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Mensch Tiere als Helfer im Gefängnis

Häftlinge teilen den Alltag mit Katzen; Gefangene lernen mit Hilfe von Eseln, Verantwortung zu übernehmen. Immer mehr Strafanstalten setzen Tiere im Strafvollzug ein – mit Erfolg, wie die Arbeit von Psychologin Lily Merklin zeigt.

Dass Tiere in Heimen, Schulen, Spitälern eingesetzt werden, ist nichts Neues. Doch auch in Haftanstalten gehören sie immer häufiger zum Alltag. In Basel beispielsweise halten Inhaftierte drei Alpakas. Die Tiere aus der Familie der Kamele werden von ihnen gefüttert und gepflegt. So lernen die Häftlinge in der Praxis, Verantwortung zu übernehmen, für Hygiene zu sorgen und pünktlich zu sein.

Die Strafanstalt Saxerriet im Kanton St. Gallen führt seit Jahren ein Katzenprogramm, allerdings nicht zum Nulltarif: Unterhalt, Futter und Tierarztkosten müssen die Katzenväter aus dem eigenen Sack bezahlen. Auch in der Frauen-Strafanstalt Hindelbank im Kanton Bern tummeln sich mehrere Stubentiger. Daneben leben Meerschweinchen und Vögel hinter Gittern, ganz abgesehen von landwirtschaftlichen Nutztieren, die in vielen Anstalten gepflegt und gezüchtet werden.

Verborgene Gefühle zum Vorschein bringen

«Tiere in Strafanstalten, das klingt auf den ersten Blick nach Luxus», sagt die Psychologin Lily Merklin von der Universität Freiburg in Deutschland, die sich in ihrer Doktorarbeit mit dem Thema «Tiere im Strafvollzug» befasst. «Doch das ist falsch, denn Tiere können den Gefangenen bei der Resozialisierung helfen.»

Zum Beispiel, indem die Häftlinge dabei lernen, Verantwortung zu übernehmen. Tiere könnten im Gefangenen verborgene Gefühle wecken, so die Psychologin: Zuneigung, Fürsorglichkeit und Mitleid. Ausserdem könnten Betroffene dabei lernen, wieder unbelastet Beziehungen einzugehen: Ein Tier kenne die Vergangenheit des Halters nicht und akzeptiere ihn so, wie er ist. 

Therapien unter fachkundiger Anleitung

Seit fünf Jahren führt die Strafanstalt Saxerriet auch tiergestützte Therapien mit Eseln durch. Gerade mit diesen Tieren, die als störrisch gelten, sollen die Inhaftierten einen rücksichtsvollen Umgang lernen. Diese Therapie führt eine ausgebildete Fachperson mit klaren Zielen durch, zum Beispiel mehr Rücksichtnahme – meist bei Häftlingen, die für klassische Therapien nur schwer zugänglich sind. Und auch die Strafanstalt Lenzburg bietet tiergestützte Therapien mit Hunden an, vor allem für Gefangene im Sicherheitstrakt.

«Solche Therapien sind geeignet für Häftlinge, die den Zugang zu sich verloren und zu viele schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht haben. Gefangene, die auch Mühe mit der Kommunikation haben», so Lily Merklin. Sie hofft, dass die tiergestützte Therapie im Strafvollzug weiterhin an Bedeutung gewinnen wird: Ihre Arbeit hat gezeigt, dass diese Therapieform die Empathie von Häftlingen fördern und den Kontakt zur Aussenwelt wieder herstellen kann.

Video
Psychologin Merklin über Chancen von tiergestützten Therapien («Einstein)
Aus Einstein vom 05.04.2013.
abspielen. Laufzeit 11 Sekunden.

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