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Kunst Einen Tag lang Spion spielen

Sie passt perfekt in die Zeit von NSA-Spionage und potenziellen Whistleblower-Gesetzen: Die Ausstellung «Secrets» des ethnografischen Museums Neu­châ­tel beleuchtet das Phänomen Geheimnis – an 15 Stationen. Besucher sind nicht nur Beobachter, sie werden auch selbst beobachtet.

«Ein Geheimnis kann man nicht ausstellen, man muss es suchen» – gemäss diesem Motto hat das ethnografische Museum Neu­châ­tel eine Ausstellung über Geheimnisse realisiert: in Form einer Schnitzeljagd quer durch die Stadt. Start ist das Tourismusbüro von Neuchâtel – so viel ist gewiss. Alles weitere: Streng geheim!

Ausstellung «Secrets»

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Die Ausstellung des ethnografischen Museums Neuchâtel besteht aus 15 Stationen. Die acht ersten Posten sind ab 10 Uhr zugänglich, der neunte, zehnte und zwölfte Posten erst ab 11 Uhr. Start ist beim Tourismusbüro Neuchâtel, wo auch die Hinweiskarten erhältlich sind. Für die Ausstellung einen ganzen Tag einberechnen.

Einziges Hilfsmittel sind 15 Karten mit Hinweisen auf 15 Stationen. Ansonsten braucht es vor allem eines: offene Augen und Ohren. Wenig wird unterwegs erklärt, die Hinweise verlangen viel Aufmerksamkeit. Um voranzukommen, muss man beobachten, lesen, hören, verstehen, Fantasie beweisen – und dabei so diskret wie möglich vorgehen.

Erwischt von der Überwachungskamera

Der Rundgang führt in Gebäude, durch Unterführungen und geheime Passagen. Dabei nimmt das Geheimnis vielerlei Gestalt an. Ausstellungsbesucher treffen etwa auf Paparazzi-Bilder, die Intimes offenbaren. Oder auf Schlagzeilen, die Geheimes an die Öffentlichkeit bringen.

Ausserdem wird die Grenze zwischen Exponat und Wirklichkeit zwischendurch verwischt. Dann nämlich, wenn der Schnitzeljäger nicht mehr nur Beobachter ist, sondern selbst beobachtet wird – etwa von einer Überwachungskamera in einem Museum.

«Der Verrat gehört zum Geheimnis»

Eine Erkenntnis – wenn auch keine überraschende –, die sich dem Ausstellungsbesucher unterwegs offenbart: Das Geheimnis wird von Indiskretionen genährt. «Der Verrat gehört zum Geheimnis», sagt Museumsdirektor Marc-Olivier Gonseth. Das Geheimnis dränge förmlich danach, bei jenen anzukommen, vor denen es geheim gehalten werden sollte.

Ausserdem verweisen die Ausstellungsmacher auf die paradoxe Seite des Geheimnisses: Zum einen wünscht sich der Mensch eine breite Transparenz, sei es in der Politik oder in der Wirtschaft; zum anderen will er seine Privatsphäre möglichst geschützt wissen.

Was auch noch deutlich wird: Wir unterscheiden offenbar zwischen guten und schlechten Geheimnissen. Wie die Kategorisierung funktioniert? Ganz einfach: Die eigenen Geheimnisse sind die guten, die schlechten die der anderen.»

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 8.6.2015, 17:10 Uhr.

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