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International Fall «Emanuela Orlandi» wird ad acta gelegt

Vor 32 Jahren verschwand in Rom Emanuela Orlandi, Tochter eines Vatikan-Mitarbeiters. Seither gab es viele Theorien über den Verbleib der 15-Jährigen – und alle haben sie mit dem Vatikan zu tun. Aufgeklärt wurde der Fall nie. Nun stellt die Staatsanwaltschaft die Untersuchungen ein.

Zum letzten Mal gesehen wurde Emanuela Orlandi im Juni 1983. Das ist der einzige Punkt, in dem Einigkeit herrscht. Ab da verlieren sich ihre Spuren in alle Richtungen. Immer wieder meldeten sich geheimnisvolle Augenzeugen beim Fernsehsender RAI.

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Fall «Orlandi» wird eingestellt
aus HeuteMorgen vom 06.05.2015.
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 56 Sekunden.

Einige berichten, Orlandi sei die Geliebte des Bosses des damals sehr starken römischen Mafiaclans, der Banda della Magliana, geworden. Ihre Leiche sei neben derjenigen ihres Geliebten begraben, in der Hauptkirche des rechtskonservativen Laienordens Opus Dei in Rom.

Nicht neben Mafiaboss begraben

Vor drei Jahren hoben Ermittler das Grab aus. Die Knochen des Mafiabosses wurden gefunden und auch jene einer andern Person. Aber diese gehören nicht Emanuela Orlandi. Seither fragt man sich, wie es möglich war, dass der Opus Dei einem gefürchteten Mafiaboss die Ehre erwies, ihn in ihrer Hauptkirche zu begraben.

Eine andere Spur führt in die Türkei. Ali Agca, der Attentäter auf Papst Johannes Paul II berichtete, Emanuela Orlandi sei von den rechtsextremen Grauen Wölfen in die Türkei entführt worden, um ihn, Agca, aus der Haft freizupressen.

An Sexparties von Prälaten missbraucht?

Eine andere, von einem Theologen aufgebrachte Theorie besagt, Emanuela Orlandi als Tochter eines einfachen Vatikan-Mitarbeiters sei von Prälaten an Sexparties missbraucht worden; möglicherweise gar vom damaligen skandalumwitterten Finanzchef des Vatikans, Paul Marcinkus und ausländischen Diplomaten. Damit die Geschichte unter dem Deckel bleibe, habe man sie mit Hilfe der Banda della Magliana beseitigen lassen.

Emanuela Orlandi.
Legende: Wurde Emanuela Orlandi Im Frühsommer 1983 nach einer Musikstunde in Rom entführt? Keystone/Archiv

Laut einer vierten Version wurde Emanuela Orlandi von der Banda della Magliana entführt, um vom Vatikan die Rückzahlung eines gewährten Kredits zu erzwingen. Der Vatikan befand sich damals tatsächlich in grossen finanziellen Schwierigkeiten. Als die Zahlung ausblieb, sei sie ermordet worden - als Zeichen.

Die Römer Staatsanwaltschaft hat seither in alle Richtungen ermittelt. Für alle Theorien fand sie immer wieder Hinweise und Zeugen, doch nie genügend hieb- und stichfeste Beweise.

Auffallend ist, dass bei allen Theorien der Vatikan mit im Spiel ist samt der Banda della Magliana. Ungewöhnlich ist auch, dass der damalige Papst Johannes Paul II sich öffentlich an die möglichen Entführer wandte. Das hatte es zuvor noch nie gegeben.

Viele geheimnisumwitterte Fälle

Mit dem jetzigen Einstellungsbeschluss reiht sich der Fall Orlandi in die lange Reihe ungeklärter Fälle in Italien. Dazu gehören der geheimnisvolle Absturz eines Passagierflugzeugs über Ustica in den 80-er Jahren. Aber auch der Bombenanschlag auf den Bahnhof von Bologna mit über 80 Toten, Anschläge von angeblich Rechtsextremen.

Es sind diese Fälle, die den Italienerinnen und Italienern das Gefühl geben, in einem von dunklen Mächten regierten Land zu leben.

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