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SRF DOK Rückkehr ins «Pornoland»

Alain Godet drehte vor 20 Jahren den Film «Heidi im Pornoland». Der Dokfilm über das Porno-Business der 90er Jahre schlug hohe Wellen. Bis heute ist es der erfolgreichste «DOK» von SRF – eine Million Zuschauer schalteten ein. Wie hat sich die Wahrnehmung von Porno verändert, fragt Godet heute?

Vor rund zwanzig Jahren erhitzte der Dokumentarfilm «Heidi im Pornoland» die Gemüter. Wochenlang spielte der «Blick» das Thema auf der Titelseite, im Nationalrat wurde über ein Verbot debattiert – der Film selber kam nur ein einziges Mal im Schweizer Fernsehen am späten Abend zur Ausstrahlung.

Die Aufregung war im Grunde umsonst, denn zu sehen gab es wenig.

Allerdings berichtete der «DOK» über eine Darstellerin, die harten Porno abdrehte.

Video
Ingrid Steegers Jugendträume
Aus DOK vom 12.11.2015.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 59 Sekunden.

Aus Porno wird «Porno-Chic»

Dies im Gegensatz zu den Produktionen der 70er Jahre (im Volksmund «Füdlifilme» genannt), in denen der Sex nur angedeutet wurde. Der Star dieser Zeit hiess Ingrid Steeger, die mit der TV-Sendung «Klimbim» millionenfach zum Liebling des deutschen Samstagabend-Couchpublikums mutierte.

Heutzutage ist die Gangart härter geworden. Die Justiz hält sich zurück, während das Internet ein Ozean aller erdenklichen sexuellen Aberrationen und Spezialitäten geworden ist.

Die westliche Gesellschaft flirtet mit dem «Porno-Chic», verhandelt in den Boulevardzeitungen den Hintern amerikanischer Filmsternchen oder breitet im TV-Format «Bachelor» Sexualdetails aus.

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Alain Godet arbeitete während vieler Jahre beim Schweizer Fernsehen, zuerst als Live-Regisseur, ab 1990 als Dokumentarfilmer und Produzent von «DOK»-Serien. Godet ist heute freier Autor.

Glatte Intimzonen und Vulva-Korrekturen

Rapper Sido zelebriert seinen «Arschficksong», Pädagogen sorgen sich um die «zunehmende Vernuttung im Kleiderstil der Schulmädchen», gestandene Frauen versuchen sich einem versteckt pädophilen Ideal anzugleichen – mit glattrasiertem Venushügel und Schamlippenkorrekturen bemühen sie sich um eine mädchenhaft gestylte Vulva.

Aufschlussreich ist, wie Angehörige anderer Kulturkreise, vornehmlich aus der islamischen Welt, derartige Verschiebungen der Intimgrenzen wahrnehmen: Syrischen Flüchtlingen beispielsweise dürfte diese «Verrohung von Sitte und Anstand», wie unsere Grossväter es formuliert hätten, als permanente Tabubrüche vorkommen, Europa – eine allfällige neue Heimat – als Hottentotten-Region.

«DOK» am Donnerstag

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«Happy Porn? Das Ende der Scham», Donnerstag, 12. November 2015, 20.05 Uhr, SRF 1

Märchen für Erwachsene

«Pornofilme sind Märchen für Erwachsene, die viele abschrecken oder verunsichern» – so das Fazit von Oswalt Kolle, dem Aufklärungsfilmer der späten 60er Jahre. Heute ist die Gesellschaft voller Bilder und Wörter, die der Durchschnittsbürger noch vor zwei, drei Jahrzehnten dem Bereich der Pornographie zugeordnet hätte.

Behält demnach Jean Baudrillard Recht mit seiner Diagnose?

«En réalité, il n’y a plus de pornographie repérable en tant que telle, parce que la pornographie est virtuellement partout, parce que l’essence du pornographique est passée dans toutes les techniques du visuel et du télévisuel.»

Übersetzt bedeutet dies:

«Tatsächlich ist Pornographie als solche gar nicht mehr wahrnehmbar, weil Pornographie allgegenwärtig ist, denn das Wesen der Pornographie hat alle visuellen Ausdrucksformen und auch das Fernsehen durchdrungen.»

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