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Musik «...weil er so gut ist!» – Stefan Mickisch über Wagner

Stefan Mickisch ist Wagnerexperte, seine einführenden «Gesprächskonzerte» über das Werk Wagners haben in der Klassikszene Kultstatus. Im Interview erklärt Mickisch, weshalb uns Wagner heute noch fasziniert und warum man einmal im Leben die Bayreuther Festspiele besucht haben sollte.

Kathi Lambrecht: Herr Mickisch, nennen Sie drei Gründe, warum man sich anlässlich des Wagner-Jahres mit Richard Wagner auseinandersetzen sollte.

Stefan Mickisch: Um sich zu öffnen für erstens die Qualität, zweitens die Emotion und drittens die Spiritualität von Wagners Musik.

Zur Person

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Stefan Mickisch (1962 in Schwandorf/Bayern geboren) ist Pianist, Musikwissenschaftler und Wagnerexperte. Er entwickelte sogenannte «Gesprächskonzerte» zu den Werken Richard Wagners, in denen er die für Piano transkribierten Werke spielt und erläutert. Mehr Informationen und Konzerttermine finden Sie auf seiner Homepage.

Nennen Sie drei Gründe, warum man es nicht tun sollte.

Es gibt keine.

Können Sie einem Laien den Unterschied zwischen Mozart und Wagner erklären?

Mozart ist genial und leicht zu hören, Wagner ist genial und schwerer zu hören.

Als Grund, warum Wagner immer noch so fasziniert, wird oft seine widersprüchliche Persönlichkeit genannt – wo manifestieren sich für Sie Wagners Widersprüche am deutlichsten?

Menschen ohne Widersprüche sind langweilig und niemals Künstler. Ein interessanter Widerspruch liegt etwa vor beim erotikfreundlichen «Liebesverbot», Wagners zweiter Oper, gegenüber dem sexualitätsfernen «Parsifal».

Und warum beschäftigen wir uns Ihrer Meinung nach immer noch so intensiv mit Wagner?

Weil er so gut ist.

Oft mündet die Antisemitismus-Diskussion um Wagner in der Frage: Darf man sich für das Werk eines Antisemiten begeistern, ja überwältigen lassen? Was ist Ihre Meinung dazu?

Abgesehen davon, dass der Antisemitismus grundsätzlich durch das Christentum entstanden ist und dort 2000 Jahre lang transportiert wurde, ist meine Meinung dazu: Wenn man aufgrund politischer Vorbehalte etwas gegen Wagner vorbringen will, muss man erstens VW und Audi ablehnen, nicht fahren, nicht kaufen: VW ist eine Gründung Hitlers. Zweitens muss man die Schäferhunde, die Lieblingstiere Hitlers, abschaffen und drittens dürfte man keine Kirchensteuer zahlen und müsste aus der Kirche austreten, denn die Kirchensteuer ist ein Hitler-Gesetz von 1933. Dieses Gesetz ist in Deutschland bis heute in Kraft – und es gibt sogar Leute, die zahlen Kirchensteuer und fahren einen VW Passat, in dem sie noch einen Schäferhund drin haben.

Mickisch auf SRF 2 Kultur

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Anlässlich des Richard-Wagner-Jahres präsentiert SRF 2 Kultur ein moderiertes Konzert über «Der Ring des Nibelungen» mit Stefan Mickisch in Basel am 12 Mai. Der Eintritt ist kostenlos, mehr Informationen und Anmeldung hier. Das Konzert wird ausserdem ab 21 Uhr auf SRF 2 Kultur gesendet.

Sie geben seit vielen Jahren moderierte Wagner-Konzerte, allein an den Bayreuther Festspielen im Sommer sind es 30 Einführungskonzerte – hören Sie seine Musik überhaupt noch privat? Haben Sie ein Lieblingsleitmotiv, eine Lieblingsoper oder -figur?

Ich spiele Wagners Musik am liebsten selbst, weil mir kaum ein Dirigent, ehrlich gesagt heute gar keiner, hier musikalisch genügen kann. Die stärkste Musik Wagners ist alles ab dem «Rheingold» bis zum «Parsifal». Aber ich liebe, spiele und beachte auch andere Komponisten: Beethoven, Chopin, Brahms, Bruckner, Tschaikowski, Puccini, Debussy, Ravel, Richard Strauss…

Muss man die Festspiele in Bayreuth erlebt haben und warum?

Eigentlich sollte man das schon erlebt haben, wegen der Akustik, der Atmosphäre und der Gesamtstimmung. Es ist schon zu bewundern, wie viel Richard Wagner leisten konnte: Nicht nur die 13 Opern und andere Werke schaffen, sondern auch noch Architekt sein und ein eigenes Theater bauen – das ist doch der Hammer!

Können Sie den «Ring des Nibelungen» in wenigen Sätzen zusammenfassen?

Das Schöpferische und die Liebe bezwingen die destruktiven Kräfte der Welt.

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