Die hochkarätige Halbfinal-Affiche in Montreal kann auch wie folgt zugespitzt werden: Es misst sich die stabilste Abwehr (die USA kassierten erst 1 Gegentreffer)mit der besten Offensive des Turniers (Deutschland mit 20 Toren).
Personifiziert wird das Prunkstück der Amerikanerinnen, die Defensive, durch Goaliefrau Hope Solo. Die 33-Jährige liess in 5 WM-Partien erst ein Tor zu, ist seit 423 Minuten unbezwungen. «Dann wird es Zeit, dass sie noch eines kriegt», folgert DFB-Trainerin Silvia Neid mit einem Augenzwinkern.
Neid macht auf Understatement
Gemessen am Spektakel spielte sich das US-Team bislang eher unauffällig durchs Turnier. Es zeichnete sich wohl durch einen unbändigen Einsatz aus, sein gefürchteter Angriffswirbel scheint aber etwas abgeebbt zu sein. Die deutsche Torhüterin Nadine Angerer widerspricht diesem Eindruck und warnt: «Da kommt ein geballter ICE auf uns zugerast.»
Da kommt ein geballter ICE auf uns zugerast
Deutschland hat gegen Frankreich im Herzschlag-Viertelfinal mit Penaltyschiessen viel Kraft verpufft, wird gemäss Neid dennoch «befreiter aufspielen». Die Begründung der 51-Jährigen: «Ich habe schon immer gesagt, dass der Halbfinal für mich ein grosser Erfolg ist. Jetzt spielen wir nicht gegen irgendwen, sondern gegen die USA, wir geben alles und schauen, was dabei herauskommt. Das ist dann Zugabe.»
Der Stachel sitzt noch immer tief
Freilich steckt mehr Brisanz dahinter als die Bundestrainerin einräumt. Denn nur der Sieger verbleibt im Rennen um den 3. WM-Stern.
Die USA waren damals haushoher Favorit. Die Niederlage bei der eigenen WM hat ihnen wehgetan.
Die USA, die 1991 und 1999 den Titel errangen, dürsten geradezu danach, an ihre Glanzzeiten anknüpfen zu können. Deutschland gelang in den Jahren 2003 und 2007 die Wachablösung. An diese haben die Amerikanerinnen noch immer schmerzhafte Erinnerungen. Denn vor 12 Jahren hatten sie in Portland mit dem 0:3 im Halbfinal eine bittere Pille zu schlucken. Nicht ungern wärmt Neid diese Geschichte nochmals auf: «Die USA waren haushoher Favorit. Die Niederlage bei der eigenen WM hat ihnen wehgetan.»
Es war dies damals einer von bislang nur 6 Ausrutschern der US-Girls gegen Erzrivale Deutschland. Die Gesamtbilanz weist 20 Siege in bislang 32 Länderspielen aus. Am Mittwoch im Halbfinal zählt aber nur die Gegenwart.
Die Wege in den Halbfinal
USA | Deutschland | |
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1. Gruppenspiel | 3:1 gg. Australien | 10:0 gg. Elfenbeinküste |
2. Gruppenspiel | 0:0 gg. Schweden | 1:1 gg. Norwegen |
3. Gruppenspiel | 1:0 gg. Nigeria | 4:0 gg. Thailand |
Achtelfinal | 2:0 gg. Kolumbien | 4:1 gg. Schweden |
Viertelfinal | 1:0 gg. China | 5:4 n.P. gg. Frankreich |
Sendebezug: SRF zwei, sportlive, 26.06.2015 21:50 Uhr