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Leichtathletik Daegu 2011: 40 Prozent aller Athleten gedopt?

Nach jahrelangem Rechtsstreit haben Wissenschaftler der Universität Tübingen und der Harvard Medical School eine aufsehenerregende Dopingstudie veröffentlicht. Der Inhalt ist brisant.

Demnach standen bei der WM vor sechs Jahren in Daegu (Südkorea) mindestens 30 Prozent, im Mittel aber sogar zwischen 39,4 und 47,9 Prozent (Schnitt: 43,6) der Athleten nach eigenen Angaben unter Dopingeinfluss.

Bei den Pan-Arabischen Spielen in Doha im selben Jahr waren es im Schnitt sogar 57,1 Prozent, die angaben, im Zeitraum von 12 Monaten vor dem Wettkampf gedopt zu haben.

Die Wahrheit ist: Dieses Testsystem können wir komplett in die Tonne treten.
Autor: Perikles Simon Sportmediziner und Dopingforscher
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Anonyme Umfrage lässt auf viele Dopingvergehen schliessen (Radio SRF 3, Nachmittagsbulletin, 29.08.2017)
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Die Ergebnisse resultierten aus einer anonymen Befragung unter 1202 WM-Teilnehmern. Die Validität der Methode («randomisierte Antworttechnik») ist wissenschaftlich anerkannt.

Neben der totalen Zahl dopender Athleten ist auch die Ineffizienz der damals vorgenommenen Dopingkontrollen auffällig. Nur ein Bruchteil der Dopingfälle, bei der WM waren es 0,5 Prozent, wurde erkannt.

«Es gibt keine funktionierende Methodik»

Experten sehen in der Studie einen weiteren, äusserst belastbaren Beleg, dass die Zahl dopender Spitzensportler dramatisch höher liegt als von den internationalen Verbänden und Institutionen anerkannt.

«Über Jahrzehnte wurde uns vorgegaukelt, dass man das Dopingproblem marginalisieren und individualisieren dürfe. Die schwarzen Schafe sind einzelne Sportler, oder ‹nur› Russland - und auf jeden Fall immer die anderen», sagte der Sportmediziner und Dopingforscher Perikles Simon, der Co-Autor der Studie ist.

«Die Wahrheit ist: Dieses Testsystem können wir komplett in die Tonne treten. Da gibt es gar nichts, keine Struktur, keine Idee, keine funktionierende Methodik.»

Wollte Iaaf Veröffentlichung verhindern?

Die Wissenschaftler hatten jahrelang um die Veröffentlichung der von der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA in Auftrag gegebenen Studie gestritten. 2015 hatte die New York Times Teile der Arbeit erstmals veröffentlicht. Die Uni Tübingen hatte dem Leichtathletik-Weltverband Iaaf vorgeworfen, die Veröffentlichung verhindern zu wollen.

Sendebezug: Radio SRF 3, Nachmittagsbulletin, 29.08.2017, 15:00 Uhr.

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