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Medizinischer Check-up: Sinn oder Unsinn?
Aus Ratgeber vom 18.06.2015. Bild: Keystone
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Pro und contra Check-Ups Welche Gesundheits-Tests bringen wirklich etwas?

Kritiker warnen vor Überdiagnose und Überbehandlung und sagen: «Wer sucht, der findet immer etwas.» Befürworter betonen, dass Check-ups helfen, allfällige Krankheiten frühzeitig zu erkennen und die Gesundheit gezielt zu erhalten. Welche Vorsorgeuntersuchungen sind wirklich unerlässlich?

«Check-up» – das Wort steht für die medizinische Untersuchung, Beurteilung und Beratung gesunder oder vermeintlich gesunder Personen. Das Angebot ist gross, inzwischen gibt es sogar Kliniken und Zentren, die sich auf Check-ups spezialisiert haben, die Aufschluss geben sollen über den persönlichen Gesundheitszustand.

Welche Checks machen in welchem Alter Sinn und welche haben einen nachweislich positiven Einfluss auf die Gesundheit? Antworten auf diese Fragen lieferten Ende der 1970er Jahre die von einer Kanadischen Taskforce publizierten Qualitätskriterien zu Vorsorgeuntersuchungen oder die wenig später von der United States Preventive Services Task Force (USPSTF) entwickelten Richtlinien.

Letztere wurden 2004/05 überarbeitet und stellen auch die Basis für die Schweizer Empfehlungen zu Check-ups bei gesunden Personen dar.

Was bezahlt die Krankenkasse?

Check-ups ohne medizinische Notwendigkeit werden von der Krankenkasse nicht bezahlt. Falls Sie also einen Check-up ins Auge fassen, lohnt es sich, die Preise und Leistungen der verschiedenen Anbieter zu vergleichen.

Die wichtigsten Vorsorgeuntersuchungen beim Hausarzt, Urologen oder Gynäkologen und beim Augenarzt werden hingegen von den Kassen getragen. Bei Verdacht auf eine Krankheit oder bei Risikopatienten übernimmt die Kasse in der Regel die notwendigen Abklärungen.

Klären Sie eine allfällige Kostenübernahme stets vorab mit Ihrer Kasse ab!

Untersuchungen mit hoher Evidenz

Grünes Licht für diese Checks/Vorsorgeuntersuchungen:

  • [+] Augendruckmessung Bei Männern und Frauen ab 40, spätestens aber ab 50.
  • [+] Blutdruckmessung Bei Männern und Frauen ab 20 alle drei bis fünf Jahre; mit steigendem Alter eher öfter.
  • [+] Blutzuckermessung Bei Männern und Frauen ab 45 alle drei Jahre. Erhöhter Blutzucker kann Schäden an Augen, Herz, Nieren und Gefässen zur Folge haben. Oft merken Betroffene nicht, dass sie an zu hohem Blutzucker (Diabetes) leiden. Frühzeitige Diagnose und konsequente Senkung des Zuckers können Schäden verhindern oder verzögern.
  • [+] Cholesterinmessung Alle fünf Jahre. Bei Männern zwischen 35 und 65, bei Frauen zwischen 45 und 65.
  • [+] Darmkrebsprophylaxe Darmspiegelung empfohlen bei Männern und Frauen ab 50. Die Kosten bei Personen im Alter von 50 bis 69 Jahren übernimmt die Grundversicherung.Es werden alle zwei Jahre ein «Blut-im-Stuhl-Test» oder alle zehn Jahre eine Darmspiegelung bezahlt.
  • [+] Gebärmutterhalskrebsprophylaxe Bei sexuell aktiven Frauen bis 65 wird mindestens alle drei Jahre ein Abstrich empfohlen.
  • [+] Gewicht/Fettverteilung Der Body-Mass-Index BMI und die Waist-to-hip-Ratio WHR liefern gute Ansatzpunkte. Das Verhältnis von Gewicht zur Grösse bzw. die Fettverteilung ist ein wichtiger Risikofaktor für Diabetes und Herz-/Kreislauferkrankungen.

Untersuchung mit umstrittener Evidenz

Der Nutzen der folgenden Checks ist umstritten. Der Patient/die Patientin muss sich der möglichen Folgen bewusst sein.

  • [+/-] Mammographie US-Richtlinien empfehlen alle zwei Jahre Bruströntgen bei Frauen zwischen 50 und 70. Liegen aber keine Verdachtsmomente oder erbliche Vorbelastung vor, raten inzwischen viele Ärzte von der Untersuchung ab. Denn Studien zeigen: Von 1000 Frauen sterben innert zehn Jahren dank Früherkennung mit Mammographie lediglich zwei Frauen weniger an Brustkrebs - bei rund 200 Frauen zeigt die Mammographie jedoch fälschlicherweise Zeichen für einen Brustkrebs an. Das führt bei vielen Frauen zu starker Verunsicherung, psychischer Belastung und zieht unnötige und unangenehme Folgeabklärungen nach sich.Besprechen Sie eine Mammographie auf jeden Fall vorab mit Ihrem Gynäkologen und informieren Sie sich über mögliche Konsequenzen.
  • [+/-] Prostata-Screening Obwohl Prostatakrebs zu den häufigsten Krebserkrankungen bei Männern zählt, raten immer mehr Ärzte von einem generellen Prostata-Screening mittels PSA-Bestimmung (Prostata-spezifisches Antigen) im Blut ab. Das Risiko unnötiger Behandlungen mit Nebenwirkungen und Folgeschäden sei zu hoch. Studien zufolge müssen 1400 Männer zum Screening gehen und 48 Krebspatienten behandelt werden, um nur einen Todesfall zu verhindern. Eine Vielzahl der gescreenten Männer würde aber wegen Überdiagnose behandelt, operiert und psychisch belastet.Viele Ärzte raten deswegen von der Untersuchung des PSA-Werts im Blut ab, wenn kein bestimmter Verdacht oder keine Vorbelastung bestehen. Besprechen Sie sich auf jeden Fall vorab mit Ihrem Hausarzt oder Urologen und informieren Sie sich über mögliche Konsequenzen.
  • [+/-] Schilddrüse Erkrankungen der Schilddrüse werden der diffusen Symptome wegen oft übersehen, sie sind aber gerade bei älteren Menschen gar nicht so selten. Trotzdem sind die Empfehlungen bezüglich Routinechecks umstritten. Die USPSTF verzichtet deshalb auf Empfehlungen, Fachgesellschaften weisen aber darauf hin, dass eine Messung der Schilddrüsen-Hormone im Blut (z.B. TSH) alle fünf Jahre vertretbar sei.
  • [+/-] Hautkrebs Eine Untersuchung der Haut ist nur bei Personen mit erhöhtem Risiko notwendig. Hellhäutige Menschen oder Menschen, die häufig der Sonne ausgesetzt sind oder viele (> 15) Schönheitsflecken haben, sollten sich alle ein bis zwei Jahre untersuchen lassen. Gründe für eine Untersuchung sind ausserdem unregelmässige Flecken oder solche, die grösser sind als sechs Millimeter. Wenn Hautkrebs in direkter Verwandtschaft auftritt, sollte man sich ebenfalls checken lassen.

Untersuchungen ohne Evidenz

Checks, die ohne spezifischen Grund keinen Sinn machen:

  • [-] Bluttests Umfassende Laboruntersuchungen (Leberwerte, Nierenwerte, Tumormarker, Vitaminbestimmung etc.) werden nicht empfohlen.
  • [-] Bildgebende Diagnostik Röntgen- oder MRI-Untersuchungen von Thorax oder gewissen Organen ohne spezifischen Verdacht sind nicht ratsam.
  • [-] Belastungstests Ein Ruhe-EKG (Untersuchung der Reizleitung im Herzen) ist völlig ausreichend, ein Belastungs-EKG braucht es ohne bestimmten Grund nicht.
  • [-] Lungenfunktion und Lungenröntgen Bei symptomfreien Nichtrauchern soll auf einen Lungenfunktionstest oder bildgebende Untersuchungen der Lunge verzichtet werden.
  • [-] Osteoporose Das Messen der Knochendichte ist erst bei Verdacht ratsam; generell kann aber darauf verzichtet werden.

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