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Maurice Velati, Vera Deragisch, Peter Brandenberger, Katrin Hug, Jörg André, Maria Lorenzetti
Legende: Für Sie im «Hallo SRF!»-Chat (von links): Maurice Velati (Leiter Regionaljournal AG SO), Vera Deragisch (Redaktorin Regional-Diagonal), Peter Brandenberger (Leiter Regionaljournal BE FR VS), Katrin Hug (Leiterin Regionaljournal ZH SH), Jörg André (Leiter Regional-Diagonal), Maria Lorenzetti (Leiterin Regionaljournal Ostschweiz und Graubünden) SRF
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23. November 2018 «Hallo SRF!»-Chat mit den Machern der Regionaljournale

Die Macherinnen und Macher der Regionaljournale haben im «Hallo SRF!»-Chat Ihre Fragen rund um die regionale Berichterstattung bei Radio SRF 1 beantwortet.

Für Sie im Live-Chat von «Hallo SRF!» 

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  • Maurice Velati (Leiter Regionaljournal AG SO) 
  • Vera Deragisch (Redaktorin Regional-Diagonal) 
  • Peter Brandenberger (Leiter Regionaljournal BE FR VS) 
  • Katrin Hug (Leiterin Regionaljournal ZH SH) 
  • Jörg André (Leiter Regional-Diagonal) 
  • Maria Lorenzetti (Leiterin Regionaljournal Ostschweiz und Graubünden) 

Die folgenden Aussagen entsprechen dem Wissensstand während der Durchführung des Live-Chats. Offene Fragen können Sie gerne an srf@srf.ch richten. 

Chatprotokoll 

Guten Tag. Ich wohne in Seengen. Bin ich hier im Auto unterwegs, muss ich meist RJ LU hören, da dieser Sender AG/SO «wegdrückt». Ärgerlich, aber irgendwie verständlich, so nahe wie LU ist. Je nach Strecke empfange ich auf derselben Frequenz sogar RJ SG, zeitweise auch einen Sender vom Zürichsee, aber nicht AG/SO. Dies ist doch des Schlechten zuviel. Beim «Tag der offenen Tür» in Aarau habe ich auf die Frage keine befriedigende Anwort erhalten; es hat vermutlich nur mich interssiert. Frdl. Grüsse 
Maurice Velati: Es ist leider tatsächlich so, dass die Sender Rigi und Säntis (RJ Zentralschweiz und RJ Ostschweiz) im Gegensatz zu den Sendern im Mittelland quasi im Vorteil sind durch ihre erhöhte Lage. Auf UKW ist deshalb der ärgerliche Senderwechsel bei einer Autofahrt kaum zu vermeiden. Eine mögliche Lösung ist das Abspeichern des Senderplatzes, während das Regionaljournal Aargau Solothurn läuft. Die beste Lösung ist allerdings ein Umstieg auf die digitale Radiotechnologie DAB. Auf DAB empfangen Sie das Regionaljournal Aargau Solothurn (und alle anderen) in der ganzen Deutschschweiz. Es tut mir übrigens leid, dass Sie keine befriedigende Antwort erhalten haben am Tag der offenen Tür – Ihre Frage begegnet uns tatsächlich sehr oft. In diesem Sinne: Danke für diese Frage! 

Nachtrag zu meiner Bemerkung: Vielen Dank für die Sendungen. Ich finde sie interessant und würde sie vermissen. Freundliche Grüsse Emil Kilcher 
Maurice Velati: Vielen Dank für dieses Kompliment, das ich gerne an die Redaktion in Aarau und Solothurn weiterleite.  

Ich wünsche mir mehr positive Nachrichten aus den Regionen, nicht immer negative geschichten! 
Maria Lorenzetti: Manchmal bringt die Aktualität nicht nur Positives. Anderseits: Wir bringen durchaus postitive Geschichten, Erfolgsgeschichten im Sport zum Beispiel oder eine seltene Tiergeburt im Zoo. Aber ich nehme ihre Anregung gerne auf für die nächsten Redaktionssitzungen.  

Wo schöpfen die Redakteure/Redakteurinnen von Blitzlicht Inspiration für ihre regionalen Geschichten? 
Jörg André: Die Regionalkorrespondenten und -korrespondentinnen von Radio SRF halten Woche für Woche ihre Augen und Ohren offen. So stossen sie z.B. in Zeitungen, Medienmitteilungen oder Lokalanzeigern immer wieder auf Randnotizen und kleine Geschichten, die sie zum Nachdenken oder Schmunzeln bringen. Zwei bis drei solche Randnotizen bieten sie dann der Redaktion von «Regional Diagonal» an. Diese macht dann eine Auswahl von je einem Blitzlicht aus jeder Region.  

Was mich sehr interessieren würde, wie lange brauchen Journalisten für 2- bis 3-minütige Beiträge? Wie viel Arbeit steckt dahinter? Grüsse aus der Region Schwyz 
Vera Deragisch: In der Regel fasst die Redaktorin, der Redaktor an der Morgensitzung einen Auftrag. Die zwei, drei Minuten-Beiträge, das sind meist News-Beiträge, die wir innerhalb eines halben Tages produzieren, heisst in ca. 2 bis 3 Stunden. Das beinhaltet das Einlesen ins Thema, das Vorbereiten und Führen der Interviews (aus dem Studio), das Texten und Töne schneiden. Es kann aber auch sein, dass weit weniger Zeit zur Verfügung steht. Zum Beispiel, wenn eine Pressekonferenz angesetzt ist und man kurz nach 11 Uhr unbedingt noch für den Mittag produzieren muss. 

Bei so viel Nähe und Verwurzelung. Wie stellt ihr sicher, dass die kritische Distanz nicht zu kurz kommt? Scheint mir manchmal ein wenig ein Problem zu sein! 
Peter Brandenberger: Ja, das ist tatsächlich nicht immer ganz einfach. Für uns ist vorab wichtig, dass wir uns immer der Rolle des kritischen Journalisten/der kritischen Journalistin bewusst sind und diese Rolle mit dem Gegenüber auch transparent klären. Dazu gibt es bei SRF die Publizistischen Leitlinien, die unter anderem den Grundsatz erhalten: «Wir machen uns nicht mit einer Sache gemein, auch nicht mit einer guten.» Die Mitarbeitenden sind weiter angehalten, bei allfälligen Interessenkonflikten in den Ausstand zu treten. Es ist auch Sache der Redaktion bzw. der Leitung, hier genau hinzuschauen. 

Wie viele Mitarbeiter arbeiten ein einer Redaktion? Z.b. beim Regi Bern? 
Maurice Velati: In der Regionalredaktion Bern Freiburg Wallis arbeiten rund 20 Personen. In der Regionalredaktion Aargau Solothurn sind es etwas weniger – insgesamt umgerechnet rund 12 Vollzeitstellen (inklusive Technik und Backoffice). Das ergibt in Aarau und Solothurn jeweils ein Tagesteam von rund 6 bis 7 Redaktorinnen und Redaktoren, welche alle Inhalte für die Radiosendungen und den Online-Auftritt realisieren. Ich habe mir erlaubt, die Beantwortung dieser Frage zu übernehmen, weil Sie in Oftringen wohnhaft sind. 

Ich danke für die kompetente Berichterstattung und hätte folgende Frage: Warum gibt es kein Regionaljournal auf Facebook? Ich hätte gerne mehr lokale Nachrichten in meinem täglichen News-Feed. 
Katrin Hug: Besten Dank für das Kompliment. Andere Regionaljournale sind auf Facebook. Zum Beispiel Basel, Bern und die Ostschweiz finden Sie unter «SRF NEWS St. Gallen». Ob Zürich Schaffhausen auch einen Account erhält, ist offen.  

Wer entscheidet, über was berichtet wird? Ist das immer der Chef? 
Maria Lorenzetti: Das sind in der Regel Team-Entscheidungen. Wir diskutieren die Themen an der täglichen Redaktionssitzung. Und ja, wenn es keine Einigung geben sollte, entscheidet die Chefin. Das kommt aber selten vor, wir gehen von einem gemeinsamen publizistischen Verständnis aus.  

Idee: Wünsche der Zuhörer sammeln und dann darüber eine Reportage machen. Wieso nicht? 
Maurice Velati: Wir haben diese Idee zum 40-Jahre-Jubiläum der Regionalredaktionen aufgenommen und sammeln aktuell Ideen. Die Regionalredaktion Aargau Solothurn hat übrigens eine ähnliche Aktion vor ein paar Jahren im Rahmen einer Ferienserie realisiert.  

Warum gibt es am Vormittag nur ein einziges Regi? Kann man dieses nicht um 7:30 und 8:30 wiederholen? 
Jörg André: Seit mehreren Jahren gibt es drei Regionaljournale am Morgen: um 06:32, 07:32 und 08:32 Uhr. Dabei handelt es sich nicht um Wiederholungen, sondern um eigenständige Ausgaben, die auch inhaltlich variieren können. So können wir in der Morgen-Primetime die nationalen und internationalen sehr gut ergänzen.  

Wie unterscheidet sich die Arbeit auf einer Regionalredaktion im Vergleich zu einer «nationalen» Redaktion? Was macht denn mehr Spass?
Katrin Hug: Radio machen macht sowieso Spass. Das Schöne an regionalen Themen ist die Nähe zu den Geschichten. Geschichten, die die Region beschäftigen. Ich könnte nicht sagen, was spannender ist. Es ist einfach ein anderer Blickwinkel.  

Mich würde interessieren, wie ihr eure Redaktorinnen und Redaktoren rekrutiert. Müssen diese zwingend in der Region verwurzelt sein? 
Peter Brandenberger: Verwurzelt sein ist genau das richtige Wort. Die Mitarbeitenden müssen «wissen, wovon sie reden», wie es in unseren publizistischen Leitsätzen steht. Es ist in der Regel von Vorteil, wenn sie im Sendegebiet aufgewachsen sind oder schon länger da wohnen. Kommt dazu, dass wir in den Regionaljournalen in Dialekt moderieren. Da ist es gut, wenn man schon an der Sprache erkennt, um welche Region es geht – jedenfalls bei einer Mehrzahl der Sprechenden. Da die Schweizer Bevölkerung immer mobiler wird, nimmt auch die Bedeutung dieses Kriteriums ab. Hauptsache, die Redaktorinnen und Redaktoren kennen die politischen und wirtschaftlichen und kulturellen Verhältnisse in ihrem Sendegebiet gut! 

Muss ein/e Regionalredkateur/in in der Region wohnen, aus der er/sie berichtet? 
Katrin Hug: Fast alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wohnen in der Region. Oder Sie sind sehr schnell im Studio. Wichtig ist vor allem, dass sie die Region gut kennen.  

Wieso gibt es nicht mehr Sport beim Regionaljournal, z.B. Liveübertragung von lokalen Eishockeyspielen ? 
Maurice Velati: In vielen Regionaljournalen wird das lokale und regionale Sportgeschehen in den Abendsendungen am Sonntag um 17:30 Uhr ausführlich thematisiert. Allerdings finden z.B Eishockeyspiele oft am Abend statt, wenn die Regionaljournale gar nicht auf Sendung sind. Zudem sind Live-Übertragungen von Sportereignissen personalintensiv – uns fehlen dazu oft schlicht die Ressourcen (beim Regionaljournal Aargau Solothurn zum Beispiel sind täglich nur 3 Reporter/innen im Einsatz). 

Ist es möglich, an Tagen, an denen nicht viel läuft und sonst einfach immer die gleichen Nachrichten wiederholt werden, Hintergrundberichte zu bringen? 
Maria Lorenzetti: Das tun wir. Wir planen gerade die Jahresendgespräche unter dem Titel «Säged Si, wie läbed Si». Ohne zuviel zu verraten: Bisher haben ein paar spannende Leute zugesagt. Sie werden über ihr Jahr berichten, und überhaupt über ihre Sicht aufs Leben. Und in den Sommerwochen spannen die Regionaljournale zusammen und realisieren gemeinsame Sommerserien. Dieses Jahr haben wir Geschichten aus 40 Jahren neu erzählt.  

Langenthal liegt am Rand des Gebiets Bern/Freiburg/Wallis. Solothurn, Luzern und Aargau liegen in unmittelbarer Nachbarschaft, das Berner Oberland und das Wallis sind weit weg. Es ist schade, dass wir gar nichts von unseren Nachbarn hören. Seht Ihr dieses Problem? Ist geplant, die Randregionen etwas besser zu vernetzen? 
Jörg André: Wir sehen das Problem. In der kleinräumigen Schweiz ist es gar nicht so einfach, die einzelnen Regionen den jeweiligen Regionaljournalen zuzuteilen. So könnte man sich durchaus fragen, ob zum Beispiel Solothurn nicht besser zu Bern gehören würde und der Aargau zu Zürich. Die heutigen Regionaljournal-Grenzen sind historisch gewachsen und wir sehen momentan keinen Grund, etwas daran zu ändern. Dank der DAB-Technologie ist es unterdessen ja auch möglich, jenes Regionaljournal zu hören, das Sie besonders interessiert. Weiter möchte ich Sie auf die Sendung «Regional Diagonal» hinweisen, die von Montag bis Samstag wichtige Themen aus allen Regionen in einem Format zusammenträgt.  

Kompliment, ich finde das Regi super! Wollte ich nur mal gesagt haben :) 
Jörg André: Herzlichen Dank für das Kompliment! Wir schätzen positive Rückmeldungen genauso wie konstruktive Kritik.  

Im Grossen und Ganzen bin ich ganz zufrieden mit der Berichterstattung aus den Regionen. Manchmal könnte man ein wenig kritischer sein, vor allem mit den Politikern. Was mich aber doch sehr interessieren würde ist: Was macht den Journalismus aus den verschiedenen REgionen bsonders spannend? 
Katrin Hug: Den Input mit dem «kritischer sein» nehmen wir gerne auf. Häufig sehen es unsere Interviewpartner auch anders und finden, wir seien sehr kritisch. Besonders spannend ist, dass jeder Tag beim Regionaljournal anders ist. Gerade in Zürich läuft viel. Jeden Tag ergeben sich neue Themen. Heute berichten wir darüber, dass es nicht nur mehr Schienen und Sitzplätze braucht in den S-Bahnen, sondern auch Bahnhöfe. Gestern berichteten wir über einen Schüler, der als Maturarbeit ein Musical schrieb, die Musik dazu komponierte und aufführte. Diese Vielseitigkeit der Themen macht unsere Arbeit so abwechslungsreich und spannend. Jeden Tag aufs Neue.  

Wieso braucht es die Regis überhaupt (noch)? Die für meine Region relevanten Infos finde ich ja überall im Internet! 
Maria Lorenzetti: In den Regionaljournalen finden sie zudem: Vertiefung, Rückfragen, Einordnungen, Reportagen vor Ort (übrigens auch im Internet). Nicht, dass die KollegInnen von den Privaten dies zum Teil nicht auch täten. Aber in vielen Regionen, in denen ein privates Medienhaus vorherrscht, sind die Regis eigentliche Monopolbrecher.  

Ich höre gerne die Regionalnachrichten. Beim Wechsel vom Regionaljournal 17.56 Uhr zu SRF 1 gibt es bis zu den Nachrichten öfters eine Pause. Diese wird mit mühsamen Gurgelgeräuschen überbrückt. Könnte nicht eine schöne Melodie eingesetzt werden? 
Schweizer Radio und Fernsehen (SRF): Der Sender wird von 17.30 bis 18 Uhr auf gesplittet in die sieben Regionaljournale. Da die Regionaljournale nicht auf die Sekunde genau gleichzeitig fertig sind, wird die Zeit bis alle zurückgeschaltet sind mit diesen «Gurgelgeräuschen» überbrückt. Würde in dieser Zeit ein Musiktitel für zehn oder fünfzehn Sekunden eingespielt, tönt dies auch sehr unschön.  

Manchmal fehlt mir die journalistische Distanz. Vor allem bei der reg. Berichterstattung über lokale Politiker (per Du etc.). Muss das sein? 
Maurice Velati: Diese spannende Frage wurde heute in der Sendung Treffpunkt von Radio SRF1 thematisiert (siehe https://www.srf.ch/play/radio/treffpunkt/audio/wie-viel-naehe-vertraegt-lokaljournalismus?id=78636bca-2aaa-4032-978b-624272c8b5a9&station=69e8ac16-4327-4af4-b873-fd5cd6e895a7). Eine gewisse Nähe zu lokalen und regionalen Politiker:innen lässt sich kaum vermeiden, wenn man selber aus der Region für die Region berichtet und gewissen Menschen immer wieder begegnet. Wichtig ist, dass sich Politiker/innen und Journalist/innen ihrer Rollen bewusst sind. Auch wenn ich jemanden persönlich oder seit langer Zeit kenne, so halte ich als Journalist trotzdem Distanz und erlaube mir zum Beispiel kritische Fragen. Aus diesem Grund verzichten wir zum Beispiel in Interviews konsequent auf «Duzis» – auch wenn wir mit einer Person ausserhalb unserer Rolle als Journalisten per Du sind.  

Hey wie stellt ihr sicher, dass eure Reportagen wirklich immer objektiv sind? Werden Beiträge zum Beispiel innerhalb der Redaktione «gegengehört»? 
Maurice Velati: In den SRF-Redaktionen gilt das 4-Augen-Prinzip bzw. 4-Ohren-Prinzip. Das heisst: Der verantwortliche Produzent oder die verantwortliche Produzentin kontrolliert alle Beiträge, bevor sie ausgestrahlt werden. Aus diesem Grund wird am Ende der Abendsendung jeweils darauf hingewiesen, wer für die Sendung «verantwortlich» ist. Das ist die Person, welche die Qualitätssicherung gewährleistet, die Sie angesprochen haben.  

Wie findet ein Journalist gute Geschichten? Von wo kommen die Inputs? 
Vera Deragisch: Die Inputs kommen aus ganz verschiedenen Kanälen. Viele erreichen uns via Medienmitteilungen. Oder wir besuchen eine Medienkonferenz und berichten danach darüber. Wichtig sind auch die Nachrichtenagentur SDA sowie die regionalen Zeitungen. Hier gibt es immer wieder Geschichten, die wir aufgreifen oder überlegen, wie wir sie weiterdrehen können. Natürlich wird aber auch von den Redaktoren, Redaktorinnen selber erwartet, dass sie mit Themenvorschlägen zur Sitzung erscheinen. Viele haben auch Spezialgebiete, aus denen sie mögliche Themen schöpfen. Oder sie führen eine Liste, auf die sie (zum Beispiel bei Themennot) immer wieder zurückgreifen können.  

Was war die prägendste Geschichte mit Blick auf die letzten vier Jahrzehnte? 
Peter Brandenberger: Bei mir als Leiter des Regionaljournals Bern Freiburg Wallis waren es letztlich die Berichterstattungen über katastrophale Wettersituationen wie bei den Unwettern in Brig 1993, dem Lawinenwinter 1999, Sturm Lothar oder in Gondo im Jahr 2000. Da hat mich die Nachricht, dass in Gondo im Wallis Häuser weggespült und Menschen in den Tod gerissen wurden an einem Samstag in Adelboden erreicht. Da wusste ich, jetzt zählt nur noch eines: Sofort Mitarbeiter-/innen aufbieten, selber nach Bern reisen und zu koordinieren beginnen. Damit wir die betroffene Bevölkerung möglichst rasch mit lebensnotwendigen Informationen versorgen können und alle in der näheren und weiteren aufdatieren können, was wirklich passiert ist, was die Behörden tun und raten und wie sich die Situation entwickeln könnte. Die Folgen des Unwetters gingen mir und dem Team sehr nahe, umgekehrt war es auch befriedigend festzustellen, dass sich das Publikum nach Informationen sehnt und für unseren Service – zeitweise rund um die Uhr – sehr dankbar war.  

Gibts künftig auch nur Info auf den Regis oder ist auch Talk und Unterhaltung angedacht. Ihr habt Talente, die könnten sowas. 
Maria Lorenzetti: Information gehört zu unserem Auftrag. Aber Talk kommt nicht zu kurz. Gerade heute hat Hanspeter Trütsch, einer der ersten Regionaljournalmacher live von den Anfängen der Regis erzählt. Ich war im Chat und habe die Sendung nicht gehört – aber er hatte bestimmt Amüsantes zu erzählen. Und: Danke für die Blumen!  

Mal ganz direkt: Ist der Regionaljournalismus schwieriger als «normaler» Journalismus oder im TV? Ist es schwieriger, aus den Regionen ausgewogener zu berichten? Würde mich sehr freuen über eine Antwort! 
Maurice Velati: Im Regionaljournalismus gilt die Devise: Man trifft sich immer zweimal. Das heisst konkret: Wenn ein Schweizer Journalist zum Beispiel kritisch über einen Staatspräsidenten in einem weit entfernten Land berichtet, dann muss er kaum eine direkte Reaktion erwarten. Wenn wir über Gemeinde- oder Kantonsregierungen berichten, dann gibt es bei Fehlern oder auch nur bei kritischer Berichterstattung häufig sofort eine Reaktion. In diesem Sinne würde ich Ihre These bestätigen: Regionaljournalismus erfordert sicherlich sehr viel Fingerspitzengefühl und Fairness. Und trotzdem dürfen und wollen wir natürlich nicht unkritisch sein. Das ist manchmal eine Gratwanderung. Gerade dieser Aspekt unserer Arbeit aber macht für mich persönlich den Reiz des Regionaljournalismus aus.  

Wieso gibt es (fast) keine News von kleinere Gemeinden und Bezirken im Regionaljournal Zürich Schaffhausen? 
Katrin Hug: Wir bemühen uns sehr, auch über kleinere Gemeinden zu berichten. Wir haben das Privileg, dass in der Region Zürich Schaffhausen sehr viel läuft. Die Konkurrenz der Themen ist also gross. Aber wir gehen immer wieder in kleinere Gemeinden auf Reportage. Diese Gemeinden liegen uns sehr am Herzen. Und wir sind natürlich offen für Input. Wenn Sie also eine gute Geschichte wissen, oder von einem Knatsch gehört haben, ein Knatsch, der auch andere Menschen in der Region interessiert, schreiben Sie uns. Zum Beispiel auf zuerich@srf.ch. 

Warum gibt es kein Regionaljournal für die welschen Kantone? Es sind hier so viele Deutschschweizer! Und auch wenn ich fliessend französisch spreche, höre ich doch immer noch viel lieber deutschschweizer Radio!! Das wünsche ich mir für die Zukunft! Schlieeslich gehört die Westschweiz auch zu der Schweiz... 
Jörg André: Grundsätzlich sind unsere welschen Kolleginnen und Kollegen von RTS für den französischsprachigen Teil der Schweiz zuständig. Sie decken auch die regionalen Informationen ab. Dennoch kommt die welsche Schweiz am deutschsprachigen Radio vor: Unsere Korrespondenten in Lausanne berichten regelmässig aus der Westschweiz. Speziell in der Sendung «Regional Diagonal» (Mo bis Fr um 16:30 Uhr und Sa um 12:03 Uhr) berichtet über regionale Themen aus dem Welschland. Zudem können Sie dank DAB+ jederzeit das Regionaljournal ihrer Wahl hören. 

Mir fehlt manchmal etwas die Interaktion mit den Zuhörern und Zuhörerinnen. Ist es angedacht, das Regi etwas interaktiver zu gestalten, sodass man zum Beispiel auch während der Sendung Fragen zu den Beiträgen stellen kann, falls einem etwas unklar ist? 
Katrin Hug: Das ist grundsätzlich eine tolle Idee. Wir denken darüber nach. 

Das letzte Regi kommt um 17 Uhr 30. Sind die Zeiten in Stein gemeisselt? 
Maria Lorenzetti: In Stein gemeisslet ist ja fast nichts. Aber für die Regizeiten ist im Moment nichts anderes geplant. Die Sendungen kann man aber jederzeit in der Play SRF App hören. Oder auch üer die Webseiten der Regionaljournale.  

Nach welchen Kritieren wählt/produziert ihr Beiträge für die Regionaljournale? Wieso immer so viel Politik? 
Peter Brandenberger: Wir sind eine Informationssendung für die Region und haben unseren Auftrag so definiert, dass wir primär über das politische, wirtschaftliche und kulturelle Leben berichten wollen. Im Konzessionsauftrag an die SRG steht, dass die SRG zur freien Meinungsbildung beitragen soll. Das ist gerade auch im Hinblick auf Abstimmungen und Wahlen sehr wichtig. Wer entscheiden will, muss auch verstehen, was von wem wie (politisch) entschieden wurde. Deshalb gilt Politik als Kerngeschäft, und nimmt entsprechend viel Raum ein. Wir (ich rede jetzt primär vom Regi Bern) greifen aber auch immer wieder Themen «aus dem Leben» auf, bei denen es um das Zusammenleben in der Gesellschaft geht. Oder gehen, wie diesen Herbst, nach dem Zufallsprinzip (Los) in einen Ort und greifen dort Geschichten auf, die das Leben schreibt. 

Stellen Sie auch Leute ohne grosse journalistische Erfahrung beim Regionaljournal ein? 
Maurice Velati: Das Regionaljournal wird von einem ziemlich kleinen Team realisiert (rund 6-7 Redaktor/innen pro Tag). Mitarbeitende mit einem grossen Aus- und Weiterbildungsbedarf sind für ein so kleines Team eine relativ grosse zusätzliche Belastung. Aus diesem Grund sind wir auf journalistisch kompetente Mitarbeitende angewiesen. Allerdings bieten wir in den Regionalredaktionen immer mal wieder Praktika an zum Beispiel für Journalismus-Student/innen ohne grosse Praxiserfahrung. Auch Umsteiger/innen – zum Beispiel aus dem Printbereich – finden über die Regionalredaktionen oft den Weg zu den elektronischen Medien.  

Wie lange dauert es, um ein Regionaljournal zu produzieren, und wie viele Journalisten und Journalistinnen sind in einer Sendung involviert? 
Vera Deragisch: Die 30-minütige Abendsendung entsteht in der Regel am selben Tag. Heisst: Bei den Sitzungen am Morgen und am Mittag werden die Themen besprochen und zugeteilt. Die RedaktorInnen machen sich an die Beiträge. Natürlich gibt es auch gewisse Beiträge, die über mehrere Tage entstehen. Und nicht einberechnet ist auch die Zeit, die es braucht, um gewisse grössere Geschichten/Reportagen aufzugleisen. Dies geschieht meist in der Vorwoche. Für die Abendsendung braucht es einen Produzenten, eine Moderatorin sowie zwei bis drei Reporter. (Diese Gruppe produziert zum Teil auch schon Beiträge für die Mittagssendung). Und nicht zu vergessen ein Onliner, der/die unsere On Air-Themen auch noch fürs Web aufarbeitet. 

Schade, dass früher gestellte Fragen nicht erscheinen und beantwortet werden. Ich möchte die erste BE-FR-VS-Sendung INKL. dem vollständigen Signet nachhören. Könnten Sie das anbieten? 
Peter Brandenberger: Ich hatte Ihre Frage durchaus auf dem Radar. Wir haben heute in unserer Abendsendung (soviel ich weiss) auf Ihre Anregung hin schon mal das ganze Signet (von ABBA...) eingespielt. Und wir werden auch die ganze erste Sendung noch Online zu stellen versuchen, allerdings wohl frühestens am Sonntag.  

Es wird hin und wieder über Solarenergie berichtet. Da zu gehören Speicher, das PSI schreibt bis 2050: 2 – 3 TWh nötig. Realisierbarkeit, Kosten, wann berichtet Ihr darüber? PS. Linth Limmern hat 0.037 TWh. 
Jörg André: Es gibt immer wieder Gelegenheiten über Solarenergie zu berichten, und dies tun die Regionaljournale auch. In diesem Chat möchten wir jetzt aber eher konkrete Fragen zur Arbeit der Regionalredaktionen beantworten.  

Guten Tag, ich würde es gut finden wenn das Publikum miteinbezogen wird, z.b. bei der Filmauswahl könnte man mal wieder einen Wunsch Film Abend machedn, wo die Zuschauer zwischen drei verschiedenen Filmen auswählen kann. Ist das in Zukunft vielleicht geplant ? 
Vera Deragisch: Geplant nicht, aber wir nehmen diese Idee gerne auf und leiten sie der Filmredaktion weiter.  

Finde das Regionaljournal richtig gut! Gerne würde ich dabei folgendes erfahren: Wie hat denn die Digitalisierung den Regional-Journalismus verändert? Was ist anders als früher? 
Maurice Velati: Die Digitalisierung hat den Journalismus generell verändert: Das Tempo ist noch höher als früher (früher galt Radio als das schnellste Medium, heute sind es natürlich Online-Liveticker). Zudem publizieren wir unsere Inhalte heute natürlich auf mehreren unterschiedlichen Kanälen (Radio, Website srf.ch/news, soziale Medien wie Twitter oder Facebook), was einerseits mehr Aufwand verursacht und andererseits neue Kompetenzen der Mitarbeitenden notwendig macht. In den Regionalredaktionen von SRF arbeiten die Journalistinnen und Journalisten seit 2012 bimedial. Das heisst, dass sie neben der Produktion von Radiobeiträgen auch Online-Texte schreiben sowie Fotos und/oder Videos herstellen. Zusammenfassend könnte man sagen: Die Digitalisierung hat unseren Job sicher spannender gemacht, aber nicht weniger anstrengend...  

Wer hat das Regionaljournal gegründet, resp. die Idee dafür gehabt? 
Peter Brandenberger: Es gab schon ab den 60er-Jahren Lokalsendungen, aber nur einmal pro Woche am Sonntagabend. Bei den Machenden und vor allem auch bei den regionalen Trägerschaften in Basel, Bern, in der Innerschweiz, in der Ostschweiz und in Zürich war der Wunsch gross, tägliche Regionaljournale einzuführen. Es dauerte aber bis 1978, bis es soweit war. Bei den Radiomachern gehörten unter anderen Tino Arnold in der Zentralschweiz, Fredy Weber in der Ostschweiz und Peter Läuffer in Bern zu den treibenden Kräften.  

Ist es heute mit allen digitalen Hilfsmitteln einfacher, eine Sendung zu produzieren als noch vor 20 Jahren? P.S.: I finge s’Regi Bärn super, danke viu mau! 
Jörg André: Zuerst: Herzlichen Dank für das Kompliment! Ja, es ist wesentlich einfacher und auch schneller geworden. Haben wir früher noch Bänder geschnitten, läuft heute alles mit Computern und Smartphones. Wir können mit einer speziellen App jederzeit und ortsunabhängig live berichten. Auch das Überspielen von Beiträgen ins Studio dauert heute nur noch wenige Sekunden. Was gleich geblieben ist: Wir müssen uns immer noch jeden Tag bemühen, eine attraktive Sendung zu gestalten.  

Keine Frage, eine Feststellung. Zuerst aber: Das Regionaljournal BE/FR/VS ist okayest! Merci viumau. Jetzt: Ich finde es richtig schabernackig und daneben, wenn die Moderatoren einander siezen, völlig unnatürlich! Findet ihr nicht auch? Ihr könnt euch doch auch in der Sendung duzen, völlig normal. 
Schweizer Radio und Fernsehen (SRF): Ihr Kompliment freut uns, vielen Dank. Das Regionaljournal ist eine Informationssendung. In Informationssendungen bleiben wir grundsätzlich beim Sie. Der Zuhörer würde die Person auch per Sie ansprechen und somit sind wir auf gleicher Ebene.  

Gute Arbeit. – Bezüglich Regibern: Schade, haben Sie die Domain regibern.ch abgegeben. -> Es wäre toll, wenn Sie ein paar vollständige Sendungen aus der Anfangszeit (vor allem mit dem bitte vollständigen! Signet) zum Nachhören aufschalten könnten. 
Peter Brandenberger: Noch diese Antwort: Signet haben wir heute tatsächlich gespielt, habe ich aus Bern gehört (Chat ist auswärts). Erste Sendung stellen wir wohl morgen online. Und ja, regibern.ch war eingängig, aber in einer früheren Internetphase nicht bei DRS eingebunden. Ich finde: Bern@srf.ch als Mailadresse und srf.ch/Bern sind auch noch gäbig.  

Ich wünsche mir manchmal etwas mehr Geschichten im kulturellen Bereich. Lässt sich da etwas machen? 
Jörg André: Kultur gehört in den Regionaljournalen zum Kerngeschäft, genauso wie Politik und Wirtschaft. Wir bemühen uns, die wichtigen und ausserordentlichen Veranstaltungen in der Region abzudecken. Wir müssen dabei aber schauen, dass wir ein ausgewogenes Programm anbieten. Für eine vertiefte Berichterstattung zur Kultur verweise ich Sie auf SRF2 Kultur.  

Heute bezeichnete sich ein Mitarbeiter vom Regionaljournal als «Radiomacher». Er macht wohl kaum Radios. Besser finde ich die Bezeichnung «JournalistIn« – wer die Ausbildung hat, oder «Redaktor/Redaktorin» oder «Moderatorin/Moderator». Die Technik müsst ihr heute sowieso selber machen :-) Ich begann in den 70er Jahren als freier Mitarbeiter bei der Lokalsendung in Bern bei Verena Bürki und This Lauterburg. Mein erster Beitrag wurde nicht gesendet. 
Peter Brandenberger: Vielen Dank für Ihre Gedanken zu unserer Berufsbezeichnung – und vielen Dank für Ihren Hinweis, dass Sie vor den täglichen Regisendungen bei uns mitgearbeitet haben. Ich melde mich bei Ihnen. 

Sehr gute Reportage. Wäre schön noch ein wenig mehr Reportage vom Berner Jura. Würde das Zweisprachige fördern in einem Kanton Bern der zweisprachig ist. Danke 
Jörg André: Die Zweisprachigkeit liegt uns sehr am Herzen. Dies ist ein wichtiges Bindeglied im Regionaljournal Bern Freiburg Wallis. Deshalb bemühen wir uns, immer wieder Berichte aus dem Berner Jura zu bringen. Dabei gibt es aber zu berücksichtigen, dass der Berner Jura nur ein ganz kleiner Teil des Kantons Bern ist. Wir dürfen andere Regionen wie das Oberland oder das Emmental aus diesem Grund auch nicht benachteiligen.  

Ich höre das Regi schon seit Jahren und finde es eine sehr spannende Sendung. Eine Anregung hätte ich: Manchmal fände ich etwas mehr positive Geschichten aus der Region schön, man hört ja schon genug Schlimmes in anderen Infosendungen von SRF. 
Peter Brandenberger: Danke für Ihre Komplimente. Ich persönlich höre gar nicht so selten, dass das Regionaljournal gefalle, weil es weniger Schlimmes und Negatives sende als andere Informationssendungen. Das freut mich jeweils, weil ich dies durchaus auch als wichtigen Teil unseres Auftrags halte. Aber wenn etwas passiert, dürfen wir es natürlich nicht verschweigen, und auch Informationen über das politische und wirtschaftliche sind sehr wichtig. Schliesslich haben wir von der Konzession den Auftrag, zur freien Meinungsbildung beizutragen. 

Chat-Admin: Der Live-Chat ist beendet. Leider konnten in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht alle Fragen beantwortet werden. Bei offenen Fragen können Sie sich gerne an srf@srf.ch wenden. 

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