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Langlauf: Der Boom auf die Schweizer Loipen
Aus Einstein vom 10.03.2022.
Bild: SRF abspielen. Laufzeit 37 Minuten 10 Sekunden.
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Jogging statt Schwimmen So verbessern Sie Ihre Ausdauer

Mehr Trainingseinheiten, Ernährung umstellen, das Maximum rausholen: Das bringt meist nichts. Die wichtigsten Trainingsgrundsätze der Wissenschaft hingegen schon.

Egal, in welchem Alter und mit welchem Wohnort, Schweizerinnen und Schweizer mögen fünf Sportarten ganz besonders: Wandern, Radfahren, Schwimmen, Skifahren und Jogging. Der sogenannte «helvetische Mehrkampf» boomt seit Jahren. Doch mit welcher Aktivität wird man am schnellsten fit?

«Wer wenig Zeit hat und schnell fit werden will, geht am besten Joggen», sagt Thomas Steiner, Sportphysiologe an der Eidgenössischen Hochschule für Sport in Magglingen. Der Trainingseffekt und Energieverbrauch seien auf einem Level wie bei keiner anderen Sportart.

Die Vorteile davon, mehr Schnauf zu haben

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Die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung treibt Sport für die Gesundheit und um fit zu sein, geht aus der gross angelegten Studie im Auftrag des Bundesamts für Sport hervor. Genau für diese beiden Aspekte lohnt es sich, regelmässig zu wandern, zu schwimmen oder zu joggen.

Unter dem umgangssprachlichen Ausdruck «mehr Schnauf haben» oder Ausdauer versteht man die Fähigkeit, eine Belastung ohne Ermüdung möglichst lange aufrechtzuerhalten. Dabei werden nicht nur Kalorien verbraucht, sondern das Training hat auch etliche positive Effekte für die Gesundheit.

Beispielsweise wird durch Ausdauertraining der Herzmuskel stärker und kann trotz niedrigerem Puls mehr Blut pro Minute durch den Körper pumpen. Das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Arteriosklerose, Bluthochdruck, Diabetes oder Herzinfarkte sinkt. Es wird nicht nur mehr Blut produziert, sondern auch mehr rote Blutkörperchen gebildet, sprich der Körper kann mehr Sauerstoff aufnehmen. Die Muskeln können unter anderem deswegen effizienter arbeiten.

Zudem deuten Studien darauf hin, dass Sport das Immunsystem stärkt. Auch die Krebsforschung zeigt, dass Zellen von sportlichen Personen Tumore besser erkennen und beseitigen können.

Aber nicht nur das: Laut einer norwegischen Studie könnten über 10 Prozent der Depression vermieden werden, wenn sich Erwachsene eine Stunde pro Woche bewegen.

Jogging ist Fitmacher per se

Dass Laufen sehr effizient ist, zeigt auch das sogenannte metabolische Äquivalent (kurz in Englisch: MET). Der Wert beziffert, wie viel Energie der Körper für unterschiedliche Aktivitäten aufbringen muss. Im Vergleich zum Laufen haben beispielsweise Radfahren und Schwimmen einen deutlich tieferen Wert für ein ähnliches Belastungsempfinden.

In anderen Worten: Auch schon bei einem lockeren Lauftraining wird der Körper stärker beansprucht als beim langsamen Schwimmen in Bahnen. Das heisst wiederum, dass sich Körpersysteme wie die Muskulatur und das Herz-Kreislauf-System mehr gestärkt wird. Der Körper wird also leistungsfähiger. Und zwar kurz- und längerfristig.

Doch ob man seine Ausdauer verbessern kann, hänge nicht nur von der Sportart ab, so der Experte. «Genauso wichtig ist, wie man trainiert.» Und da haben sich etliche Mythen verbreitet und Fehler eingeschlichen. Oft wird der Fokus falsch gesetzt und das Gesamtbild aus den Augen verloren, sogar unter den Top-Athleten, verrät Steiner.

Ob man am Morgen oder Nachmittag Sport treibt, ohne Kohlenhydrate zu essen aufs Fahrrad steigt oder im Frühling härter trainiert als im Winter, diese Aspekte seien weit weniger relevant als die drei wichtigsten Grundsätze im Ausdauertraining: Volumen, Intensität und Trainingsintensitätsverteilung. Hier erreiche man den grössten Impact auf die körperliche Leistungsfähigkeit.

Der meistverbreitete Sportirrturm

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«No pain, no gain»: Freizeitsportler versuchen oft, aus jeder Trainingsminute das Maximum herauszuholen. Dieser Leitgedanke sei nicht nur kontraproduktiv, sondern auch längst wissenschaftlich widerlegt, sagte der renommierte Sportwissenschaftler Stephan Seiler in einem TED-Talk.

Immer hart zu trainieren, sei fast unmöglich. Schnell landet man im mittleren Belastungsbereich und stagniert. Zudem wird der Körper systemisch Stress ausgesetzt. Verletzungen und Überbelastung sind die Folgen.

Auch die besten Athletinnen der Welt trainieren nur selten hart, grösstenteils im lockeren Bereich. «Im Training geht es nicht um Schmerzen und Leiden, sondern um Freude, Ausdauer und Geduld», so Seiler. Wer trainieren geht, solle die Stimme im Kopf ignorieren, die «no pain, no gain» sagt.

Wer seine Ausdauer nachhaltig verbessern will, solle sich an diese drei simplen Grundsätze halten:

  • Regelmässigkeit: Studien belegen zwar, dass die Leistungsfähigkeit am späteren Nachmittag am grössten ist und damit Trainings die grösste Wirkung haben können, doch was bringt es, wenn man zu dieser Tageszeit arbeitet? Steiner meint dazu pragmatisch: «Hauptsache, du gehst.»
  • Hochintensive Trainings einbauen: Weil intensive Trainingseinheiten mental anspruchsvoller sind, werden sie oft vernachlässigt, auch wenn die Wissenschaft deren Effekte längst belegt hat. Ein schweisstreibendes Intervalltraining – selbst wenn nur zehn Minuten lang – stärkt das Herz-Kreislauf-System ähnlich wie ein einstündiger Spaziergang. Zudem belegen Studien, dass solche harten Trainings sogar für Menschen mit Herzproblemen nicht gefährlicher sind als lockere Einheiten.
  • Gute Verteilung der Trainingsintensität: Oft trainieren wir aber im mittleren Bereich, obwohl dies die geringsten Trainingseffekte zeigt. Zuerst solle man ein bis zwei harte Einheiten in der Woche planen, die restliche verfügbare Trainingszeit wird mit lockeren Einheiten aufgefüllt, rät Steiner. Spitzen-Athleten trainieren etwa 80 Prozent im lockeren Bereich und rund 20 Prozent im hochintensiven Bereich. Ob man das auch schafft, hängt vor allem von der verfügbaren Trainingszeit ab und dem Willen, auch hochintensive Trainings zu absolvieren. Das Wichtigste: «Lockere Trainings sind locker und harte Trainings sind hart », sagt Steiner.

Fitness-Experte hält wenig von Sixpack- und Liegestütz-Challenges

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Neben den Ausdauersportarten gehen Schweizer:innen gerne ins Fitness und machen Krafttraining. Der Personal Coach, Ausbildner und Geschäftsführer einer Bildungsinstitution für Bewegung und Gesundheitsförderung, Cyrill Lüthi, beobachtet aber, dass nach einer längeren Winterpause oft zu ehrgeizig eingestiegen werde. «Lieber man zieht einen kleineren Trainingsumfang länger durch als kurze Zeit Vollgas zu geben und dann wieder auf dem Sofa zu landen», so Lüthi.

Basisübungen wie Kniebeugen, Planks oder Liegestützen würden bei korrekter Anwendung sehr gute Resultate zeigen. Die Mischung sei entscheidend. Von den Liegestütz-Challenges, die auf Social Media geteilt werden, rät er für Einsteiger ab. «Unter einer solchen Challenge leidet oftmals die richtige Ausführung», sagt Lüthi.

Auch die Sixpack-Work-outs auf Youtube würden oft nicht das gewünschte Resultat zeigen. «Man kann noch so viele Bauchübungen machen, das Sixpack bleibt aber unter einem Fettpolster versteckt.» Wer ein sichtbares Sixpack will, müsse die Ernährung umstellen und abnehmen.

Im Hype rund ums Outdoor-Sporttreiben sieht Lüthi hingegen keine Problematik. Trotz weniger Massnahmen werde das Bewegen an der frischen Luft seine neu gewonnene Bedeutung behalten, schätzt der Fitness-Coach ein.

Einstein, 10.03.2022, 21:05 Uhr

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