Alain Sutter, erstmals seit Beginn der EM-Quali liegt die Nati auf dem 2. Rang, den sie vor der Kampagne quasi schon für sich beansprucht hatte. Wie lautet Ihr Zwischenfazit?
Sutter: Wenn man den keineswegs idealen Start berücksichtigt, haben sich die Schweizer gut gefangen. Es war kein Vorteil, dass Petkovic gleich mit einem Ernstkampf beginnen musste ohne ein Trainingslager oder Testspiel, um die Mannschaft kennenzulernen. So ist der Start auch erklärbar. Man sah aber schnell, dass die Nati zusammen mit England das beste Team ist in dieser Gruppe. In den letzten Spielen konnten sie das in Resultate ummünzen. Es war eine kontinuierliche Steigerung da, ohne dass sie richtig 'explodiert' wäre.
Wenn Sie sich zurück erinnern: War nach dem Fehlstart mit den Niederlagen gegen England und Slowenien eine Unruhe spürbar bei Petkovic und seinem Umfeld?
Nein, ich habe es nie so empfunden. Petkovic wusste ganz genau, was er will. Er wusste auch, dass es vielleicht einen Moment braucht, bis alles zusammenfindet. Ich glaube einfach, dass der Druck zu dieser Zeit zunahm. Gerade nach Ottmar Hitzfeld, der eine erfolgreiche Zeit hatte, war dieser gross. Von der Mannschaft wurde die klare Qualifikation erwartet. Aber Petkovic kam mit einer klaren Idee und hat diese auch umgesetzt.
Es war eine kontinuierliche Steigerung da, ohne dass die Mannschaft richtig 'explodiert' wäre
Was sind Ihrer Ansicht nach die augenfälligsten Unterschiede der Nati unter Hitzfeld und der Nati nach einem Jahr unter Petkovic?
Ich bin kein Fan vom Vergleichen. Aber was man sieht, ist, dass Petkovic von Hitzfeld eine intakte Mannschaft übernommen hat, die sehr gefestigt und vor allem defensiv unheimlich stabil war. Eine Weiterentwicklung ist in meinen Augen, dass nach vorne mehr Gefährlichkeit reingekommen ist. Petkovic lässt ein bisschen offensiver spielen und dadurch kreiert das Team unter ihm viel mehr Chancen und ist mehrheitlich in Ballbesitz. Das ist für mich ein positiver Effekt des Wechsels.
Wenn man über die Stützen der Schweiz spricht, sticht Xherdan Shaqiri heraus, der an 9 von 13 Qualitoren beteiligt war. Passt ihm Petkovics System besser?
Es war auch unter Hitzfeld so, dass Shaqiri seine Freiheiten hatte. Das System mit der Raute, in dem er als klassischer Zehner spielen kann, kommt ihm entgegen. Aber es hängt auch vom Gegner ab. Gegen die Litauer sah man, dass Shaqiri fast keinen Platz hatte, als sie das Zentrum zumachten. Als er in der 2. Halbzeit auf die Seite auswich, hatte er die entscheidenden Aktionen. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass Xherdan seine Freiheiten hat und je nach Aufstellung des Gegners spielen kann. Denn er hat die Qualitäten, um sowohl auf der Seite als auch im Zentrum zu spielen.
Inlers Auswechslung ist nichts Aussergewöhnliches
Gökhan Inler, von Petkovic als Captain «übernommen», wurde gegen Litauen nach weniger als einer Stunde ausgewechselt. War das einfach ein Impuls oder steckt mehr dahinter?
Ich glaube nicht, dass das irgendein Anzeichen ist. Man sollte nicht zu viel hinein interpretieren. Petkovic wollte umstellen, hat das System ein wenig verändert und hatte das Gefühl, dass Inler der ist, den er rausnehmen will, um einen anderen Impuls reinzubringen. Das ist nichts Aussergewöhnliches.
Die Nati-Bilanz unter Petkovic
Datum | Partie | Resultat | Wettbewerb | Ort |
---|---|---|---|---|
14.6.15 | Litauen-Schweiz | 1:2 | EM-Quali | Vilnius |
10.6.15 | Schweiz-Liechtenstein | 3:0 | Testspiel | Thun |
31.3.15 | Schweiz-USA | 1:1 | Testspiel | Zürich |
27.3.15 | Schweiz-Estland | 3:0 | EM-Quali | Luzern |
18.11.14 | Polen-Schweiz | 2:2 | Testspiel | Warschau |
15.11.14 | Schweiz-Litauen | 4:0 | EM-Quali | St. Gallen |
14.10.14 | San Marino-Schweiz | 0:4 | EM-Quali | Serravalle |
9.10.14 | Slowenien-Schweiz | 1:0 | EM-Quali | Maribor |
8.9.14 | Schweiz-England | 0:2 | EM-Quali | Basel |
Sendebezug: SRF zwei, sportlive, 14.6.15, 20:00 Uhr