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Mavis Staples rettet die Welt. Mit Blues.
Aus Black Music Special vom 17.05.2019. Bild: zfg
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Neues Album «We Get By» Mavis Staples bleibt auch als alte Dame kämpferisch

Seit den 1960er-Jahren steht Mavis Staples mit Blues und Gospel auf der Bühne. Und sie wird immer besser.

1956 nahm eine Gospeltruppe aus Chicago ein uraltes Stück aus der afroamerikanischen Kirche auf: «Uncloudy Day». Bob Dylan bezeichnete die Aufnahme später als das «mysteriöseste Stück Musik», das er je gehört habe.

Die Band hiess «The Staple Singers» und bestand aus dem Vater Roebuck «Pops» Staples und drei seiner Kinder, darunter die jüngste, die 16-jährige Mavis Staples.

The Staple Singers
Legende: Roebuck Staples mit seinen Töchtern Mavis, Yvonne und Cleotha in den 1980er-Jahren. Imago/Zuma Press

Pops Staples kam ursprünglich aus Mississippi, zog aber mit seiner Familie wie viele andere nach Chicago. Dort arbeitete er in der Stahl- und in der Fleischindustrie. Daneben wurde als Familie Gospel gesungen, ab 1948 in der Kirche, dann auch auf anderen Bühnen.

Auf der Strasse der Freiheit

Mavis war damals neun und als jüngste Tochter dabei, als 1952 eine erste Plattenfirma der Familie einen professionellen Vertrag anbot. «The Staple Singers» sollten in den nächsten beiden Jahrzehnten die afro-amerikanische Musik aufmischen.

Vorerst wurde akustischer Gospel geboten, der aber grosse gesellschaftspolitische Relevanz hatte. Pops Staples’ eigenes Stück «Freedom Highway» wurde zu einer der wichtigsten Hymnen der Bürgerrechtsbewegung der 60er-Jahren.

Bald schon fand das Gospelquartett auf seiner «Strasse der Freiheit» zum Erfolg in den Charts. Musikalisch hatte man sich den angesagten Strömungen der Zeit geöffnet, inkorporierte Soul und Funk.

Respektier' dich selbst

Inhaltlich aber hatte sich nichts geändert: «Respect Yourself» von 1973 wurde in unruhigen Zeiten zum Appell an die afroamerikanische Gesellschaft, sich selbst zu respektieren.

Obwohl die Band von Vater Staples gegründet worden war, gab schon längst die jüngste Tochter Mavis den Ton an. Wenig verwunderlich, dass sie nach der Auflösung der Truppe eine vielversprechende Solo-Karriere anfing.

Es blieb anfänglich beim Versprechen. Anfangs der 90er-Jahre folgte ein erstes Comeback mit Hilfe von Prince. Das Album «Have a Little Faith» von 2004 markierte die endgültige Rückkehr der damals 65-Jährigen.

Das Album scherte sich einen Deut darum, was die Mode des Tages diktierte. Vielmehr führte es das musikalische Rezept von Pops Staples weiter.

Späte Anerkennung

Eine Rentnerin ist Mavis Staples also nicht geworden: Sie suchte die Zusammenarbeit mit allerhand MusikerInnen, etwa den Gorillaz oder dem irischen Newcomer Hozier.

Das neue Album von Mavis Staples

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«We get by» ist das bereits fünfte hochwertige Studioalbum in den letzten zwölf Jahren. Wieder hat Mavis Staples mit einem gewichtigen Produzenten zusammengearbeitet: Der afroamerikanische Gitarrist Ben Harper ist erfahren in Blues und Gospel.

Der Sound von «We get by» ist gut, die Band eingespielt und Staples vermittelt ihre Geschichten von Glauben und Kampf treffend.

Daneben produzierte sie die besten Alben ihrer Karriere und suchte dafür die Hilfe von renommierten Berufskollegen: 2007 arbeitete sie mit dem Gitarristen-Veteran Ry Cooder, dann kamen drei Alben mit Wilco-Frontmann Jeff Tweedy, während das neuste von Ben Harper produziert wurde.

Und die Anerkennung kam: Auf eine Grammy-Nomination für ein Duett mit Bob Dylan folgte 2011 ein Grammy für das beste Americana-Album und 2016 noch ein weiterer. Eine späte Anerkennung für die hippe und kämpferische alte Dame, die heute als einzig würdige Vertreterin Aretha Franklins dasteht.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Vorabend, 29.05.2019, 16.05 Uhr

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