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Brückeneinsturz in Genua
Aus Echo der Zeit vom 14.08.2018. Bild: Reuters
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Brückeneinsturz in Genua «Der schlechte Zustand des Ponte Morandi war bekannt»

Der Einsturz der Autobahnbrücke Polcevera in Genua hat zahlreiche Todesopfer und Verletzte gefordert. Die auch Ponte Morandi genannte vierspurige Brücke ist Teil der Autobahn 10 entlang der Riviera. SRF-Italien-Mitarbeiter Rolf Pellegrini mit einer ersten Einschätzung.

Rolf Pellegrini

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Rolf Pellegrini war während Jahrzehnten für SRF, früher Schweizer Radio DRS, tätig. Unter anderem leitete er die «Echo»-Redaktion, war Frankreich- und zuletzt während mehr als einem Jahrzehnt Italien-Korrespondent. Aktuell unterstützt er die SRF-Berichterstattung aus Italien.

SRF News: Rolf Pellegrini, was weiss man bereits über die Ursachen dieses Brücken-Einsturzes?

Die Brücke war alt, gebaut zwischen 1963 und 1967, vom berühmten Ingenieur Riccardo Morandi, der der Brücke auch den Namen gegeben hat. Aber sie sei eine Fehlkonstruktion gewesen, sagt der Ingenieur Antonio Brencich, selber Spezialist für Betonkonstruktionen und Dozent an der Universität Genua in einem Interview mit dem «Corriere della Sera».

Vor zwei Jahren 2016 sagte Bencich, früher oder später müsse die Brücke ersetzt werden. Dabei bezog er sich vor allem auf die Unterhaltskosten, die sich schon Ende der 1990er-Jahre auf 80 Prozent der ursprünglichen Bauinvestionsgelder beliefen.

Mängel an der Brücke waren also bekannt. Warum wurde nichts unternommen, um diese zu sanieren?

Teure Sanierungsarbeiten gab es seit jeher, und sie waren auch im Gange bis heute, wo ein Teil plötzlich einstürzte. Einige Zeugen sagten, kurz vor dem Zusammenbruch habe ein Blitz eingeschlagen. Kann ein Blitz ein solches Unglück auslösen? Ich weiss es nicht.

Ingenieur Bencich, der Kritiker der Brücke, betonte in seinem Interview, Stahlverstärkungen seien schon in den 1990er-Jahren eingebaut worden. Dies sei ein Hinweis, dass es schon damals Probleme gegeben habe. Ingenieur Morandi sei ein Mann mit grossen Ideen gewesen, aber kein Meister des statischen Kalküls.

Wie hat die Regierung in Rom auf dieses Unglück reagiert?

Mit Bestürzung, aber auch mit Kritik. Der Minister für Infrastrukturen Toninelli meinte, sowas dürfe in einem Staat wie Italien einfach nicht passieren. In den ersten 60 Tagen ihrer Tätigkeit habe die neue Regierung unverzüglich die Weisung erteilt, es müssten alle sensiblen Bauten mit Sensoren überwacht und alle Viadukte, die in den 1950er- bis 1970er-Jahren erstellt wurden, saniert werden. Das habe absoluten Vorrang. Die Sanierung sei das Wichtigste und die sei nicht geschehen, wie der Unglücksfall demonstriere. Toninelli sagte, die Verantwortlichen würden voll zur Rechenschaft gezogen.

Der Brücken-Einsturz passierte im reichen Norden Italiens. Erstaunt Sie das?

Nein. Konstruktionsfehler und Schlampereien gibt es im ganzen Land. Das steht in starkem Kontrast mit dem Ruf, den Italien geniesst – als Belpaese mit grossen Baugenies und Architekten von Weltrang. Auf den zweiten Blick muss man freilich sagen, dass in den letzten 60 Jahren überall urbanistische Monster entstanden sind.

Die Skandale mit Bauten, die völlig illegal in die Landschaft und Städterandzonen gepflanzt wurden und sie verunstalten, sind an der Tagesordnung. Wie auch die Qualität der Bauten, legaler und illegaler, nicht immer über jeden Zweifel erhaben ist. Da wird viel an Material gespart, da fehlt es an Kontrollen. Die Folgen der weitverbreiteten Korruption sind da spür- und sichtbar.

Das Gespräch führte Damian Rast.

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