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Cyberchondrie
Aus 100 Sekunden Wissen vom 10.04.2014. Bild: colourbox
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Mit Dr. Google auf Du und Du

Hypochonder achten ängstlich auf jedes Zeichen ihres Körpers und deuten jedes Zeichen als Symptom einer Krankheit. Cyberchonder auch – unterstützt von modernsten Hilfsmitteln.

Für Hypochonder ist der Weg vom kleinen Symptom zur grossen Krankheitsvermutung sehr kurz. Husten und ein dumpfer Schmerz auf der Brust? Das ist bestimmt ein Lungenkrebs. Bauchschmerzen? Klar, da hat sich ein Magengeschwür gebildet. Und das leichte Kribbeln in den Fingern ist bestimmt der Anfang von Multipler Sklerose.

Seit es das Internet gibt, haben Hypochonder die perfekte Fundgrube für ihre Krankheitsängste: Sie surfen auf Dr. Google und finden ganz bestimmt, was ihnen fehlt. Nach dem Gesundheitscheck im Netz sind sie kränker als zuvor, aber sie tun es immer wieder, werden gar süchtig nach der Krankheitsbestätigung aus dem World Wide Web. Sie sind vom Hypochonder zum Cyberchonder geworden.

Cyberchondrie – der Begriff stammt von Brian Fallon der New Yorker Columbia Universtity. Seinen Studien zufolge sind 80 Prozent der Hypochonder auch Cyberchonder. Und Cyberchonder lassen sich von Ärzten noch weniger beruhigen als die guten alten Hypochonder ohne «Cyber», denn sie haben schliesslich Berge von Dokumenten ausgedruckt, um ihre schwere Krankheit zu bestätigen. Und sie wechseln einfach ihren Arzt, diesen gutmütigen, wohlwollenden Ignoranten, um sich in einer anderen Praxis Gehör zu verschaffen – und Krankheitsbestätigung zu bekommen.

Tatsächlich werden sie früher oder später mit einer ernsthaften Diagnose konfrontiert werden müssen. Ihre Krankheit heisst Cyberchondrie und muss behandelt werden, damit die Todesangst der Lebensfreude weicht.

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