Dimitris Michalakis ist ein Kämpfer. Aus tiefer Überzeugung. Die Krise käme nicht von ungefähr, sagt er. Die Krise wird von jemandem ausgelöst, es gibt Auslöser und Betroffene. Die Menschen in Griechenland gehören zu Letzteren. Er spricht vom Verschwinden der Arbeiterklasse, von der Not des Kapitalismus und von gesellschaftlicher Revolution. Der Mindestlohn in Griechenland lag vor der Krise bei 1000 Euro, heute ist er gerade noch halb so hoch. Trotzdem: Auch wer nur noch die Hälfte verdient, schätzt sich glücklich, überhaupt Arbeit zu haben.
Die unsichtbare Krise im Sucher
Demonstranten, Strassenschlachten, brennende Autos – die gängigen Bilder zur Griechenland-Krise sucht man bei Michalakis vergebens. Er setzt nicht auf Sensation. Er ist subtil. Bei ihm sieht man die Zersetzung einer ganzen Gesellschaft. Die Krise ist mittlerweile Dauergast. Sie hat sich mit dem Alltag verwoben und wird so unsichtbar. Wer den Alltag nicht kennt, wird die Krise nicht erkennen.
Die meisten Griechen schämen sich für ihre Situation und ziehen sich zurück. Auf den Bildern, auf denen Menschen abgebildet sind, erkennt man das Leid in ihren Gesichtern.
Ein gefragter Mann
Michalakis hat die Fotografie erst mit 25 Jahren entdeckt. In seiner erst zehnjährigen Karriere hat er aber schon in vielen grossen Zeitungen und Magazinen publiziert. «Die Zeit», «Der Spiegel» und der «Rolling Stone» wollen seine Fotos haben.
In seinen Bildern zeigt er das aktuelle Geschehen, verändert aber Ausschnitt und Farbe. Eine Mischung aus Reportage und Kunstfotografie. Als Fotograf hat er schon viele Krisengebiete gesehen. Er war im Kosovo, in Ägypten und zuletzt in Syrien. Doch früher war die Krise fern, heute könnten die Protagonisten seine griechischen Bekannten sein. Er kennt die Lebensgeschichten seiner Protagonisten bis ins kleinste Detail.
Selbst von der Misere betroffen
Michalakis sieht älter aus, als er ist. Vielleicht sind das Spuren seines krisengeplagten Alltags. Ihm selber schulden die Bild-Agenturen über 10'000 Euro. Seine Steuern konnte er dieses Jahr nicht bezahlen. Die Verzugszinsen steigen. Wenn er die Steuern nicht bezahlt, kommt er ins Gefängnis, sagt er. Aber die grossen Verleger kämen ungestraft davon – Ungerechtigkeiten des Systems.
Das Schlimmste für ihn sei nicht sein fehlendes Einkommen, sondern keine Investitionsmöglichkeiten für seine künftige Projekte zu haben.