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International «Teilweise ehrbare Motive» – 35 Jahre Haft für Manning

Der Wikilieaks-Informant Bradley Manning muss für 35 Jahre hinter Gitter. Die Anklage hatte 60 Jahre gefordert. Doch er darf hoffen: Bei guter Führung könnte er deutlich früher frei sein. «Für die US-amerikanische Öffentlichkeit sei die Strafe gerecht», sagt SRF-Korrespondent Arthur Honegger.

Gnadengesuch an Obama

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Bradley Manning hat US-Präsident Barack Obama um eine Begnadigung gebeten. Mannings Anwalt sagte in Fort Meade, dass sein Mandant zumindest auf eine Herabsetzung des Strafmasses hoffe. Das Weisse Haus reagierte kühl. Sollte ein Gnadengesuch eingereicht werden, werde dies «wie jedes andere Gesuch» geprüft, sagte Obamas Sprecher.

Der US-Soldat Bradley Manning ist für die Weitergabe von Staatsgeheimnissen an die Enthüllungsplattform Wikileaks zu 35 Jahren Haft verurteilt worden. Zudem wurde der 25-Jährige unehrenhaft aus der Armee entlassen und rückwirkend

degradiert, wie das US-Militärgericht in Fort Meade bei Washington bekanntgab. Auch seine Pensionsansprüche verliert er.

Die Anklage hatte mindestens 60 Jahre Gefängnis und 100'000 Dollar Geldstrafe gefordert, die Verteidiger hingegen nicht mehr als 25 Jahre. Bei guter Führung kann Manning im besten Fall nach weniger als zehn Jahren freikommen.

Er hatte als Geheimdienst-Analyst des US-Heeres im Irak Hunderttausende vertrauliche Dokumente an Wikileaks gegeben, die dadurch später öffentlich wurden. Darunter auch ein Video, das einen Hubschrauberangriff auf Zivilisten zeigt.

Keine «Unterstützung des Feindes»

Richterin Denise Lind hatte Manning Ende Juli unter anderem wegen Geheimnisverrats, Spionage, Computerbetrugs und Diebstahls für schuldig befunden. Im schwerwiegendsten Punkt «Unterstützung des Feindes» (aiding the enemy) sprach sie ihn hingegen frei. Dreieinhalb Jahre werden von der nun verhängten Strafe abgezogen, weil Manning seit Mai 2010 in Haft sitzt und Lind ihm 112 Tage wegen schlechter Behandlung während dieser Zeit erlassen hatte.

Video
SRF-Korrespondent Arthur Honegger zum Urteil
Aus Tagesschau vom 21.08.2013.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 57 Sekunden.

Strafmildernd wirkten «teilweise ehrbare Motive», sagte SRF-Korrespondent Arthur Honegger in Washington. Zudem steckte Manning zu dieser Zeit in einer «tiefen Identitätskrise», sagte Honegger weiter.

Kritisches Echo

Wikileaks-Sprecher Kristinn Hrafnsson nannte das Urteil «furchtbar». Manning habe über Kriegsverbrechen informiert und bekomme dafür eine hohere Strafe als diejenigen, die solche Verbrechen begingen.

Die Organisation Reporter ohne Grenzen kritisierte das Strafmass als unverhältnismässig. «Das Urteil gegen Bradley Manning ist ein weiterer Beleg, dass die USA endlich ein Gesetz zum Informantenschutz brauchen», sagte ein Sprecher. «Wenn Präsident Barack Obama seinen Feldzug gegen Whistleblower nicht schnell beendet, werden Journalisten in den USA bald immer weniger in der Lage sein, Fehlverhalten von Regierung und Behörden aufzudecken.»

Verwandte von Manning in Wales erklärten, das Strafmass sei geringer ausgefallen, als sie erwartet hätten.

Nicht mit Snowden zu vergleichen

Das Verfahren in Fort Meade war der erste grosse Prozess gegen einen sogenannten Whistleblower in den USA und gilt als Präzedenzfall für weitere bekannte Enthüller, darunter Wikileaks-Chef Julian Assange und den flüchtigen US-Computerspezialisten Edward Snowden, der das massive Spähprogramm des Geheimdienstes NSA enthüllte.

Super-GAU für USA

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Die Veröffentlichung der von Manning entwendeten Papiere unter anderem über die Kriege im Irak und in Afghanistan hatte weltweit für Wirbel gesorgt. Die Preisgabe massenhafter Diplomaten-Depeschen hatte US-Botschafter und Politiker in aller Welt blamiert, gar Regierungen wanken lassen.

Der Reporter Glenn Greenwald, Snowdens journalistisches Sprachrohr, schrieb via Twitter, die USA würden fortan nicht mehr in der Lage sein, der Welt den Wert von Transparenz und Pressefreiheit zu predigen, ohne weltweites Gelächter zu befördern.

«Die beiden Fälle sind nicht miteinander zu vergleichen», sagt Honegger. Snowden sei Zivilist, Manning ein Soldat. Dieser Umstand wirke sich auf die öffentliche Wahrnehmung aus. «Für die Öffentlichkeit ist Manning kein Held», so Honneger weiter. Er haben den militärischen Eid gebrochen, den er als Soldat geschworen hatte. Ausserdem habe er nicht nur Daten, die Missstände aufzeigen publizieren lassen, sondern z.B auch vertrauliche Informationen von Diplomaten. «In den Augen der amerikanischen Öffentlichkeit hat er demnach seine Strafe verdient.»

In zehn Jahren frei?

Das Strafmass wird nach Militärrecht automatisch einem Berufungsgericht zur Prüfung vorgelegt. Zudem kann die Verteidigung das Urteil durch mehrere Instanzen bis zum Obersten Gerichtshof anfechten. Mannings Anwälte wollen laut Unterstützern auch versuchen, Obama zu einer Begnadigung zu bewegen.

Sollte es bei dem Strafmass bleiben, kann Manning laut Experten bei guter Führung im besten Fall bereits in weniger als zehn Jahren aus dem Gefängnis entlassen werden. Damit wäre die Strafe deutlich geringer als von der Anklage gefordert. Sie wollte, dass er unter anderem wegen «Verrats an den Vereinigten Staaten» den grössten Teil seines restlichen Lebens in Gewahrsam verbringt.

In ihrer Urteilsbegründung hatte Lind gesagt, Manning habe «rücksichtlos» gehandelt und mit seinen Taten andere Amerikaner in Gefahr gebracht. Der 25-Jährige hatte sich in der vergangenen Woche für seine Taten vor Gericht entschuldigt. Unterstützer wie Assange beklagten danach, die US-Militärjustiz habe ihn mit der Aussicht auf ein hartes Urteil förmlich erpresst.

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