Fünf Jahre ist es her, dass Nikkis Ehemann ertrunken ist. Das jähe Ende einer dreissigjährigen, glücklichen Beziehung. Die Trauer frisst Nikki auf, sie zieht sich zurück und entgeht dem Andenken an den Verstorben gerade deswegen nicht. Eines Tages steht er dann vor ihr, Tom, der perfekte Doppelgänger des Verflossenen. Nikki verführt Tom. Tom verliebt sich in Nikki. Nikki verliebt sich in ..., ja in wen eigentlich?
Geweckte Erwartungen
Pünktlich zur Fussball-WM kommt ein romantisches Melodram mit Kick für ein weibliches Zielpublikum ins Kino. «The Face of Love» hat brillante Momente und komische Augenblicke, leidet aber unter geweckten und unerfüllt gebliebenen Erwartungen.
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Als Nikki im Museum den Doppelgänger, um nicht zu sagen Wiedergänger, ihres verstorbenen Ehemanns sieht, hören wir eine Melodie, die von Bernard Herrmann, dem berühmten Filmkomponisten, stammen könnte. Das musikalische Zitat weckt, und das ist kein Zufall, Erinnerungen an «Vertigo». Im Thriller von Alfred Hitchcock, formt der Held eine Frau zum perfekten Abbild seiner, vermeintlich toten, Geliebten.
Lüge mit langen Beinen
Annette Bening spielt Nikki, eine Frau, die es ablehnt, die Realität, den Tod ihres über alles geliebten Mannes, zu akzeptieren. Der mentale Zerfall der Witwe, die mit einem Unbekannten, Szenen einer Ehe aus vergangenen Zeiten nachspielt, schreitet kontinuierlich voran. Der McGuffin, der die Geschichte vorantreibt, ist eine Lüge; und die hat normalerweise kurze Beine. Nicht so in «The Face of Love». Das Drehbuch will, dass es Nikki gelingt den perfekten Doppelgänger ihres Gatten vor Familie und Freunden zu verheimlichen. Trotz unzähliger Indizien, begreift nicht einmal Tom, dass er nichts weiter ist, als der Wiedergänger von Nikkis verstorbenem Ehemann. Nun ja, Liebe macht bekanntlich blind.
Die Rettung
Nicht immer gelingt es Schauspielern, ein schlechtes Drehbuch zu retten. Annette Benning und Ed Harris schon. Zwischen den beiden Darstellern stimmt die Chemie und es ist eine Freude in ihren Gesichtern zu lesen, wie in einem Buch. Erstaunlich, dass bisher weder Bening noch Harris ihre Karriere mit einem Oscar krönen konnten. Verdient hätten sie es.
Fesselnder Aberwitz
Leider endet «The Face of Love» auf eine völlig unbefriedigende Art ohne die geweckte Erwartung auf den grossen Knall zu erfüllen. Das Erstaunliche dabei: Die absurde Geschichte, die alle aufgeworfenen Fragen unbeantwortet lässt, fesselt einen trotzdem.