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Deutsche in der Schweiz – warum fühlen sich viele nicht willkommen?
Aus rec. vom 08.04.2024.
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Hürden bei der Integration Deutsche in der Schweiz – zwischen Stereotypen und Anfeindungen

Deutsche Einwanderer sind oftmals gesuchte Fachkräfte. Ihre Sprache und Kultur scheinen unserer sehr ähnlich. Beste Voraussetzungen für eine erfolgreiche Integration. Oder doch nicht? Drei Geschichten.

Fiona Kohl lebt nach einem Jahr in der Schweiz wieder in Deutschland. In Düsseldorf fühlt sie sich wohl. Dort wird sie nicht für ihre Herkunft angefeindet.

Fiona Kohl im Interview.
Legende: Fiona Kohl ist nach einem Jahr in der Schweiz wieder zurück nach Deutschland gezogen. SRF

In der Schweiz hatte sie schnell Anschluss gefunden. Lebte in einer Wohngemeinschaft, hatte Freunde und eine spannende Karriere im Gesundheitswesen vor sich. Doch richtig angekommen ist sie nie.

Ich habe mich in der Schweiz zweitklassig gefühlt.
Autor: Fiona Kohl Ist wieder nach Deutschland zurückgekehrt

Wegen ihrer Herkunft musste sie sich immer wieder dumme und verletzende Bemerkungen anhören: «Ich weiss noch, als wir in einem Restaurant waren und einer, den ich nur flüchtig kannte, nonstop Witze über die Deutschen und mich gemacht haben. Irgendwann wurde es mir einfach zu viel und bin gegangen», erzählt Fiona und führt weiter aus: «Ich habe mich in der Schweiz zweitklassig gefühlt und wollte das nicht für mein Leben.»

Rund 50 Prozent der Deutschen gehen zurück

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Deutsche bilden die grösste Einwanderergruppe in der Schweiz. Doch: Rund 50 Prozent der Deutschen in der Schweiz sind zwischen 2011 und 2022 innerhalb der ersten fünf Jahre wieder zurück nach Deutschland. Weshalb die Rückkehrerinnen und Rückkehrer die Schweiz verlassen, ist statistisch nicht erfasst. Ein Teil der Einwanderer geht zurück nach Deutschland, weil sie sich in der Schweiz nicht willkommen fühlen.

Nach einem Jahr in der Schweiz wurden es ihr zu viele unangenehme Situationen und sie entschloss sich, wieder nach Deutschland zurückzugehen.

«Die Zackzack-Mentalität kannst du hier vergessen»

Matthias Estermann lebt seit 25 Jahren in der Schweiz und ist Präsident des Vereins «Deutsche in der Schweiz». Er weiss, worauf es ankommt, damit eine Integration gelingen kann. Dabei war es für ihn selbst auch nicht einfach.

Verein «Deutsche in der Schweiz»

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Einmal pro Monat treffen sich Deutsche in der Schweiz zum Stammtisch. Hier geben der Vereinspräsident Matthias Estermann und weitere erfahrene Zuwanderer ihre Integrations-Tipps an Neuankömmlinge weiter.

Themen wie Sprachkurse, die Schweizer Kultur und Umgangsformen, aber auch praktische und bürokratische Angelegenheiten werden hier bei einer Luzerner Currywurst diskutiert.

Rückblickend sagt er, er hätte vieles falsch gemacht. Gewisse Verhaltensweisen seien für seine Integration hinderlich gewesen. Die «Zackzack»-Mentalität der Deutschen könne man in der Schweiz «vergessen».

Man müsse es hier ruhiger angehen und könne nicht nach zehn Minuten nachfragen, ob man die Mail gelesen habe. Der Umgang mit Anfeindung allerdings bleibe schwierig. Auch Estermann, der als Reisebusfahrer in der Schweiz arbeitet, hat solche erlebt.

Matthias Estermann (rechts)  und ein weiteres Mitglied des Vereins «Deutsche in der Schweiz».
Legende: Matthias Estermann (rechts) und ein weiteres Mitglied des Vereins «Deutsche in der Schweiz». SRF

Inzwischen kann er aber Sprüche wie: «Jetzt müend die scho Dütschi astelle!» gelassener nehmen. Seine Erfahrungen gibt er im Verein «Deutsche in der Schweiz» an die Neuankömmlinge weiter.

Integrationstipp Nummer 1: Vereine

Einer dieser Neuankömmlinge ist Johannes Lehr. Er ist seit rund einem halben Jahr in der Schweiz. Er sagt, er fühle sich zu 30 Prozent in der Schweiz integriert.

Johannes Lehr beim Umziehen.
Legende: Johannes Lehr lebt erst seit Kurzem in der Schweiz und hofft darauf, Anschluss zu finden. SRF

Was ihm fehlt, ist ein Schweizer Freundeskreis. Den möchte er sich in einem Verein erschliessen. Er überlegt sich, einem Schützenverein im Kanton Zug beizutreten.

Auch deutsche Promis wie Kaya Yanar lassen sich hier nieder

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Der deutsche Komiker lebt seit zwölf Jahren in der Schweiz. Er fühlt sich hier wohl und hat «Heimweh», wenn er in Deutschland tourt. Durch seine Schweizer Frau hatte er leichten Zugang zu ihrem Freundeskreis und keine Probleme, sich hier zu integrieren.

Kaya ist allgemein «Integrationsprofi». Bereits in Deutschland hat er sich als Sohn von türkischen Eltern integrieren müssen. Schon da hat er über seine Integrationserfahrungen in seinen Stand-up-Programmen erzählt.

In den aktuellen Programmen thematisiert er seine Integration in der Schweiz. Momentan tourt der 50-Jährige mit seinem neuen Programm «Hör uf» durch die Schweiz und spielt vor ausverkauften Hallen.

Johannes findet, er sei dann völlig integriert, wenn er «präsentierfähig» Schweizerdeutsch sprechen könne. Einen Schweizerdeutschkurs will er dafür aber nicht machen, lieber «learning by doing» mit Schweizer Freunden, die er bis dahin hoffentlich gefunden habe. Das sei wohl noch ein langer Weg, aber er sei geduldig.

SRF Virus, 09.04.2024, 10:00 Uhr

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