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175 Jahre Schweizer Eisenbahn
Aus 10 vor 10 vom 08.08.2022.
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175 Jahre Schweizer Bahnen SBB-Chef: «Die Preise werden 2023 nicht steigen»

Vor 175 Jahren fuhr mit der Spanisch-Brötli-Bahn die erste Eisenbahn in der Schweiz. Mittlerweile verfügt das Land über eines der weltweit dichtesten Schienennetze. Die grösste Playerin, die SBB, wird geliebt, bisweilen auch kritisiert – jüngst etwa für den neu beschafften Dosto.

SRF hat SBB-CEO Vincent Ducrot auf der Grossbaustelle des Bahnhofs Bern besucht und ihn mit den brennendsten Themen konfrontiert, dabei auch mit Fragen aus dem Publikum.

Vincent Ducrot

Vincent Ducrot

CEO der SBB

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Vincebt Ducrot ist seit dem 1. April 2020 CEO der Schweizerischen Bundesbahnen SBB. Von 2011 bis 2020 war er Chef der Freiburger Verkehrsbetriebe TPF. Zuvor hatte er beim SBB-Personenverkehr eine leitende Funktion inne.

Ducrot hat Jahrgang 1962, ist ausgebildet als Elektroingenieur mit Schwerpunkt Informatik. Er ist Vater von sieben Kindern.

SRF: Die SBB investiert zwei Milliarden Franken in neues Rollmaterial: War eine längere Werterhaltung der alten Züge kein Thema?

Vincent Ducrot: Nein, da haben wir leider schlechte Erfahrungen gemacht. Wir haben heute Züge, die eher älter und nicht mehr so zuverlässig sind. Darum haben wir die Strategie dahingehend gewechselt, bereits alle 25 Jahre die Züge auszutauschen. Dazu kommt eine sogenannte «Midlife-Erneuerung», die wir nach 15 Jahren machen.

Das ist nachhaltig?

Die Züge, die wir jetzt kaufen, können wir sehr gut auseinandernehmen, die Komponenten weiterverwenden und einen Teil verschrotten. Somit bauen wir auch einen Nachhaltigkeitsfaktor ein. Früher waren Züge unter anderem mit Asbest versehen: Das war der Grund, weshalb wir sie nur sehr schwer ausmustern konnten.

Wir versuchen quasi Rollmaterial ab der Stange zu kaufen.

Wo sind denn für Sie die Grenzen bei den Anforderungen an eine neue Flotte? Die SBB ist ja in den tiefroten Zahlen.

Für uns ist eine möglichst einheitliche Flotte sehr wichtig. Wenn wir zu viele Typen haben, ist das kostspielig. Das Rollmaterial muss einfacher handhabbar werden. Darum haben wir jetzt auch entschieden, zu standardisieren. Wir versuchen quasi Rollmaterial ab der Stange zu kaufen. Das war früher nicht der Fall.

Wieso stellen bei den aktuell sehr hohen Temperaturen die Klimaanlagen in den Zügen immer mal wieder komplett ab?

Die Züge, die im Moment im Einsatz stehen, wurden vor 40 Jahren gekauft. Damals galten 30 Grad quasi als Maximum. Heute haben wir Tage mit 36, 37 Grad. Die Systeme sind so konzipiert, dass sie sich ab einer gewissen Temperatur selbst ausschalten. Bei den neuen Zügen kommt das nicht vor.

Wie steht es um die Luft in den Zügen?

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Auf Anfrage von SRF erklärt die SBB, dass sowohl die Aussen- als auch Umluftanteile in den Klimaanlagen durch Luftfilter, die den europäischen und schweizerischen Standards entsprechen, gereinigt werden. Diese Filter würden alle 90 Tage ausgetauscht.

Dazu würden regelmässig Messungen durchgeführt. Die gemessenen CO2-Konzentrationen liegen gemäss der SBB im zulässigen Bereich. Zusätzlich seien in klimatisierten Zugtypen Sensoren in die Klimaanlagen eingebaut, welche die CO2-Konzentration kontinuierlich erfassen, überwachen und regulieren.

Wie die SBB weiter schreibt, reagieren die Klimaanlagen-Regelungen, sobald der CO2-Gehalt steigt, und passen die Zufuhr der Frisch-/Aussenluftanteile an. Dieser Ausgleich könne teilweise einige Minuten dauern. Die modernen Klimaanlagen sorgten dafür, dass die Luft in den Zugabteilen im Schnitt 6 bis 10 Mal pro Stunde komplett mit Aussenluft erneuert werde.

Sind denn wenigstens die neuen Züge – wie der Dosto – auf Temperaturen um 40 Grad ausgelegt?

Die modernen Züge, die wir in den letzten acht Jahren gekauft haben, sind alle mit Klimaanlagen ausgestattet, die bis zu 45 Grad funktionieren. Es ist eine komplett andere Technik.

Die Situation beim Strom macht mir mit Blick auf den Winter schon etwas Sorgen.

Wie sind Sie als SBB gewappnet, sollte im Winter der Strom knapp werden?

Wir haben bei der SBB einerseits den sogenannten Bahnstrom ab der Fahrleitung: Da haben wir unsere eigene Produktion. Hier haben wir die besondere Situation in diesem Jahr, dass es wenig regnet und unsere Staudämme darum nicht sehr voll sind. Im Moment sind diese zu 20 Prozent weniger gefüllt als normal. Das macht mir etwas Sorgen und es kann im Winter ein Problem werden.

Dann haben wir, zweitens, den sogenannten 50-Hertz-Strom. Das ist das, was man auch zu Hause hat, in der Steckdose. Den nutzen wir fürs Licht oder Kundeninformationen. Hier sind wir genau wie jeder Schweizer Haushalt von Dritten, die uns diesen Strom liefern, abhängig.

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Und wenn Sie jetzt Strom zukaufen müssten oder die Strompreise steigen würden, würden Sie diese Kosten auf die Kundinnen und Kunden abwälzen?

Wir kaufen nur ein paar Prozent, und die sind weniger relevant für den Preis als dafür, den Betrieb aufrechtzuerhalten. Klar ist: In diesem Jahr werden wir höhere Energiekosten haben als viele Unternehmen, denn wir sind ein grosser Konsument. Wir versuchen hier, unser Bestmögliches zu tun. Die Gefahr für uns ist die Abhängigkeit von den Stromlieferanten, die wir genauso haben wie jedes andere Unternehmen.

Wir müssen wohl einen Schritt weg von der reinen Pendler-Bahn und hin zu mehr Freizeitangeboten und flexiblen Tarifen machen.

Konkret: Werden die Preise 2023 steigen?    

Die Preise für 2023 bleiben, wie sie heute sind. Wir werden unser Sparprogramm sogar eher noch ausdehnen. Darum mein Tipp: Kaufen Sie Sparbillete. Diese sind sehr beliebt und werden immer beliebter. Was im Jahr 2024 geschieht, wird von der Höhe der Teuerung abhängig sein.

Corona hat Ihr Unternehmen in die tiefroten Zahlen geführt, und zu massiven Umwälzungen im Mobilitätsverhalten der Menschen: Was für Lösungen haben Sie parat und wie gewinnen Sie auch neue Kundinnen und Kunden?

Wir merken, dass es weniger Pendlerinnen und Pendler und immer mehr Freizeit-Reisende gibt. Auch sind mehr Leute international unterwegs. Wir müssen uns zusammen mit dem Bund und den Kantonen das Angebot der Zukunft überlegen und wahrscheinlich den Schritt von einer reinen Pendler-Bahn, die wir waren, in Richtung einer gemischten Bahn, mit viel mehr Freizeitangeboten, machen. Ausserdem müssen wir beim Tarif flexibler werden. Da testen wir zurzeit neue Aboformen für Leute, die drei Tage und mehr Homeoffice machen.

Das Gespräch führte Bigna Silberschmidt.

10vor10, 08.08.22, 21:50 Uhr;

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