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Vogelperspektiven Das Vogelparadies im Herzen von New York City

Der New Yorker Central Park ist eines der besten Gebiete für Vogelbeobachter in Nordamerika. Ein Spaziergang mit einem Experten im ornithologischen Paradies.

Wer frühmorgens im New Yorker Central Park einen Spaziergang unternimmt, begegnet elektronisch verstöpselten Joggern, Temporadlern in Spandex-Hosen und ganzen Rudeln von Hunden mit ihren Hundesittern. Hinter Büschen und Bäumen ist noch ein anderes Grüppchen zu finden: Vogelbeobachter. Denn die 350 Hektar Wald und Wiesen dienen bis zu 280 Vogelarten als ganzjähriges Zuhause oder als Hotel während ihrer Migration entlang der Atlantikküste im Frühling und Herbst. Das sind über ein Viertel sämtlicher Vogelarten, die überhaupt in den USA leben. Der Central Park ist eines der besten Gebiete zum Vögelgucken in Nordamerika.

Ein erst 7 Wochen alter Habicht im Central Park in New York.
Legende: Ein erst 7 Wochen alter Habicht im Central Park in New York. Getty Images

Feldstecher und olivgrüne Windjacke

Tod Winston arbeitet für die Audubon Society, einer Vogelschutzorganisation mit Hauptquartier in New York. Er veranstaltet regelmässig Führungen mit Hobbyornithologen und kennt den Park und das gefiederte Volk inzwischen besser als den Inhalt seines Kühlschranks. Auch an diesem Morgen ist er angemessen ausgerüstet: Feldstecher, gutes Schuhwerk, eine olivgrüne Windjacke, in deren Tasche ein Vogelführer steckt – für den unwahrscheinlichen Fall, dass er ein Exemplar sichtet, das er nicht identifizieren kann.

Es geht in Richtung Strawberry Fields und The Ramble. Diese zwei Stellen im Park sind besonders insektenreich und deshalb von Vögeln gern besucht. Schon nach hundert Metern fängt Tod Winston an, in verschiedene Richtungen gleichzeitig zu deuten. Dort, ein Rotschwanzbussard! Da eine Spechtmeise und, oh, ein Dunenspecht! Für diese Vögel sei der Central Park eine der wenigen grünen Oasen inmitten einer Wüste aus Zement und Beton auf ihrer langen Reise, erklärt Winston.

«Es zwitschert auf SRF Kultur»

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Legende: Colourbox

Vom 18. bis 23. April 2016 widmen sich Radio SRF 2 Kultur und Kultur Online ganz den Vögeln: Wir reisen ins Vogelparadies im Central Park, zu den Zugvögeln im Wattenmeer und stellen den wachsamen Tannenhäher oder den vorlauten Kleiber vor. Zudem gibt es ein Quiz rund um Vögel in Literatur, Kunst und Musik. Zum Webspecial.

«Vögel entziehen sich komplett unserer Kontrolle»

Wir kommen an einem Herrn vorbei, der mit dem Riesenobjektiv seiner Kamera auf Astwerk hinter einem Holzhaufen zielt. Dort sitzt ein Rotkardinal. Als hätte er für diese Gelegenheit geübt, zwitschert der Vogel los. Der Fotomensch ist beglückt. Er sei aus Bangalore, sagt er, und zeigt uns auf seinem Display ein paar der Vögel, die er bereits gesichtet hat: Wanderdrosseln, verschiedene Finken. In diesem Moment lenkt ein Gelbbauch-Saftlecker die Aufmerksamkeit aller auf sich. Und nur wenige Minuten später juchzt Tod Winston auf. Er hat einen Rotstärling entdeckt. Ein Anblick, der ihm in diesen Gefilden bisher noch nie vergönnt war.

«Ich mag an den Vögeln, dass sie sich komplett unserer Kontrolle entziehen», sagt Winston. Das empfinde er in unserer modernen Welt, die alles zu kontrollieren versuche, als Wohltat. «Manchmal wird man beim Beobachten von Vögeln enttäuscht, aber viel öfter belohnen sie einen mit mehr Wundern und Schönheit, als man je zu hoffen gewagt hat.»

Es ist Zeit, wieder an die Schreibtische zurückzukehren. Das gilt auch für Vogelenthusiasten wie Tod Winston. Aber selbst in den Strassenschluchten Manhattans erwarten ihn Felstauben und Haussperlinge. Andere mögen diese Tiere übersehen oder sogar für schädlich halten. Ihm ist alles lieb, solange es pfeift.

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