Trainer Darren Cahill hatte im März in Miami genug gesehen. Sein Schützling Simona Halep hatte soeben den Viertelfinal gegen Johanna Konta verloren und dabei im dritten Satz keinerlei Aufbäumen gezeigt. Dem Australier missfiel Haleps Einstellung so sehr, dass er eine Pause brauchte. Der Ex-Trainer von Andre Agassi legte die Zusammenarbeit auf Eis.
Talent ja - mentale Stärke nein
Diese Episode fasst die bisherige Karriere Haleps ziemlich akurat zusammen. Das Talent der 25-Jährigen war immer unbestritten, ihre Einstellung hingegen keineswegs. Nicht selten verlor Halep in engen Situationen die Contenance und steckte den Kopf in den Sand. So auch bei besagtem Match in Miami.
Ich wusste, dass ich etwas ändern muss, um etwas zu erreichen.
Der «Liebesentzug» ihres Coaches öffnete der sensiblen Athletin aber scheinbar die Augen. «Es war eine Art Weckruf. Ich wusste, dass ich etwas ändern muss, um etwas zu erreichen.» Halep bat Cahill, sie zum Turnier in Madrid zu begleiten und versprach ihm, sich zu bessern. Mit Erfolg: Sie gewann das Turnier, erreichte in Rom den Final und machte sich damit zur Mitfavoritin auf den French-Open-Titel.
Tolles Comeback gegen Switolina
Nun steht Halep an der Porte d'Auteuil zum zweiten Mal nach 2014 im Final. Und sie stellte im bisherigen Turnierverlauf unter Beweis, dass sie mental gewachsen ist.
Als sie im Viertelfinal gegen Jelina Switolina mit 3:6, 1:5 zurücklag, erinnerte sie sich an das Versprechen, das sie ihrem Coach gegeben hatte. Sie erlief fortan jeden Ball, kämpfte sich eindrücklich zurück und gewann den dritten Satz schliesslich mit 6:0.
Turniersieg und Nummer 1?
Vielleicht war diese Leistung das Schlüsserlebnis auf dem Weg zum ersten Major-Titel. Und zur Nummer 1. Denn sollte Halep das Turnier gewinnen, würde sie am Montag erstmals den Weltranglisten-Thron besteigen. Es wäre nicht zuletzt auch das Verdienst von Coach Darren Cahill.
Sendebezug: SRF zwei, sportlive, 8.6.17, 15 Uhr