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Was tun gegen sexualisierte Gewalt an Openairs?
Aus Kultur-Aktualität vom 23.06.2022. Bild: KEYSTONE/Anthony Anex
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Sexualisierte Gewalt Wie Musikfestivals Übergriffe unterbinden wollen

An Openairs kommt es immer wieder zu Übergriffen. Mit Care-Teams und Kampagnen gehen die Organisatorinnen dagegen vor.

Wer beim Montreux Jazzfestival an der Bar nach «Angela» fragt, macht klar: Er oder sie fühlt sich unwohl oder vielleicht bedrängt. «Angela» ist ein Codewort, das dem Personal signalisiert, dass es in irgendeiner Form eingreifen soll.

Das ist nur eine Massnahme, die das Jazzfestival Montreux eingeführt hat, um gegen sexualisierte Gewalt vorzugehen. Auch in der Deutschschweiz habe man das Thema im Fokus, sagt Nora Fuchs.

Sensibilisierung auf dem Festivalgelände

Fuchs ist Mediensprecherin und Mitglied der Festivalleitung beim Openair St. Gallen. «Wir haben verschiedene Präventionsbotschaften auf dem Hauptbühnen-Screen, die das Publikum dazu motivieren sollen, auf die Mitmenschen achtzugeben.»

Zudem werde das Gelände möglichst gut ausgeleuchtet, und die Security-Leute seien sensibilisiert auf das Thema. «Ausserdem haben wir die Jugendfachstelle vor Ort, die ebenfalls Präventionsarbeit leistet», erklärt Fuchs. Dazu komme ein «Care-Team». «Dieses Team leistet erste psychologische Hilfe, wenn es zu Übergriffen kam.»

Opfern Gehör verschaffen

Sensibilisierung des Festivalpublikums gebe es beim Gurten-Festival in Bern mit ähnlichen Mitteln wie in St. Gallen, sagt Lena Fischer, Mitglied der Geschäftsleitung Festivals. Nebst den Festivalbesuchenden werden auch die rund 1500 Mitarbeitenden entsprechend informiert.

Sie alle bekommen eine Art Leitbild. Zudem müsse sichergestellt werden, dass Vorfälle überhaupt gemeldet werden könnten, sagt Lena Fischer. «Wir haben eine Telefonnummer und eine Emailadresse, wo man jegliche Rückmeldungen zum Festival geben kann. Wir klären ab, wie wir diesen Kanal erweitern und noch einfacher zugänglich machen können – gerade für Themen wie sexualisierte Übergriffe oder Diskriminierung.»

Alarmierende Zahlen

Vor vier Jahren gaben in einer Umfrage des britischen Instituts YouGov 43 Prozent der Festival-Besucherinnen an, sexuelle Belästigung erlebt zu haben. Diese Zahl ist alarmierend.

Es stellt sich die Frage, ob die Zahl gestiegen ist, oder ob man sexuelle Gewalt an Festivals nun mehr wahrnimmt. «Es ist ein grösserer Fokus auf dem Thema und die Leute können besser einschätzen, was sexualisierte Gewalt ist», meint Lena Fischer.

grosses Publikum an Festival
Legende: Anonymität, Alkohol und grosse Massen: An Festivals kommt es immer wieder zu Übergriffen. Keystone/Gian Ehrenzeler

Übergriffe gäbe es aber nicht nur im Festivalkosmos, sondern grundsätzlich überall, wo viele Leute zusammenkommen und viel Alkohol konsumiert wird. «Das ist eine erschreckend hohe Zahl, die mich leider gar nicht so fest überrascht», so Lena Fischer.

Europaweite Kampagne

Sowohl das Gurten Festival als auch das Openair St. Gallen haben das Thema sexualisierte Gewalt auf dem Schirm und nicht nur die beiden. Ihr Sicherheitschef tausche sich regelmässig bei YOUROPE, einem europaweiten Zusammenschluss von Festivals, mit anderen Sicherheitschefs aus, sagt Nora Fuchs.

«Wir sind Teil der Kampagne «take a stand» von YOUROPE. Dort haben sich verschiedene Veranstalterinnen zusammengeschlossen, um für genau solche Themen einzustehen.» Man wolle sich auch in Zukunft damit auseinandersetzen, um Festivals für alle Besucherinnen und Besucher angenehm zu gestalten.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur Aktuell, 23.06.2022, 08.15;

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