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Wie viel Luxus verträgt der Campingplatz?
Aus Treffpunkt vom 29.07.2020. Bild: Keystone
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Camping-Ferien in der Schweiz «Campingplätze sind heute schon fast Hotelanlagen»

Camping-Ferien kennt man seit Anfang des 20. Jahrhunderts. Sie haben seither aber einen enormen Wandel erlebt: Vom Billigurlaub zum Ferienangebot für alle Schichten.

Die Campingplätze bieten heute einen Komfort, der mit Hotelanlagen vergleichbar ist, sagt Tourismus-Experte Urs Wagenseil. Und das bisher mit Erfolg: Die Gästezahlen sind in den letzten fünf Jahren stark gestiegen.

Urs Wagenseil

Urs Wagenseil

Co-Leiter Kompetenzzentrum Tourismus Hochschule Luzern

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Als Co-Leiter des Kompetenzzentrums Tourismus an der Hochschule Luzern beschäftigt sich Urs Wagenseil mit Fragen zu nachhaltigem Tourismus und Destinationsmanagement. Urs Wagenseil ist ehemaliger Tourismusdirektor von Lenzerheide und arbeitet seit 2005 an der Hochschule Luzern.

SRF: Ferien auf dem Campingplatz heutzutage sind kaum mehr vergleichbar mit denjenigen in den 60er oder 70er Jahren. Was sind die grössten Veränderungen?

Urs Wagenseil: Es sind zwei. Einerseits ist Camping wieder in Mode, andererseits haben die Campingplätze stetig ausgebaut und bieten nun einen deutlich höheren Komfort an.

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts haben die Campingplätze noch mit sinkenden Gästezahlen gekämpft. Wie ist es dazu gekommen, dass Camping in den letzten Jahren wieder in Mode gekommen ist?

Viele Menschen sind in den letzten Jahrzehnten viel gereist, auch mit dem Flugzeug in ferne Länder und Städte. Nun zeigt sich eine gewisse Müdigkeit, Naturnähe und Bewegung bekommen eine stärkere Bedeutung.

Es gibt den Wunsch nach naturnahem Urlaub und nach Nachhaltigkeit. Der Boom bei den Campingplätzen dürfte dadurch längerfristig anhalten.
Autor: Urs Wagenseil Co-Leiter Kompetenzzentrum Tourismus

Hinzu kommt, dass vermehrt der Wunsch nach unkomplizierten Ferien besteht. Und diese bietet Camping: Man muss sich weniger Regeln unterordnen als im Hotel.

Hat sich dementsprechend auch die Kundschaft verändert, die auf den Schweizer Campingplätzen anzutreffen ist?

Früher gab es zwei Hauptgruppen auf dem Campingplatz: Rucksacktouristen, die mit dem Zelt unterwegs waren, und grössere Familien, die auf das Portemonnaie achteten.

Ich würde sagen, dass heute auch mehr jüngere Menschen anzutreffen sind – solche, die sich Naturnähe wünschen. Auf der anderen Seite sind auch mehr ältere Menschen anzutreffen. Sie sind froh über den neuen Komfort auf dem Campingplatz. Früher haben lottrige WC-Kabinen wohl den einen oder anderen noch abgeschreckt.

Sie sprechen die Infrastruktur auf den Campingplätzen an. Sie wurde zuletzt massiv ausgebaut, auch mit Glamping-Angeboten wie Bungalows. Wie passt das zum Wunsch nach mehr Naturnähe?

Im Vordergrund steht das Bedürfnis nach Hygiene, welches schon seit Jahren besteht. Schweizer Gäste haben zudem insgesamt hohe Ansprüche, da sie oft reiseerfahren sind und schon Ferien in luxuriösen Anlagen rund um die Welt erlebt haben. Der entsprechende Standard ist für die Campingplätze also fast ein Muss.

Campingplätze sind heute wie Resorts. Da gibt es Sportplätze aller Art, Saunas und perfekte Infrastruktur – meist an einer Top-Lage.
Autor: Urs Wagenseil Co-Leiter Kompetenzzentrum Tourismus

Campingplätze gleichen so oft einer Hotelanlage. Hat man die ursprüngliche Kundschaft so vergrault?

Mit neuen Mietangeboten wie AirBnB sind Alternativen entstanden, welche diese Kundschaft zum Teil weglocken. Aber ich glaube, auch langjährige Camping-Urlauber sind immer noch auf den Campingplätzen anzutreffen.

Camping-Boom in der Schweiz

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Legende: Keystone

Campingplätze boomen in der Schweiz: 2018 registrierten die Campingplätze laut Bundesamt für Statistik 3,6 Millionen Logiernächte, 12,8% mehr als im Vorjahr. Dieser Aufwärtstrend ist schon seit 2015 zu beobachten.

Vor allem inländische Gäste sind auf den Campingplätzen anzutreffen. 2018 gingen 2,4 Millionen Logiernächte auf ihr Konto.

Der Boom zeigt sich auch bei der Anzahl Wohnwagen in der Schweiz: Sie hat sich in den letzten 10 Jahren fast verdoppelt.

Insgesamt gibt es in der Schweiz um die 400 Campingplätze. Die meisten verzeichnet das Mittelland, gefolgt von der Genferseeregion.

Camping ist in diesem Sinne auch eine Lebensphilosophie und punktet gegenüber den Hotelanlage nach wie vor: Es sind unkomplizierte Ferien mit grosser Durchmischung, da man meist eine unmittelbare Nähe zu den weiteren Gästen hat.

Treffpunkt 29.7. 10:00 Uhr Radio SRF 1

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