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Bühne Souffleuse – Ein unsichtbarer Beruf, der unverzichtbar ist

Sie ist unverzichtbar und doch unscheinbar: die Souffleuse. Längst sitzt sie nicht mehr in einer Box am Bühnenrand, sondern gut sichtbar in der ersten Reihe. Doch trotz dieser Präsenz im Zuschauersaal wissen die wenigsten, was es bedeutet, Souffleuse zu sein. Eine Begegnung mit einer «Unsichtbaren».

Ulla von Frankenberg – so klingend der Name, so gewinnend die Person. Silbernes Haar, eine kreisrunde schwarze Brille, helle blaue Augen. Feine Gesichtszüge, ein zierlicher Körper, versteckt in einem groben Herrenhemd. Seit 25 Jahren arbeitet sie am Theater Basel als Souffleuse.

Mit aufrechter Haltung und wachem Blick steht Ulla von Frankenberg auf der Probebühne hinter einem Stehpult. «Ich bin eine nervöse Souffleuse, ich kann nicht sitzen. Und ich bin gerne auf Augenhöhe mit den Schauspielern», sagt sie.

Intensive Probearbeit

Eine Frau mit grauem Haar und einen runden, goldenen Brille.
Legende: Ulla von Frankenberg ist seit 25 Jahren Souffleuse am Theater Basel. Theater Basel

Nicht nur während der Aufführungen, sondern auch während der Proben ist die Souffleuse stark gefordert. Vor Ulla von Frankenberg aufgeschlagen liegt auf dem Stehpult das Drehbuch mit zahlreichen Notizen. Häkchen, Kreise und Unterstreichungen zieren den Text. Die Souffleuse lauscht aufmerksam den Gesprächen, die während der Probe geführt werden, und notiert alle Textänderungen und Anpassungen.

In der rechten Hand hält sie einen Bleistift, mit den Fingern der linken Hand gleitet sie den Text entlang. Sie folgt jeder Zeile, welche die Schauspieler gerade üben. Denn in der Anfangsphase kennen die Schauspieler und Schauspielerinnen den Text noch nicht so gut. Damit sie nicht an den Textbüchern kleben, sondern frei spielen können, gibt ihnen Ulla von Frankenberg immer wieder Hilfestellung. Oft spricht sie nur ein Wort oder gar eine Silbe, und schon findet der Schauspieler zurück in den Text.

Mit der Grubenlampe durch die Dunkelheit

In der Vorstellung ist dies anders. Dort flüstert die Souffleuse nur ein, wenn eine Zäsur zweifelsfrei zu lange ist. Und das kommt selten vor. «Ich muss merken, ob der Schauspieler eine Kunstpause macht oder ob er wirklich einen Hänger hat.» Dies zu unterscheiden, erfordere viel Feingefühl. «Ich begleite den Schauspieler auf dem Weg von den ersten Proben bis zur Aufführung. Ich weiss ganz genau Bescheid über sein Temperament, über seine Befindlichkeit und über seine Beziehung zur Rolle. Deshalb merke ich, ob er mich braucht, oder nicht.»

Entwickelt hat Ulla von Frankenberg über die Jahre nicht nur ein feines Gespür für die Schauspieler. Sie hat auch ihre Arbeitsweise und ihre Arbeitsinstrumente entwickelt. Um den Hals gehängt hat sie eine Grubenlampe. Statt an der Stirn trägt sie die Lampe an der Kehle, so dass der Lichtkegel direkt auf das Drehbuch scheint. «Ich muss mich im Dunklen gut zurecht finden. Ich kann nicht wegen einer Bagatelle die Konzentration verlieren.»

Von der Box in die erste Reihe

Bei einer Vorstellung verfolgt Ulla von Frankenberg das Geschehen auf der Bühne von der ersten Reihe aus. Das Bild der Souffleuse, die in einer schwarzen Box am vorderen Rand der Bühne sitzt, ist längst veraltet.

«Früher wollte man verstecken, dass der Schauspieler einen Texthänger haben kann. Heute ist es keine Schande mehr.» Diese Präsenz in der ersten Reihe sei zunächst ungewohnt gewesen, Ulla von Frankenberg spricht gar von einem «Schock». Doch sie habe gelernt damit umzugehen.

Die Wahrnehmung des Berufs habe sich mit dieser Präsenz verändert. «Heute ist man sich bewusst, dass Theaterspielen ein menschlicher Vorgang ist und dass es eine Souffleuse braucht. Die Live-Situation wird durch das Zeigen der Souffleuse anerkannt.»

Berufung Souffleuse

Nach der Ausbildung zur Schauspielerin wollte Ulla von Frankenberg die Zeit bis zum ersten Engagement überbrücken und jobbte als Souffleuse. Schon bald nahm sie die Aufgabe sehr ernst, sie wurde weiterempfohlen und blieb dabei.

«Als Souffleuse bin ich ganz nah dran am Geschehen, aber ich habe nicht die Verantwortung, die der Regisseur hat.» Die Ausbildung als Schauspielerin sei von grossem Nutzen. «Man muss schon wissen, worauf man sich einlässt und das Theater lieben, mit all seinen Facetten.»

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