Zum Inhalt springen

Header

Inhalt

Die Kunst des Abschieds Wer zuletzt lacht, geht am besten

Angst vor Demenz: In Rolf Lyssys neuer Komödie «Die letzte Pointe» spielt Monica Gubser eine Frau, die sich das Leben nehmen will. Abschied tut auch im Alter weh, sagt die Schauspielerin. Sie nimmt's mit Humor.

Monica Gubser weiss, was sie spielt. Sie hat mit ihren 86 Jahren schon so manchen schmerzvollen Abschied erlebt:

«Ein grosser Abschied war der von der Schwester» erzählt sie: «Sie ist als Kind mit neun Jahren gestorben, ich war siebenjährig. Das war ein ganz grosser Einschnitt ins Familienleben. Das war sehr schwer.»

Und beim Tod ihrer Mutter, zu der sie eine enge Bindung hatte, habe sie gedacht, jetzt höre die Welt auf: «Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich jetzt ohne Mutter durchs Leben gehe. Aber es ging. Und das lernt man, dass es geht.»

Humor kann heilen

Ihren Mann, mit dem sie drei Söhne hat, verlor sie an die Krankheit Alzheimer: «Das ist eine schlimme Krankheit. Aber es gibt auch da Momente, wo man lachen kann und wo man lachen muss. Wenn ein Demenzkranker irgendetwas macht, das komisch ist. Für ihn nicht, aber für uns. Wir haben manchmal in der Zeit mit meinem Mann gelacht.»

Humor erleichtere den Abschied schon, davon ist Monica Gubser überzeugt: «Humor kann vieles heilen.»

Die alte Dame sitzt in roten Farben gekleidet in einer Wohnstube
Legende: Sie weiss, was Abschied bedeutet: Monica Gubser hat in 86 Lebensjahren schon viele erlebt. Keystone

Von der Bühne in die Wirtschaft

Es gab jedoch auch freudige Abschiede in Monica Gubser Leben. Mit 16 Jahren fing sie ihre Schauspielausbildung in Zürich an, Engagements am Stadttheater Basel und am Theater Biel-Solothurn folgten.

Doch schon mit 24 Jahren sagte sie trotz Erfolg der Bühne wieder Adieu – zugunsten einer eigenen Familie, nach der sie sich immer gesehnt habe, so Gubser.

Und sie wählte einen neuen Beruf: Sie wurde Wirtin und führte mit ihrem Mann das Restaurant «Chez Derron» in Solothurn, das heutige «Baseltor».

Abschied mit Augenzwinkern

Der Abschied von der Bühne sei leicht gefallen. Vermisst habe sie nichts, sagt Monica Gubser:

«Ich habe mich so gefreut auf das neue Leben, das auf mich zugekommen ist, etwas ganz Anderes. Es war kein Verzicht». Und verschmitzt fügt sie hinzu: «Es haben viele andere geweint, aber ich nicht».

Trost in der Trauer

Der endgültige Abschied von Kollegen aber tue weh, «wie kürzlich der von Jörg Schneider oder Mathias Gnädinger». Tut das im Alter weniger weh, wenn man so viele Menschen um sich herum verliert?

Gubser in hellem Mantel und rotem Schal lächelt in die Kamera
Legende: Gubser 2011 auf der Trauerfeier für Schauspielkollegin Stephanie Glaser imago/Geisser

Nein, sagt Monica Gubser: «Aber ich tröste mich mit dem Gedanken, dass ich ja vielleicht auch einmal dorthin gehe, wo die jetzt sind. Dann sehen wir uns wieder, und dann bin ich wieder froh».

Selbstbestimmt sterben?

In «Die letzte Pointe» spielt Monica Gubser die Rolle der Gertrud Forster. Die will sich das Leben nehmen, weil sie befürchtet, dement zu sein und ihre Eigenständigkeit zu verlieren.

Monica Gubser aber antwortet vage auf die Frage, ob sie Angst habe vor dem Tod oder ob sie sich selber etwas antun könne: «Jetzt, wo ich hier so sitze und es geht mir gut und ich bin gesund. Dann sage ich, nein, nein, das könnte ich nie tun. Aber wie das aussieht, wenn ich einmal noch älter bin und vielleicht einmal krank werde und furchtbare Schmerzen habe, ob ich dann anders denke, das weiss ich nicht.»

Einer Sterbehilfe-Organisation wie «Exit» würde sie aber dennoch nicht beitreten: «Da bin ich zu feige. Wenn es so weit wäre, diesen Trunk zu nehmen – das ist für mich ein furchtbarer Gedanke.»

Loslassen lernen

Dennoch: Die Erfahrung habe sie gelehrt, dass es sinnlos sei, sich an etwas zu klammern. «Irgendwann muss man loslassen». Und sie bleibt neugierig auf den letzten Abschied:

«Ich glaube fest daran, dass ich einmal in Dimensionen komme, von denen ich jetzt noch gar nicht weiss, dass es sie gibt. Und vielleicht gibt es dort ganz andere Dinge, die viel schöner sind als hier. Das ist doch auch noch eine Option!»

«Ich habe nur noch gelacht»

Einmal in ihrem Leben glaubte Monica Gubser, sterben zu müssen. Sie bekam an einem Sonntagmorgen fürchterliches Herzrasen, musste aber nach Zürich fahren, da drei ausverkaufte Vorstellungen anstanden.

Sie quälte sich ins Theater und sagte niemandem etwas. Da seien ihr die unglaublichsten Gedanken durch den Kopf gegangen:

«Ich hatte keine Angst. Ich dachte vielmehr: Wenn du jetzt stirbst, hast du die Wohnung geputzt? Ja, ja, ja, die ist vorgestern geputzt. Und Wäsche hattest du ja auch noch, da müssen sie nicht so viel bügeln. Und jesses Gott, im Kühlschrank stehen noch die Reste vom Vortag!»

Die Vorstellung, dass man angesichts des Todes solche Gedanken habe, sei abstrus gewesen: «Ich habe nur noch gelacht».

Meistgelesene Artikel