Und schon ist es um, dieses 2016! In heimeliger Tradition erinnern wir uns zum Jahresende an unsere schönsten Game-Momente. Dieses Jahr vergeben wir Preise an sechzehn Spiele. Ein grossartiger Jahrgang, enorm innovativ, die Auswahl war entsprechend schwierig – hier sind die Preise:
Der «Sommermärchen»-Preis
Es war ein einzigartiges Sommermärchen: Du und ich und Peter und deine Tante und ihr Hund – wir alle sind durch Quartiere und Dörfer gestreift, wo wir noch nie waren. Auf der Jagd nach Pokémon, die einige von uns noch aus der Kindheit kannten, andere neu kennen lernten. Wir trafen uns auf Plätzen und um Brunnen, haben gelacht, getrunken, zusammen auf unsere Smartphones gestarrt und Strom geteilt. «Pokémon Go» hat alle zusammengebracht, alle Rekorde gebrochen und gehört auf jede Liste, die 2016 zusammenfasst.
Der «Bumm bumm bumm!»-Preis
Für Schiessspiel-Fans war das ein gutes Jahr: aussergewöhnlich viele Titel, die mit der abgestandenen «Call of Duty»-Formel aufräumten. Unsere drei Lieblings-Shooter des Jahres sind:
«Battlefield 1», weil es Teamwork besonders fördert und mit Wetter, Gelände-Zerstörung und Zeppelin sehr dynamische Schlachtfelder bietet.
«Doom», weil niemand mit diesem Remake rechnete und weil wir nicht wie sonst immer vorsichtig aus der Deckung hervor spähen, sondern uns mit Schrotflinte und Kettensäge wild auf die Dämonen stürzen.
Und schliesslich «Overwatch», weil es das das innovativste Schiessspiel des Jahres ist. Und es die mittlerweile 23 Spielfiguren mit ihren völlig unterschiedlichen Fähigkeiten taktisch enorm komplex und abwechslungsreich machen.
Der «Ich vertraue dir!»-Preis
Kein Game dieses Jahr vertraut uns so sehr wie «Dishonored 2». Es stellt uns wunderbar verwinkelte Levels hin, gibt uns tolle Werkzeuge wie einen Zeitsprung oder die Domino-Fähigkeit in die Hand und lässt uns dann machen. Keine künstlichen Barrieren, sondern die volle kreative Freiheit.
Wer herausfindet, wie man einen wichtigen Bösewicht gleich sofort zur Strecke bringt und so einen ganzen Level voller Geschichten und sorgfältig aufgebauter Kulissen überspringt, der kann und darf das tun. Dieser Mut zahlt sich aus: Das wohl beste Game des Jahres für kreative Einzelspieler.
Der «Perfekte Belohnungsmaschine»-Preis
Besser als «Clash Royale» kann man ein Spiel im «Free to play»-Genre nicht machen. Eine Mischung aus «Tower Defense» und Sammelkartenspiel: per Karte Einheiten ausspielen, um die eigenen drei Türme zu beschützen und die gegnerischen zu zerstören.
Das User Interface ist perfekt, die Partien immer atemberaubend knapp, jede Karte sinnvoll. Wir haben immer einen Anreiz, weiterzuspielen und werden nie gezwungen, Geld auszugeben – nur unaufdringlich verlockt. Maschinelle Perfektion.
Der «Kleine Geschichte, grosse Gefühle»-Preis
Games erzählen oft grosse Geschichten: Mindestens eine Welt gilt es zu retten. Nicht so «Firewatch». Es erzählt eine kleine Geschichte, etwas beinahe Alltägliches.
Eine Beziehung geht in die Brüche, unsere Figur läuft vor der Verantwortung davon. Setzt sich einen Sommer lang auf einen Turm im Wald und hält nach Feuern Ausschau. Ein bisschen Mysteriöses gibt es zwar zu entdecken, doch hauptsächlich dreht sich das Game um die wunderschön minimal stilisierte Natur und den Dialog per Funk mit einer Nachbarin. «Firewatch» löst grosse Gefühle aus, mit fast keinem Aufwand.
Der «Bester Alptraum»-Preis
In Vorläufer «Limbo» war die Natur der Feind – in «Inside» ist es der Mensch. Überwachung, Kontrolle, Unterdrückung, Menschen, die sich wie Puppen steuern lassen – das Grauen im Game ist greifbar. Auf das Wesentliche reduzierte, einzigartige Rätsel und eine grosse Überraschung am Schluss – «Inside» ist ein grandioser Alptraum.
Der «EMOTIONEN!!!»-Preis
Kein Spiel hat dieses Jahr so polarisiert wie «No Man’s Sky». Ein beinahe unendliches Universum erkunden war ein Konzept, das die Fantasie beflügelt und einen unaufhaltbaren Hype in Gang gesetzt hat. Während ich das Spiel als einen «Walking Simulator» im Weltall verstehe und mich in der grossartigen Einsamkeit wohl gefühlt habe, waren andere schwer enttäuscht: zu wenig Varianz, zu rudimentäre Systeme, zu wenig zu tun.
Der höchst emotionale Streit um das Spiel hat uns Gamern aber auch einen höchst interessanten und teilweise schmerzhaften Spiegel vorgehalten. Wie reif ist das Medium und wie reif sind wir? Was darf oder muss ein Game sein? Wie werden Spiele vermarktet? Haben wir unsere Erwartungshaltung im Griff? Was darf man versprechen, wovon darf man träumen?
Ich hoffe, wir haben etwas daraus gelernt. Deshalb gehört «No Man’s Sky» auf diese Liste.
Der «Zusammen auf dem Sofa herumschreien»-Preis
Spiele, die man zu viert auf dem gleichen Sofa spielen kann, gibt es nicht viele. Das ist schade, denn zusammen im gleichen Raum zu sitzen und wild durcheinander zu rufen, ist wunderbar.
«Overcooked» setzt uns zu viert in eine hektische, oft äusserst unpraktische Küche. Wir sollen möglichst effizient schneiden, kochen, servieren, abwaschen. Doch wir verlieren den Überblick oder stehen uns gegenseitig im Weg. Viel Hektik, Stress und wildes Geschrei, aber auch garantierten Spass nach einem Znacht mit Freunden.
Der «Bestes Molchkonzert»-Preis
Das Spielprinzip von «Samorost 3» ist anachronistisch: auf Gegenstände oder die Szenerie klicken und so weitere Räume zugänglich machen. Doch kein anderes Spiel füllt dieses einfache Gerüst mit so viel Charme. Visuell wie im Waldkindergarten gebastelt, akustisch vollgepackt mit mundgemachtem Humor – wenn die Molche singen, verzwirbeln sie wild «Jöö!» und «Hihihi!».
Der «Super-Didaktik»-Preis
«The Witness» ist aussergewöhnlich mutiges Design. Das beste Rätselspiel des Jahres setzt uns auf eine verlassene Insel voller mysteriöser, halb verfallener Bauten und lässt uns auflaufen. Geduldig präsentiert es uns schwierige Rätsel und weiss selbstsicher, dass wir nicht aufgeben. Sondern weiterdenken und knobeln, bis uns ein Geistesblitz erlöst.
Die wahre Stärke von «The Witness»: Es ist hervorragend didaktisch. Es bringt uns ständig neue Regeln bei, unterläuft sie sofort subtil, trainiert uns, immer beweglich zu bleiben, um die Ecke und noch etwas weiter zu denken – ganz ohne Text. Das ist schlicht grossartig.
Der «Bester Roadtrip mit Boygroup»-Preis
Die vier Jungs in «Final Fantasy XV» sind eine Boygroup auf einem Roadtrip. Ihre Frisuren sind stachelig, ihre Hosen eng, ihre Sprüche schauerlich klischiert und cool gleichzeitig. Beim gemeinsamen Kochen, Campieren und für Selfies posen schwingt immer eine schöne Portion Homoerotik mit.
Dazu ein hervorragendes Kampfsystem, ein königliches Auto und Fischen. Ein seltsames Spiel, aber gerade deswegen gut. Ah, und die besten Chocobos der Serie!
Das Review: «Final Fantasy XV»
Der «Keinen lassen wir zurück»-Preis
In Strategiespielen sind einzelne Einheiten oft völlig entbehrlich. Wir setzen sie ein und denken dabei ausschliesslich an den grösseren Plan. Wenn wir sie verlieren, ist das meistens zwar schon unangenehm – doch um eine einzelne Person geht es nie.
Nicht so in «XCOM 2». Hier hat jeder Infanterist einen Namen, eine Geschichte, wir haben sie über viele Schlachten ausgebildet und ins Herz geschlossen. Wenn wir sie verlieren, tut das richtig weh. Weil wir stärker unter Druck gesetzt werden als im Vorgänger und nicht immer nur vorsichtig sein können, müssen wir öfter über einen harten Verlust hinwegkommen. In keinem anderen Strategie-Game bedeuten uns unsere Soldaten so viel.
Der «Adieu, Pirat!»-Preis
Ich liebe Piratengeschichten! Deshalb hatte es «Uncharted 4: A Thief's End» leicht, mein Herz zu erobern. Doch der Abschluss der «Uncharted»-Serie ist auch sonst ein Meisterwerk. Hervorragende Rhythmus-Wechsel zwischen Klettern, Rätseln und Schiessen – ein Action-Abenteuer, das seine Geschichte zwar streng linear erzählt, sie aber so aufregend inszeniert, dass wir nie bemerken, wie stark uns das Spiel an der Hand nimmt. Ein würdiger Abschied von Nathan Drake.
Das Review: «Uncharted 4: A Thief’s End»
Der «Wow! Ich bin drin!»-Preis
Es gibt keinen schöneren Moment, als wenn jemand das erste Mal eine Virtual-Reality-Brille aufsetzt. Sofort vergessen den Raum, in dem wir sind. Die virtuelle Welt ist ganz um uns herum, statt nur auf einem Bildschirm, unsere Bewegung wird exakt abgebildet – alle Träume, die wir seit dem ersten «Virtual Reality»-Hype der 90er und dem Star-Trek-Holodeck hegen, scheinen plötzlich wahr.
Danach kommt die Ernüchterung, denn die Hardware ist noch teuer, funktioniert nur manchmal und die Software ist grossmehrheitlich Schrott. Doch dieser erste Moment in der Virtual Reality ist so stark, dass wir nach wie vor an das Potential dieser Technologie glauben.