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Migranten unerwünscht Der alltägliche Rassismus in Italien

Lega-Chef und Innenminister Matteo Salvini heize das fremdenfeindliche Klima im Land an, kritisiert Italiens Linke.

Das Thema Einwanderung wühlt Italien auf. Antirassismus-Fachstellen stellen eine Häufung von rassistisch motivierten Übergriffen auf Ausländer in den letzten Monaten fest. Seit die Lega von Rechtspopulist Matteo Salvini mitregiert, also seit Juni, zählen Fachstellen über 30 mutmasslich rassistische Übergriffe in Italien. Das sind mehr als sonst in einem ganzen Jahr. Eine Welle der Ausländerfeindlichkeit scheint durch das ehemals tolerante Land zu gehen.

Pfarrer gegen Lega-Führer

So zum Beispiel in der Stadt Pistoia in der Toskana, wo jahrzehntelang die Linke an der Macht war. Hier stellt sich heute nur noch der katholische Pfarrer lautstark gegen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit.

Don Massimo Biancalani stellt in Pistoia sein Pfarreizentrum den Migranten zur Verfügung – auch jenen, die Italien eigentlich verlassen müssten, weil sie sich ohne gültige Papiere im Land aufhalten.

In der Pfarrei backen sie gemeinsam Pizza, beten und schlafen. «Mit der Lega hat sich alles verändert. Mehr Feindseligkeit und Egoismus. Kein soziales Gewissen mehr. Das muss uns zu denken geben», sagt Don Massimo der «Rundschau».

«Er soll sich um seine Schäfchen kümmern»

Don Massimos Gegenspieler ist Gabriele Gori, Fraktionschef der örtlichen Lega. Ihm ist das Zentrum von Don Massimo ein Dorn im Auge. Auch der Pfarrer müsse sich an die Gesetze halten, betont Gori. «Don Massimo sollte besser Pfarrer bleiben und sich um seine Schäfchen kümmern. Die Politik sollte er denen überlassen, die mehr davon verstehen», sagt Gori – und weiss damit die Mehrheit des Stadtparlaments auf seiner Seite.

Don Massimo könnte sein Zentrum bald schliessen müssen, denn die Stadt plant die Räumung seines Aufnahmezentrums. Laut Lega-Politiker Gori hat das nichts mit dem Engagement des Pfarrers für die Migranten zu tun. Das Gebäude erfülle ganz einfach bauliche Sicherheitsvorschriften nicht.

Angriff auf offener Strasse

Auch in Pistoia ist es in den vergangenen Monaten zu einem rassistisch motivierten Übergriff gekommen. Auf einen jungen Flüchtling aus Gambia wurde in der Nähe des Zentrums von Don Massimo auf offener Strasse geschossen – mit einer Schreckschusspistole.

Eine Gruppe von einheimischen Jugendlichen gab anschliessend der Polizei zu Protokoll, sie hätten sich nur einen Scherz erlaubt. Buba Ceesay, der ins Visier genommene Flüchtling, hatte allerdings Todesangst und ist seit dem Vorfall traumatisiert. «Wenn es so weitergeht, haben wir keine Zukunft hier», sagt er gegenüber der «Rundschau».

Video
Migrant Buba Ceesay über seine Zukunft (engl.)
Aus News-Clip vom 02.10.2018.
abspielen. Laufzeit 14 Sekunden.

Lega-Führer Gori hingegen spielt den Vorfall herunter. «Das war nur ein Lausbubenstreich.» Gori distanziert sich von der Gewalt gegen Migranten, aber von Rassismus könne hier keine Rede sein. Die Pistolenschüsse seien doch völlig harmlos gewesen. Die Präsenz von Migranten in Pistoia empfindet der Lega-Mann aber sehr wohl als Problem. Dass in Italien der Rassismus zugenommen hat, bestreitet er. Das sei eine Erfindung der Linken.

Morddrohungen gegen den Pfarrer

Das sieht Don Massimo anders. Auch er ist in den Fokus von gewaltbereiten Bürgern geraten. In anonymen Schreiben wird ihm mit Paketbomben, mit dem Abfackeln seiner Pfarrei gedroht. Die Lega mit Innenminister Matteo Salvini sei für den zunehmenden Rassismus in Italien verantwortlich.

In der Kirche segnet Don Massimo den Teig für den nächsten Pizza-Abend mit den Migranten und zelebriert die Messe. In der Predigt liest er seinen Gegnern die Leviten. «Die Lega sollte mir dankbar sein, dass ich die Migranten von der Strasse hole». Er gibt sich entschlossen: «Der Kampf muss weitergehen. Es geht nicht nur um die Religion, sondern auch um die Gesellschaft.»

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