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Netzwelt Sein normaler Alltag machte ihn zum Youtube-Star Frankreichs

Der Schalk steht ihm ins Gesicht geschrieben: Norman Thavaud gilt als einer der besten Nachwuchskomiker Frankreichs. Mit seiner Webserie «Norman fait des vidéos» wurde er zum Youtube-Star mit über 6 Millionen Abonnenten. Das Web ist jedoch nicht seine einzige Bühne.

Zugegeben, die Aufmachung ist wenig vielsprechend: Ein blasser Typ, Ende 20, mit krauser Hipsterfrisur und in verknittertem T-Shirt hält einen Monolog vor einer Kamera. Das Setting: eine WG in einer Sozialbauwohnung der Pariser Banlieue Montreuil.

Veranstaltungshinweis

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Norman Thavaud ist am 19. Juni 2015 mit seinem Bühnenprogramm «Norman sur scène» in der Arena de Genève zu sehen. Die Vorstellung ist ausverkauft.

Norman heisst der junge Mann, seine Webvideo-Serie schlicht «Norman fait des vidéos». Doch der nonchalante Schein trügt. Seine Videos sind witzig und geistreich – und zeugen von einem feinen Gespür für die Kuriositäten unseres Alltags.

Vom Sorbonne-Studenten zum Youtube-Star

Norman Thavaud kam 1987 in Arras, in Norden von Paris, zur Welt. 2005 zog es ihn in die französische Metropole. Er wollte Filmwissenschaften studieren, an der renommierten Pariser Universität Sorbonne. Drei Mal musste er sein erstes Studienjahr wiederholen – «zu oft World of Wordcraft gespielt» seine Erklärung. Nebenbei drehte Norman mit zwei Freunden humoristische Webvideos. Unter dem Namen «Le Velcrou» - «die Klettverschlusscrew» veröffentlichte das Trio auf der Plattform Vimeo. 2010 trennten sich schliesslich die drei Humoristen, Norman machte sich «selbständig».

Video
Norman: «Les Apple Addict»
Aus Kultur Extras vom 11.06.2015.
abspielen. Laufzeit 41 Sekunden.

In seiner Webserie «Norman fait des vidéos» referiert er frisch von der Leber darüber, was ihm im Alltag so begegnet. Pariser Hipster und ihre First World Problems, Businessleute und ihre strategisch ausgewählten Hemden, aufdringliche Rosenverkäufer und fanatische Apple-Anhänger: Norman trifft in seinem drei bis fünfminütigen Videos stets den Kern der Wesen. Seine Lieblingsopfer sind die Bilingues. Denn diese – da steht Norman in der fremdsprachen-skeptischen Tradition seiner Heimat – sind dem Comedian wegen ihrer Sprachgewandtheit ein Dorn im Auge.

Wenn der Fäkal-Humor nicht wäre ...

Als Zuschauer fühlt man sich dabei oft selbst ertappt. Und auch wenn Norman manchmal das gute Mass an Übertreibung überschreitet und zu Fäkalhumor neigt, beweist er immer wieder sein Talent, moderne Phänomene zu sezieren. Meist trifft er dabei auch den richtigen Ton.

«Es ist klar, dass Obdachlose keine Arbeit finden: Habt ihr gesehen, wie sie sich anziehen?» Mit diesem Tweet sorgte Norman bei der Twitter-Community anfangs 2014 für Aufruhr. Sein Management löschte den Tweet umgehend. Ob Norman aber mit seinem Tweet schlechten Humor beweist oder lediglich ein gängiges Vorurteil aufgreift, da scheiden sich die Geister.

Ein Kopf zum Draufklicken

Mit seiner spitzbübischen, ironischen Art trifft Norman den Nerv des jungen Publikums. Fast sechs Millionen Abonnenten hat Norman auf Youtube, über 700 Millionen Mal wurden seine Videos angeschaut. Auf Twitter und Facebook hat Norman die drei Millionen-Grenze an Followern überschritten.

In Frankreich ist Norman schon längst ein kleiner Superstar. Die Zeitschrift «Télérama» nennt ihn «Star einer Web Man Show», die Zeitung «Libération» bezeichnet ihn schlicht als «Tête à clics», ein Kopf, auf den man klicken will – und der auf unschuldige Art und Weise auch einen Geschäftssinn beweise. Norman finanziert sich mit Werbung, etwa für die Cornflakes-Marke «Crunch» von Nestlé.

Einer, der auf allen Bühnen tanzt

Sein Erfolg hat ihn inzwischen auch auf die Kinoleinwand gebracht. Norman spielte in der mittelmässigen Komödie «Pas très normales activités». In «Mon Roi», der in Cannes im Wettstreit um die Goldene Palme war, ist er neben Vincent Cassel, bekannt aus «La Haine», zu sehen.

Und auch den Sprung auf die Bühne hat Norman gewagt. Nach einer erfolgreichen Tour mit anderen französischen Youtube-Komikern ist er momentan mit seinem eigenen Programm «Norman sur scène» zu sehen – am 19. Juni auch in der ausverkauften Arena de Genève. Bleibt zu hoffen, dass ihm der Erfolg nicht in den «Tête à clics» steigt. Zumindest wohnt er noch immer in der Wohnung in der Pariser Banlieue, die ihm als Drehort dient.

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