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Dieses Mal will die Genfer Justiz alles richtig machen
Aus Tagesschau vom 15.05.2017.
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Erster Prozesstag in Genf Angeklagter bestreitet Tötungsabsicht im Fall Adeline M.

  • In Genf hat heute Morgen der Prozess gegen Fabrice A. begonnen.
  • Er hatte die Sozialtherapeutin Adeline M. auf einem Freigang getötet.
  • Der Angeklagte bestreitet, dass er sein Opfer habe töten wollen.
  • Der Prozess startete bereits im Herbst, wurde dann allerdings unterbrochen.

Der 42-jährige Angeklagte Fabrice A. betrat den Gerichtssaal heute Morgen wortlos und verfolgte den Beginn des zweiten Gerichtsprozesses regungslos. Er ist wegen Mordes, Freiheitsberaubung, sexueller Nötigung und Diebstahls angeklagt. Ihm droht eine lebenslängliche Verwahrung.

In der Befragung am Nachmittag sagte der Beschuldigte, er könne nicht sagen, warum er Adeline M. getötet habe. Er bestritt denn auch, dass er sein Opfer habe töten wollen. Es sei aber kein Zufall, dass er die Tat am 12. September 2013 begangen habe. Denn an diesem Tag sei die Situation günstig gewesen für eine Flucht. Adeline M. sei einfach zu manipulieren gewesen, zudem sei ein Fahrzeug vorhanden gewesen.

Die kriminelle Vergangenheit des Angeklagten

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Fabrice A. in Polen verhört
Aus 10 vor 10 vom 16.09.2013.
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Der Angeklagte wurde wegen zwei Vergewaltigungen in Frankreich 1999 und 2001 zu insgesamt 20 Jahren Haft verurteilt. Den ersten Teil seiner Strafe verbüsste er in Frankreich. 2008 konnte er auf eigenen Wunsch die Strafverbüssung in der Schweiz weiterführen, weil er schweizerisch-französischer Doppelbürger ist.

Ab September 2013 wurden ihm begleitete Freigänge gestattet. Bei seinem zweiten Freigang sollte er mit der Genfer Sozialtherapeutin Adeline M. an einer Reittherapie teilnehmen. Auf dem Weg dorthin hat er gemäss eigener Aussage der Therapeutin die Kehle durchschnitten. Im Dienstwagen der Therapeutin flüchtete er anschliessend nach Polen. Nach drei Tagen wurde er an der deutsch-polnischen Grenze gefasst.

Empörung nach zwei Mordfällen

Der Mordfall und der lockere Umgang mit gefährlichen Sexualstraftätern hatte in der Schweiz eine Welle der Empörung ausgelöst. Das Verbrechen an der jungen Mutter eines acht Monate alten Babys geschah nur gerade vier Monate nach dem Tötungsdelikt an der 19-jährigen Marie im Kanton Waadt.

Auch Marie war von einem rückfällig gewordenen Sexualstraftäter getötet worden. Ihr Mörder wurde im März 2016 zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe und Verwahrung verurteilt. Ein Rekurs ist beim Bundesgericht aber noch hängig.

Der gescheiterte Prozessauftakt

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Grosse Belastung für Eltern der getöteten Sozialtherapeutin
Aus Schweiz aktuell vom 04.10.2016.
abspielen. Laufzeit 6 Minuten 43 Sekunden.

Im Fall Adeline M. stand Fabrice A. bereits im Oktober 2016 vor dem Kriminalgericht Genf. Die psychiatrischen Gutachter attestierten ihm ein hohes Rückfallrisiko. Die beiden französischen Experten lehnten es allerdings im Gegensatz zum Gutachten von zwei Schweizer Psychiatern ab, Prognosen zur Heilbarkeit des Angeklagten abzugeben.

Die Richter zeigten sich wenig überzeugt von den Schlussfolgerungen der Gutachter. Sie ordneten zur allgemeinen Überraschung während des laufenden Prozesses ein drittes psychiatrisches Gutachten an. Aus diesem Grund sei der Prozess auszusetzen, begründeten die Richter.

Befangene Richter

Die Verteidigung wehrte sich gegen dieses Vorgehen und sprach von Befangenheit der Richter. Diesen passe wohl das Gutachten der Franzosen nicht, wurde kritisiert. Um eine lebenslange Verwahrung aussprechen zu können, braucht es zwei unabhängige Gutachten, die grundsätzlich zu einem übereinstimmenden Ergebnis kommen.

Die Berufungskammer des Strafgerichts Genf kam im Januar dann zum Schluss, dass das Vorgehen des Gerichts tatsächlich an seiner Unbefangenheit zweifeln lasse. Aus diesem Grund müssten sämtliche Richter in den Ausstand treten und der Prozess neu aufgerollt werde. Die neu bestellten Richter werden wieder bei Null anfangen müssen. Sie werden beispielsweise den Angeklagten neu befragen, ebenso wie die Psychiater.

Gericht lehnt Anträge ab

Heute morgen forderten sowohl die Verteidigung wie auch die Vertreter der Opferfamilie, dass die Direktorin des unterdessen geschlossenen Zentrums «La Pâquerette» vor Gericht aussagt. Adeline M. arbeitete für diese Institution, die sich auf die Behandlung von Straftätern mit schweren Persönlichkeitsstörungen spezialisiert hatte. Das Gericht lehnte diesen Antrag allerdings ab.

Wie beim ersten Prozess im Oktober legte die Direktorin ein medizinisches Zeugnis vor, um nicht vor Gericht erscheinen müssen. Nach Angaben ihres Arbeitgebers, den Genfer Universitätsspitälern (HUG), ist sie seit September 2016 krank geschrieben. Die Verhandlungen sind auf fünf Tage angesetzt. Wann das Urteil eröffnet wird, ist noch unklar.

Das lange Warten auf den PUK-Bericht

Die politische Aufarbeitung des Falls Adeline M. steht noch aus. Die Öffentlichkeit sowie die Eltern und der Ehemann des Opfers warten nach wie vor auf den Bericht der kantonalen Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK). Dessen Publikation wurde mehrmals verschoben. Er soll allfällige Fehlentscheide der Strafvollzugsbehörden im Zusammenhang mit dem Fall Adeline M. beleuchten.

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