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International Es werde Licht: Der Fall Edathy

Der Fall des SPD-Politikers Edathy erhitzt die Gemüter in Deutschland. Am Mittwoch sind einige Aspekte etwas klarer geworden. Worum geht es in dieser komplexen Geschichte überhaupt?

Sebastian Edathy
Legende: Im Zentrum des ersten politischen Erdbebens, das die neue deutsche Regierung erschüttert: Der SPD-Politiker Sebastian Edathy Keystone

Der Ursprung des Rummels war eine freundliche Geste: Vergangenen Oktober standen schwierige Gespräche über eine mögliche Koalition zwischen CDU/CSU und SPD an. Zu dieser Zeit erfuhr Innenminister Friedrich vom Bundeskriminalamt, dass ein prominenter SPD-Abgeordneter, Sebastian Edathy, auf einer Liste stand. Auf einer Liste von Männern, die vor Jahren über das Internet Nacktbilder von kleinen Jungen gekauft hatten: Ein möglicher Fall von Kinderpornografie.

Friedrich wollte Platzen einer Pädophilie-Bombe verhindern

Nun war Edathy nicht irgendwer. Er hatte in einer Herkulesarbeit den Untersuchungsausschuss über die NSU-Mordserie geleitet, hervorragende Arbeit geleistet und war deswegen auch Kandidat für einen guten Job in einer allfälligen neuen Regierung. Friedrich wollte verhindern, dass der neue Koalitionspartner SPD Edathy für ein hohes Amt nominiert – und dann eine Bombe platzt, wenn der mögliche Pädophilie-Fall ans Licht käme.

Audio
Fall Edathy: Nicht die ganz grosse Staatskrise
aus Echo der Zeit vom 19.02.2014. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 51 Sekunden.

Friedrich gab deswegen SPD-Chef Sigmar Gabriel einen diskreten Hinweis. Damit verriet er aber ein Amtsgeheimnis. Gabriel seinerseits informierte die damaligen Verantwortlichen seiner SPD-Fraktion, Steinmeier und Oppermann. Die beiden waren auch verantwortlich für die Zuteilung von hohen Ämtern in der neuen Fraktion.

Informationen sickerten durch

Die Bombe platzte dann doch, als Sebastian Edathy vor zwei Wochen sein Abgeordnetenmandat niederlegte, aus angeblich gesundheitlichen Gründen. Kurz darauf wurde seine Wohnung von der Polizei durchsucht, die lokale Presse erhielt Wind davon und dass es womöglich um Kinderpornografie gehe.

Das hätte in diesem Stadium des Verfahrens nicht bekannt werden dürfen, vor allem, weil davon ausgegangen werden muss, dass das Material, das Edathy gekauft hat, nach deutschem Recht gar nicht strafbar ist. Die polizeiliche Durchsuchung galt nur der Frage: Ist da allenfalls sonst noch etwas?

Kanzlerin lässt Friedrich fallen

Damit war die Geschichte öffentlich. Seither recherchieren die Medien und seither gibt es im Halbstundentakt Neuigkeiten zu dieser Geschichte auf Online-Seiten.

Zuerst war da der Vorwurf, Innenminister Friedrich habe mit der Information an Gabriel einen Geheimnisverrat begangen. Das hat dazu geführt, dass Kanzlerin Merkel Friedrich schliesslich fallen lassen musste. Er trat zurück. Das wiederum machte CDU und CSU wütend. Sie fanden, dass ihr Mann, Friedrich, die SPD vor Schaden bewahren wollte. Dass er nun gehen müsse und die Sozialdemokraten, die das Geheimnis weiter geplaudert hätten, ungeschoren blieben, finden sie inakzeptabel.

Wie du mir, so ich dir

Also nahm man den SPD-Fraktionsführer Oppermann ins Visier. Denn dieser hatte sich vor irgendwelchen Entscheidungen in Sachen Edathy absichern wollen. So fragte er beim Chef des Bundeskriminalamtes Zierke nach, ob die Vorwürfe denn überhaupt stimmten. Damit – so der schwere Vorwurf seitens der CDU/CSU – habe Oppermann den Chef des Bundeskriminalamtes dazu anstiften wollen, seinerseits Geheimnisverrat zu begehen.

Der Vorwurf gegen Oppermann hat sich heute weitgehend in Luft aufgelöst. Sein Gespräch mit Zierke hat sich als harmlos herausgestellt. Es gibt aber weitere Fragen: Weshalb hat Edathy sein Amt just am selben Tag niedergelegt, an dem die Staatsanwaltschaft in Hannover einen Brief an den Bundestag schickte, in dem Untersuchungsmassnahmen angekündigt wurden? Hat ein Mitwisser aus SPD-Kreisen Edathy einen Tipp gegeben? Damit hätte auch belastendes Material aus dem Weg geschafft werden können.

Viele hätten Edathy warnen können

Einiges liegt noch im Dunkeln. Klar aber ist seit heute: Es gab nicht nur bei der SPD Mitwisser, die Edathy hätten warnen können. Die Liste mit den Namen von Pädophilie-Verdächtigen war seit langem auf Polizeistationen und bei Kriminalbehörden in allen 16 Bundesländern bekannt.

Wichtige Fakten fehlen aber immer noch. Und die Erinnerung daran, dass Edathy bisher als strafrechtlich unschuldig zu gelten hat. Und auch, dass er als Politiker in einem für das Land ganz wichtigen Bereich – NSU-Terror – ausgezeichnete Arbeit geleistet hat. Nur: Das interessiert längst keinen mehr.

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