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International Die fragile Südostflanke der Nato

Die Nato-Aussenminister treffen sich für zwei Tage in Antalya. Zwar glaubt niemand ernsthaft an einen Austritt der Türkei, aber Ankara provoziert seine Verbündeten. Genauso wie Griechenland, das rhetorisch mit einem Austritt liebäugelt.

Die Südostflanke der Nato ist vermintes Gelände: Dort herrscht Krieg in Syrien und Irak, dort befindet sich der anti-westliche Iran, dort ist der Kaukasus mit all seinen Spannungen. Und ausgerechnet dort rumort es nun auch innerhalb der Nato.

Griechenland und die Türkei sind seit 1952 Nato-Mitglieder. Gar besonders treue Mitglieder, die mehr als viele westeuropäische Länder in die Verteidigung stecken. Eben noch lobte sie Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg für ihr Engagement und als tragende Säulen der Allianz. Doch seit der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sein Land zur Autokratie umbaut, seit in Athen eine radikal linke Partei regiert, bereiten die südöstlichen Partner der Nato keine Freude mehr.

Das grössere der beiden Probleme ist die Türkei. Sie sei, so Ian Lesser, Direktor der Denkfabrik German Marshall Fund in Brüssel, unberechenbar geworden. Weil sich die Nato nicht nur als Militärallianz versteht, sondern auch als Wertegemeinschaft, stören Erdogans autoritäre Tendenzen.

Annäherung an China und Russland

Noch mehr stört aber, dass sich die Türkei im Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat bockig verhält, und den Amerikanern nicht mal erlaubt, die Luftwaffenbasis Incirlik zu benutzen. Die Türkei pflegt sogar Kontakte zu islamistischen Gruppierungen in Syrien.

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Die labile Südostflanke der Nato
aus Echo der Zeit vom 13.05.2015. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 26 Sekunden.

Hinzu kommt, dass Ankara Raketen kaufen will, und zwar nicht von Nato-Bündnispartnern, sondern in China. Die Chinesen scheinen selber ziemlich überrascht und triumphieren. Das geplante Raketensystem wäre nicht mit Nato-Systemen kompatibel, bestätigt der türkische Politologe Hüseyin Bagci.

Er vermutet, die türkische Regierung wolle mit dieser Provokation einen Hebel bekommen, um sich mehr Einfluss in der Nato zu verschaffen. Demselben Zweck dient, dass Ankara plötzlich dem russischen Regime schöne Augen macht.

Forderung nach Rauswurf der Türkei

Selbstbewusst tönt der türkische Regierungschef Ahmet Davutoglu. Die Nato sei auf die Türkei angewiesen – und nicht umgekehrt. Lesser vom German Marshall Fund erstaunt es nicht, dass die Allianzpartner die türkische Haltung als Affront empfinden. Radikale US-Politiker wie der Republikaner Rick Perry verlangen bereits, man müsse die Türkei aus der Nato werfen.

Und ausgerechnet jetzt, da die Nato im Südosten ohnehin Probleme hat, droht die neue griechische Regierung sogar mit einem Austritt. Lapidar erklärte Verteidigungsminister Panos Kammenos nach einem Besuch in Washington: Es habe sich halt in Griechenland vieles verändert. Während die Türkei mit chinesischen Waffen liebäugelt, erwägt Griechenland Rüstungskäufe in Russland – zum grossen Ärger der Nato.

Kein Krieg dank Nato-Mitgliedschaft

Für Lesser ist die Atmosphäre vergiftet. Doch trotz aller Misstöne hält er es für unwahrscheinlich, dass es zum totalen Bruch mit der Nato kommt. Zumal sowohl für Griechenland als auch für die Türkei eine solide Sicherheitspartnerschaft mit Russland illusorisch sei.

Russland könne den beiden Ländern niemals so viel Sicherheit bieten wie die transatlantische Allianz. Beide bräuchten zwingend die Nato-Mitgliedschaft – auch damit ihr jahrzehntelanger bilateraler Konflikt nicht eskaliert. Trotzdem: Ankara und Athen werden für das Bündnis auf absehbare Zeit mühsame, unbequeme Partner sein.

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