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Garten: Kultur und Natur Ganz schön blumig: Fünf Buch-Tipps für die Gartenlaube

«Neben den Gaben des Geistes und der Kunst sind die der Natur die einzigen, die uns nicht im Stich lassen, wenn es wirklich ernst wird», schrieb Hermann Hesse. Er war nicht der einzige Dichter, der die Natur liebte: Fünf Tipps zu literarischen Gartenbüchern der SRF-Literaturredaktion.

  • 1. «Der Garten über dem Meer» (Mercè Rodoreda)

    Garten mit Blick aufs Meer.
    Legende: Mercè Rodoreda dient der Garten als Ort für Geschichten. Colourbox

    Sechs Sommer lang beobachtet der Gärtner einer Residenz in der Nähe von Barcelona das Kommen und Gehen seiner Herrschaften. Wenn die jungen Leute sich im Meer oder im Garten vergnügen, treibt er sich beim Blumenbeet herum und tut, als wäre er zu beschäftigt, um sie zu belauschen. Gleichzeitig ist der alte Mann Vertrauensperson und Klagemauer für die Besitzer, Gäste oder Angestellten. Er verhält sich diskret, aber als Einziger weiss der Gärtner alles, was läuft.

    «Der Garten über dem Meer» ist ein melancholischer, tiefgründiger Roman, geschrieben in einem speziellen erzählenden Ton. Die katalanische Schriftstellerin Mercè Rodoreda, die übrigens selber eine leidenschaftliche Gärtnerin war, kreiert darin ein stimmungsvolles Bild der Zwanzigerjahre und zeigt das dekadente Leben einer reichen Gesellschaft in Spanien. Rodoreda hat dieses lesenswerte Buch in den 1960er-Jahren im Exil in Genf geschrieben. Erst kürzlich ist er auf Deutsch erschienen.

  • 2. «Wenn der Garten blüht» (Aleksia Sidney, Hrsg.)

    Violette Blumen in einem üppigen Garten, dahinter ein rotes Haus.
    Legende: Der Garten, eine «Todsünde der Kleinbürger»? Bertolt Brecht jedenfalls konnte sich für die Blumenpracht begeistern. Colourbox

    Hesse preist den Duft des Veilchens, Brecht erfreut sich an der Blumenpracht im Garten, Busch beobachtet die Blattlaus an der Rose und Goethe verliebt sich in ein Blümchen am Waldrand: Er gräbt es aus und pflanzt es dann in seinen Garten. Hier blüht es so schön, dass der Dichter sich fragt: «Was hat ein Gärtner zu reisen?»

    Dieses Buch versammelt die schönsten Geschichten und Gedichte über das Wunder und den Zauber der Natur, über die Freuden und Leiden des Gärtners, die Rückenschmerzen, das wuchernde Unkraut oder die gefrässigen Schnecken. Ein wunderbares Lesebändchen, ganz nach dem Motto von Cicero: «Wenn du einen Garten hast und dazu noch eine Bibliothek, wird es dir an nichts fehlen.»

  • 3. «Blumenmärchen» (Ernst Kreidolf)

    Zeichnung von Fantasie-Figuren, die durch Blumen gehen.
    Legende: Mit zartem Pinselstrich: eine Illustration von Ernst Kreidolf in seinem Buch «Blumenmärchen» (1898). Ernst Kreidolf

    «Butterblume Ausfahrt hält mit klein Butterblümchen; ja so schön ist’s auf der Welt nirgends wie beim Mühmchen.» Wer kennt sie nicht, die Bilderbücher mit den Illustrationen von Ernst Kreidolf – jene Blumenkinder, die man heute als Figuren in Gartencentern und Esoterik-Läden findet.

    Sein erstes Kinderbuch «Blumenmärchen» hat der Schweizer Autor und Illustrator 1898 herausgegeben. «Butterblumes Ausfahrt» ziert das Titelbild. Das Mühmchen, eine ältere Kinderfrau, ist eine Butterblume, und auf ihrem Schoss sitzt das Butterblumenkind. Sie reisen mit einer Blumenkutsche, gezogen von einem Schwalbenschwanz und einem Zitronenfalter – und auf dem Kutscherbock sitzt eine Grille. Kreidolfs elf Bilderbuch-Klassiker erscheinen wieder in einer Neuauflage: Herausgegeben vom Verein Ernst Kreidolf und erhältlich im NordSüd Verlag.

  • 4. «Der alte Garten» und «Der glückliche Gärtner» (Gabriele Tergit)

    Ein Wandgemälde eines antiken ägyptischen Gartens.
    Legende: Gartenkunst im Alten Ägypten: eine Gartendarstellung in der Grabkapelle des Nebamun, 1400–1350 v. Chr. Wikimedia

    In diesen beiden Bändchen findet man interessante Geschichten und viel Geschichtliches zu Blumen und Gärten. So liess zum Beispiel der römische Kaiser Nero bei seinen Ess-Orgien Rosenblätter auf die gedeckte Tafel regnen. In Ägypten brachte man bei einer Einladung keine Blumen, aber der Diener der Gastgeberin legte den Gästen eine Lotusblume um den Hals. Und um 1800 schenkte ein Verliebter in Frankreich seiner Flamme nicht eine Rose, sondern einen Strauss Vergissmeinnicht. Goethe wollte das Stiefmütterchen in «Gedenke mein» umtaufen, das ist die Übersetzung vom Französischen «Pensé». Neben Schmunzelgeschichten schreibt Gabriele Tergit auch über Textilarbeiter, die Blumen gezüchtet und Züchterclubs gegründet haben, vom Bedeutungswandel der Rosen, von Renaissance-Gärten oder der Tulpenwut.

    Wer dieses Buch gelesen hat, weiss alles über die Kulturgeschichte der Pflanzen und Gärten. Tergits historische Geschichtensammlung ist nicht neu. Die deutsche Schriftstellerin und Gerichtsreporterin hat diese beiden Bücher Ende der 1950er-Jahre geschrieben, der Schöfling Verlag hat sie wieder neu aufgelegt.

  • 5. «Sprechende Blumen. Ein ABC der Pflanzensprache» (Isabel Kranz)

    Eine junge Frau liegt in einer Badewanne voller roter Rosenblätter, daneben kniet ein Mann.
    Legende: Midlife-Krise treibt seltsame Blüten: Szene aus «American Beauty» (1999). dream works

    Zum Schluss noch ein Handbuch über Blumen in Film- und Literatur-Klassikern – ein «ABC der Pflanzensprache». Unter «A» steht zum Beispiel «American Beauty»: Der Film über einen Familienvater in der Midlife-Krise, der sich in die beste Freundin seiner Tochter verliebt und sich die 16-Jährige in einer Badewanne voller Rosenblätter vorstellt. Unter «K» wie «Kamelie» liest man eine Zusammenfassung der «Kameliendame» von Alexandre Dumas. Wer Duftwicken liebt, wird auf «Mrs. Dalloway» von Virginia Wolfe aufmerksam gemacht, weil Clarissa Dalloway gleich am Anfang mit einem Armvoll Duftwicken nach Hause kommt.

    Dieses aufwändig gestaltete Sachbuch ist etwas für Blumenfreundinnen und Gartenliebhaber. Ein Buch vor allem auch zum Anschauen, weil jeder Blume eine wunderschöne ganzseitige Illustration gewidmet wird. So wie man das von alten Blumenbüchern kennt.

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