration erreicht haben», erklärt Prof. Quednow.

Wer also bereits wach und motiviert ist, kann sein Gehirn mit Stimulantien nicht zu noch mehr Leistung anregen. Vielmehr führt hier eine zusätzliche Stimulation zu Nervosität und Konzentrationsschwierigkeiten.

Happige Nebenwirkungen

Aber auch müden, unmotivierten, aber ansonsten gesunden Menschen rät der Pharmakopsychologe vom Einsatz solcher Stimulantien ab. Zu gross sei die Gefahr von Nebenwirkungen.

Einerseits bergen alle anregenden Substanzen ein Suchtrisiko, andererseits können Methylphenidat und Modafinil u.a. Nervosität, Schlafstörungen, Appetitlosigkeit und in seltenen Fällen sogar Psychosen, Wahnvorstellungen und schwere Depressionen auslösen. «In der Therapie von psychiatrischen Erkrankungen wie zum Beispiel ADHS, welche auf Störungen innerhalb der betreffenden Neurotransmittersysteme zurückzuführen sind, scheinen diese Nebenwirkungen tolerabel. Bei Gesunden sollten sie aber nicht akzeptiert werden», findet Boris B. Quednow.

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