Bei erneuten Protesten in der Ukraine haben Tausende Oppositionsanhänger in Kiew den Rücktritt von Ministerpräsident Nikolai Asarow gefordert. Ein Amtsverzicht des engen Vertrauten von Staatschef Janukowitsch wäre ein «erster wichtiger Schritt», sagte Arseni Jazenjuk von der Partei der Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko. Beobachter sprachen von deutlich weniger Demonstranten als am Vortag.
Hunderte Demonstranten hielten am Montag weiter die Gewerkschaftszentrale und das Rathaus besetzt. Die Polizei rief die Oppositionsanhänger auf, die Gebäude unverzüglich zu räumen.
Nach den gewaltsamen Protesten am Sonntag war es in der Nacht relativ ruhig geblieben. Auf dem Kiewer Unabhängigkeitsplatz errichteten Oppositionelle ein Zeltlager nach dem Vorbild der orangenen Revolution von 2004 und 2005.
Nach Einschätzung von SRF-Korrespondent Peter Gysling dürfte es die Bewegung von der Strasse aber diesmal erheblich schwerer haben sich durchzusetzen, als dies vor neun Jahren der Fall gewesen ist. Laut Gysling ist die Opposition zerstritten und bringt derzeit keine parlamentarische Mehrheit auf die Beine.
Friedliche Demonstranten distanzieren sich von Gewalt
Man werde sich dem Druck von oben nicht beugen und ausharren, hat Boxweltmeister Vitali Klitschko erklärt. Er ist einer der Anführer der ukrainischen Opposition. Die rechtsnationale oppositionelle Swoboda-Partei, die am Sonntag das Bürgermeisteramt in Kiew unter ihre Gewalt brachte, will gar einen landesweiten Generalstreik ausrufen.
Weit über hunderttausend Menschen hatten sich am Sonntag trotz behördlichem Demonstrationsverbot zum Maidan begeben. Das brutale Durchgreifen einer ukrainischen Polizeieinheit gegen friedliche Demonstranten am Samstag früh hatte in der Bevölkerung für zusätzlichen Zorn gegenüber der Staatsführung gesorgt.
Am Sonntagabend allerdings führten Randalierer und Provokateure vor dem Amtssitz des Staatspräsidenten schwere Auseinandersetzungen mit der Polizei. Sie forderten auf beiden Seiten Dutzende von Verletzten. Die friedlichen Demonstranten auf dem Freiheitsplatz distanzierten sich von diesem Vorgehen.
Opposition fühlt sich gestärkt
«Präsident Janukowitsch hat bisher zu allem geschwiegen», sagt Peter Gysling. Offensichtlich wisse er nicht so recht, wie er reagieren solle und mauere sich deshalb ein. «Er fürchtet sich natürlich vor einer Wiederholung der orangen Revolution und wird vermutlich alles tun, um die Oppositionsbewegung kaltzustellen», glaubt der SRF-Korrespondent.
Noch in dieser Woche will Janukowitsch angeblich nach Moskau fliegen, um mit Russland weitere Abkommen zur bilateralen Zusammenarbeit zu unterzeichnen. Dieses Vorhaben dürfte die Gegner des Präsidenten in ihrem Protest noch bestärken.