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Brisante Pharmastrategie
Aus Rundschau vom 10.10.2018.
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Umstrittene Pharmastrategie Novartis will Wirkstoffe aus China

Der Basler Pharmakonzern Novartis plant, den weit verbreiteten Wirkstoff Valsartan fortan nicht mehr selber herzustellen. Das Mittel für Blutdrucksenker soll bald aus China kommen. Just aus der Firma, die im Sommer einen internationalen Rückruf ausgelöst hat. Das zeigen zumindest interne Novartis-Dokumente vom Frühjahr 2018, die der «Rundschau» vorliegen.

Im September hatte der Pharmakonzern bekanntgegeben, in der Schweiz in den nächsten Jahren über 2000 Stellen zu streichen. Der Grund: Novartis will die Produktivität steigern, Kosten sparen.

«Rundschau»-Recherchen zeigen jetzt, wie die Strategie umgesetzt werden könnte. Der Pharma-Konzern beabsichtigt unter anderem, die chemische Produktion von Valsartan in den Schweizer Produktionsstätten Stein (AG) und Schweizerhalle (BL) teilweise einzustellen. Die Wirkstoffe für verschiedene Novartis-Medikamente sollen künftig auch Firmen aus China, Indien und Italien zuliefern. Neben der Schweiz will Novartis auch am Standort Grimsby (England) Produktionsstätten einstellen.

Potentielle Zulieferer haben Vertriebsstopp

Laut den internen Dokumenten plant Novartis neu, den Wirkstoff Valsartan für den Blutdrucksenker Diovan unter anderem von zwei chinesischen Firmen zu beziehen: von Zhejiang Huahai Pharmaceuticals und von Zhejiang Tianyu Pharmaceuticals. Just die Firmen, die seit Sommer kein Valsartan mehr nach Europa liefern dürfen. Der Grund: Im Wirkstoff der chinesischen Pharmazulieferer wurde eine potenziell krebserregende Substanz gefunden, welche wohl über sechs Jahre hinweg in Produkten rund um die Welt gelandet ist.

Auf Anfrage will Novartis die Strategiepapiere nicht weiter kommentieren. Novartis teilt der «Rundschau» mit: «Bitte haben Sie Verständnis, dass wir unsere Pläne für bestehende und/oder potenzielle Zulieferer nicht öffentlich machen.»

Ob Novartis künftig mit einer der beiden chinesischen Fabriken zusammenarbeiten will, wird von der Firma weder bestätigt noch dementiert.

Wir setzen uns dafür ein, dass alle von uns gehandelten Produkte die höchsten Qualitätsstandards erfüllen. Wir arbeiten mit erfahrenen und qualifizierten Zulieferern auf der ganzen Welt, einschliesslich Indien und China, zusammen.
Autor: Stellungnahme von Novartis

Novartis betont auch, dass kein von Novartis oder Sandoz gehandeltes Endprodukt jemals den Valsartan Wirkstoff aus der Fabrik Tianyu enthalten habe. Und weiter schreibt Novartis, was Qualität und Auslagerung an Dritte betrifft: «Wir setzen uns dafür ein, dass alle von uns gehandelten Produkte die höchsten Qualitätsstandards erfüllen. Wir arbeiten mit erfahrenen und qualifizierten Zulieferern auf der ganzen Welt, einschliesslich Indien und China, zusammen.»

Novartis hat die Verunreinigungen entdeckt

Recherchen der «Rundschau» zeigen jetzt aber: Novartis hatte in der Vergangenheit bereits mit der chinesischen Firma Huahai zu tun. Erstmals wird nun bekannt: Der Schweizer Pharmakonzern hat Proben des chinesischen Valsartans getestet und dabei die Verunreinigungen entdeckt.

Novartis schreibt: «Was den Valsartan-Wirkstoff von Huahai betrifft, wurden die Verunreinigungen durch Novartis entdeckt. Novartis hat daraufhin Huahai und die zuständigen Gesundheitsbehörden informiert.»

Heilmittelbehörden untersuchen den Fall

Seit dem Rückruf im Juli laufen Untersuchungen in Labors rund um den Globus, wie krebserregend die Substanz wirklich ist. Die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA geht davon aus, dass einer von 5000 Patienten, die Tabletten mit dem verunreinigten Valsartan zu sich genommen haben, krebskrank werden könnte.

Derzeit arbeiten allein bei der Heilmittelbehörde Swissmedic rund 20 Personen am Fall Valsartan. In einer ersten Phase untersuchen sie Valsartan-Produkte, die aktuell noch in der Schweiz erhältlich sind. Damit will man ausschliessen, dass sich noch im Markt befindliche Medikamente ebenfalls krebserregende Stoffe beinhalten. Später untersucht auch die Swissmedic die betroffenen Medikamente mit den verunreinigten Wirkstoffen.

Europäische Heilmittelbehörden haben unterdessen die Firmengelände von Huahai inspiziert. Ihr Fazit im Inspektionsbericht: Neun «wesentliche» Abweichungen der Qualitätsrichtlinien (Good-Manifacturing-Practice). Die Behörde empfiehlt, der Firma auch die Lizenz für die Produktion von Valsartan-Vorstufen zu entziehen.

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