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Böse Kinderwerbung: «Papi, kaufst du mir das?»
Aus Espresso vom 14.12.2018. Bild: Colourbox
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Böse Kinderwerbung «Papi, kaufst du mir das?»

Ein Buch will Kindern erklären, wie Werbung funktioniert. Und den Eltern die Situation an der Kasse erleichtern.

Sie führen oft zu unschönen Szenen zwischen Eltern und Kindern: «Quengelwaren». Produkte im Supermarkt, die bunt bedruckt, prominent platziert, doch oft ungesund sind. Marketing- und Werbespezialisten wissen genau, wie man Kinder und ihre Vorlieben ausnutzen kann, um Produkte zu verkaufen.

Aber wie erklärt man einem Kind, was Werbung ist? Karin Burger hat eine einfache Antwort: «Die Werbehexen stellen überall Sachen hin, die die Kinder haben wollen. Und das nennt man Werbung.»

Kritische Cornflakes

Die PR-Spezialistin hat ein Buch geschrieben, das Werbetricks spielerisch entlarven will – für Kinder. «Werbehexen» heisst das Buch und darin spüren Leo und Hannah diese Hexen auf: im Supermarkt, im Internet, im Fernsehen, sogar auf dem Spielplatz.

«Es gibt verschiedene Untersuchungen und Studien, die beweisen, dass Werbung gezielt so gemacht wird, dass Kinder Dinge wollen, die für sie weder gut noch gesund sind», erklärt Burger. Etwa Frühstücksflocken: Die Kinderpackungen sind oft mit bunten Cartoons bedruckt. «Aber die Kinder-Varianten enthalten 65 Prozent mehr Zucker, als die für Erwachsene», sagt Burger.

Solches Marketing sei unfair und ungerecht. Eine klare Grenze zwischen «anständiger» und «unanständiger Werbung» lässt sich zwar nicht ziehen, aber eine Diskussion anregen schon. Und das will Burger. Ihr Ziel? Die Werbebranche soll mehr Verantwortung übernehmen.

«Viele Werber sagen: Das wolle der Kunde so und geben die Verantwortung zurück an die Firmen», sagt Burger. «Ich möchte aber, dass Leute, die Werbung kennen und wissen, wie man Kommunikation gestaltet, sagen: ich werde das Produkt nicht bewerben, denn ich will nicht dazu beitragen, dass Kinder ungesundes Zeug essen und immer dicker werden.»

Auf die Kleinen los

Als krasses Beispiel nennt Burger die FIFA-Fussball-WM, dessen Hauptsponsor Coca-Cola ist. «Cola ist nachweislich nicht gesund für Kinder. Aber weil die Fussballstars und Agenturen dafür Werbung machen, wollen die Kinder dauernd Cola trinken», sagt Burger. «Vor allem im Sportumfeld sollte man kritisch drüber nachdenken.»

Man sei sich der besonderen Verantwortung beim Thema Kinderwerbung durchaus bewusst, entgegnet Thomas Meier, Medienbeauftragter des Dachverbands Kommunikation Schweiz. «Wir müssen aufpassen, dass wir nicht auf Kinder und Jugendliche losgehen, das heisst auf Personenkreise, die sich nicht selber wehren können», sagt er.

Dass es durchaus fragwürde Werbung für Kinder gibt, gesteht er ein. «Das gibt’s das müssen wir nicht wegdiskutieren. Die Frage ist: wie reagieren wir darauf?»

Acht Kinderregeln

In der Schweiz gibt es dafür die Lauterkeitskommission des Verbands und Regeln. «Wir beziehen uns, wenn es um Kinder geht, auf den Codex der internationalen Handelskammer, wo es klare Regeln gibt bezüglich Werbung, die sich auf Kinder und Jugendliche richtet», erklärt Meier. «Der internationale Kodex ist jedoch sehr allgemein gehalten.»

Der Deutsche Werberat hat daraus acht «Kinderregeln» abgeleitet. Etwa, dass Werbung keine direkten Kaufaufforderungen an Kinder enthalten soll. Und dass Werbung nicht das «besondere Vertrauen» von Kindern in die Eltern «missbräuchlich ausnutzen» darf.

Über Kinder-Werbung für Nahrungsmittel schweigt der Deutsche Werberat jedoch. Die internationale Handelskammer erwähnt das Thema in ihrem Kodex zwar prominent, verweist aber bloss auf weitere allgemeine Richtlinien. Das alles genüge nicht, findet Karin Burger. «Es brauche strengere Gesetze und mehr Verbote.»

Branchenverband hält nichts von Verboten

Am Nachmittag in den Kindersendungen Werbung für zuckerhaltige Produkte zu machen, sollte verboten werden. «Auch hier ist erwiesen: einmal gesendet, löst es bei den Kindern Lust auf Zucker aus und die rennen zum Süssigkeitenschrank», sagt Burger.

Beim Branchenverband hält man von solchen Verboten allerdings nichts. Die Kräfte der Selbstregulierung sollen es richten. Eine Grundhaltung, die vom Schweizer Parlament mitgetragen wird. So sind künftig vor allem die Eltern gefordert. Immerhin haben sie jetzt mit Leo und Hannah gewiefte Detektive an ihrer Seite, die die Werbehexen entzaubern.

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