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Radio SRF 1 Der Alltag im Mittelalter

An harte Fronarbeit, zugige Burgen und grosse Schlachten wie jene bei Murten denken die einen. Anderen kommen zunächst edle Ritter, anmutige Burgfräulein und poetische Minnesänger in den Sinn. Im Mittelalter war einiges anders. Ob es romantisch oder finster war, liegt dabei im Auge des Betrachters.

Auf vieles, was unseren Alltag heute so angenehm macht, mussten die Menschen des Mittelalters verzichten. Schade nur für die Zeitgenossen, dass das gar nicht immer nötig gewesen wäre. Aber manchmal entwickeln sich die Dinge auch zurück: Während in der Römerzeit ausgeklügelte Wasserversorgungssysteme en vogue waren und in der Antike allgemein die Badekultur gepflegt wurde, vertraute man im Mittelalter vor allem auf Brunnen und Regenwasserzisternen.

Im Flüssigkeits-Überfluss schwelgen konnten da nur wenige Privilegierte, die sich vornehmlich in Badehäusern vergnügten. Die gemeine Bevölkerung müffelte dagegen vor sich hin, wogegen wohl auch die aufkommenden ätherischen Öle nicht anstinken konnten.

Fingerfood war angesagt

Mittelalterliches Festmahl
Legende: Völlerei für Fortgeschrittene: Im Mittelalter kam viel Fleisch auf den Tisch. gemeinfrei

Davon liess man sich allerdings nicht den Appetit verderben, vor allem der Hunger auf Fleisch war gross. Im Spätmittelalter wurden jährlich über 100 Kilo pro Kopf verzehrt, etwa doppelt so viel wie heute. Um die Tischmanieren scherte man sich dabei weniger. Oder, positiv formuliert: Damals war eigentlich alles Fingerfood, wobei die besten Stücke natürlich bei den ranghöchsten Teilnehmern eines Mahls landeten.

Auch was das Verrichten der Notdurft betrifft, war die Oberschicht fein raus: Über die von Häusern und Burgen abstehenden Aborterker wurde diese der Schwerkraft überlassen, während sich gewöhnliche Zeitgenossen selbst um die Entsorgung ihrer Ausscheidungen kümmern mussten. Das geschah meist mit einem beherzten Schwung aus dem Fenster, woran so mancher Passant zu leiden hatte.

Schon damals ein Thema: Tabubrüche in der Mode

Spitzschuh aus dem 14. oder 15. Jahrhundert
Legende: Mode im 15. Jahrhundert: Spitze Schuhe waren im Trend. Keystone

Was die Kleidung anging, wurde bereits Mitte des 14. Jahrhunderts der Sittenverfall beklagt. Körperbetonte Schnitte, Dekolletees und obszön kurze Männerröcke liessen die Traditionalisten aufstöhnen.

Im ausklingenden 15. Jahrhundert, also ungefähr zur Zeit der Schlacht bei Murten, wurde dann Gelb zur Modefarbe. Gelb! Die Farbe, die bis dahin nördlich der Alpen eher mit Prostituierten, Henkern oder Narren in Verbindung gebracht wurde. Wo sollten derartige Auswüchse nur hinführen? Direkt in die Neuzeit, wie sich später zeigen sollte.

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