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«Salutary Failures»: Raphael Hefti in der Kunsthalle Basel
Aus Kultur-Aktualität vom 09.10.2020. Bild: Gunnar Meier / Kunsthalle Basel
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Ausstellung Kunsthalle Basel Mit Raphael Hefti zwischen Helium und Sand in Poesie abtauchen

Der Künstler Raphael Hefti gilt als Daniel Düsentrieb der Kunstszene. Mit «Salutary Failures» zeigt er einmal mehr: Er glaubt an die Wissenschaft – und wird nicht müde, ihre Grenzen auszureizen.

Raphael Hefti blickt ehrfürchtig nach oben an die Decke. Riesige Reagenzgläser hängen dort. Der Raum ist abgedunkelt, die Röhren leuchten in blau, grün und rot.

Die Szenerie verströmt etwas Magisches, Poetisches – und doch ist es reine Physik. Durch die Glassröhren fliessen verschiedene Gase, die mit 9000 Volt zum Glühen gebracht werden.

Leuchtende Röhren in dunklem Raum
Legende: Die Kunsthalle unter Starkstrom: Durch diese Röhren fliessen 9'000 Volt. Gunnar Meier / Kunsthalle Basel

«Das Lustige an einem Edelgas wie Helium ist, dass es eines der ersten Elemente überhaupt gewesen ist. Es ist einfach so – bäng – gleich nach dem Urknall entstanden.»

Den Urknall will Raphael Hefti in der Kunsthalle Basel nicht nachspielen. Aber er will Werke anderer Künstler zitieren. Etwa die des Künstlers Dan Flavin, der mit Leuchtstoffröhren und fluoreszierendem Licht Skulpturen schuf. Doch Hefti will sie noch weiter, grösser und erhabener denken.

Wissen schaffen, wo noch keines vorhanden ist

«Ich war neugierig und hab mich gefragt, ob man diese Skulpturen auch noch grösser machen kann. Und was wohl passieren würde, wenn es gelingt», erzählt Hefti.

Doch niemand konnte ihm die Frage beantworten. Also hat er in Basel Glasbläser aufgesucht, die für die Pharmaindustrie Reagenzgläser herstellen, und sie beauftragt. «Aber auch von denen konnte niemand sagen, ob es wirklich funktioniert.» Auch er wusste im Vorfeld nicht, wie und wo seine Versuche enden würden.

Raphael Hefti

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Einmal hat er unbeabsichtigt sein Auto in die Luft gejagt, dann verlor er bei einem Experiment sein Haar und in London lud man ihn mit der Auflage ein, es dürfe nichts explodieren. Raphael Hefti (*1978, Biel, Schweiz) ist eine Art Daniel Düsentrieb der Kunst. Er lebt und arbeitet sowohl in Zürich als auch in London.

Die Unklarheit als Antrieb

Doch genau diese Ungewissheit scheint sein innerer Antrieb zu sein: Mit Materialien experimentieren, sie an die Grenzen ihrer Belastbarkeit führen und konventionelle Herstellungsprozesse für seine Kunst missbrauchen. Ja, sogar sich selbst und andere mit dem Ergebnis überraschen.

«Salutary Failures» heisst seine Ausstellung in der Kunsthalle Basel. Also «lehrreiche Fehler».

Buntes Bild
Legende: «Blick auf Polycrystalline Horticulture»: Ein Gemälde, 600 Kilo, aus verflüssigtem, dann erstarrtem Bismut. Gunnar Meier / Kunsthalle Basel

Wege sprengen und Gedanken weiterspinnen

«Dieser Moment, in dem man etwas macht, das man sonst nicht macht, ist extrem wichtig für meine Arbeit. An die Fehler, die jeder macht, anzuknüpfen und Vertrauen gewinnen. Die Wege zu sprengen und Gedanken weiterzuspinnen.» Das ist es, was Raphael Hefti antreibt.

Damit sei Hefti, der einst eine Lehre als Elektroniker absolvierte, dann Fotografie in Lausanne und Kunst in London studierte, ein sprichwörtlicher Vertreter einer experimentellen Kunstströmung, sagt die Kuratorin Elena Filipovic.

Gewaltige Sand-Kolosse

Eine Art Kontrapunkt zu seinen leicht aufsteigenden Gasen sind die grossen, schroffen Monolithen am Eingang der Kunsthalle. Wie Felsbrocken ragen sie spitz empor. Es sind echte Kolosse.

Sandsteine ragen vom Boden empor
Legende: 27 Tonnen schwarzer Sand: Da stehen sie, die etwas bedrohlich aussehenden Monolithen. Gunnar Meier / Kunsthalle Basel

Sie bestehen aus 27 Tonnen Sand. Ein spezielles Baugerüst und die Einwilligung der Statiker waren nötig, um diese Kolosse aus Sand überhaupt in die Kunsthalle bugsieren zu können.

Zwischen Wissenschaft und Poesie

Gerade dieses Zusammenspiel von Schwere und Leichtigkeit, von Berechnung und Zufall, von Dingen, die vergänglich sind, die Zeit und Raum relativieren – das alles macht Heftis Arbeit so poetisch.

Er selbst glaubt an die Gesetze der Wissenschaft, wird aber nicht müde, sie auszureizen. Darüber gerät er ins Staunen und mit ihm die Besucherinnen und Besucher seiner Ausstellung.

Die Ausstellung

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Die Ausstellung «Salutary Failures» in der Kunsthalle Basel eröffnet heute. Aufgrund der Corona-Situation gibt es keine Vernissage im klassischen Sinne. Dafür öffnet die Kunsthalle am Eröffnungswochenende vom 9. bis 11. Oktober kostenlos Tür und Tor.

Raphael Hefti, «Salutary Failures»: 09.10.2020 – 03.10.2021

SRF2 Kultur, Kultur Aktualität, 09.10.2020, 08:06 Uhr.;

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