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Schweiz Flüchtlingskontingente – schwierige Rückkehr zur alten Praxis

Die Schweiz wird angesichts der Tragödie in Syrien wohl bald wieder ganze Flüchtlingsgruppen aufnehmen. Die Rückkehr zur Kontingentspolitik nach 20 Jahren ist eine Herausforderung: Viel Know-how und Strukturen sind verloren gegangen. Experten rechnen damit, dass viele Menschen dauerhaft bleiben.

Die Schweizer Flüchtlingspolitik steht mit der Syrien-Krise vor einem Strategiewechsel: Zusätzlich zum ordentlichen Asylverfahren, bei dem jedes Gesuch einzeln geprüft wird, sollen wieder ganze Flüchtlingsgruppen aufgenommen werden. Das dürfte Justizministerin Simonetta Sommaruga in einer der nächsten Bundesratssitzungen vorschlagen.

Lange Zeit nahm die Schweiz ganze Flüchtlingsgruppen auf: 1956 waren es 8'000 Flüchtlinge aus Ungarn, 1968 weitere 6'000 aus der Tschechoslowakei. Später kamen grosse Gruppen aus Chile, Vietnam, Somalia und andern Krisengebieten.

Erst die Belastung durch die Flüchtlingsströme der Balkankriege habe das Ende der Kontingentspolitik gebracht, erinnert Alberto Achermann, Professor für Migrationsrecht an der Universität Bern.

Flüchtlingslager für Syrer in Nordirak.
Legende: Flucht aus Syrien: Ein Lager in Erbil in Nordirak Mitte August, wo 34'000 Menschen strandeten. Keystone

Finanzen verhindern Kontigente

Dass die Schweiz seither nicht mehr unbürokratisch auf Kriegselend und Flüchtlingskatastrophen reagieren könne, kratze an ihrem Image, betont Achermann. Denn die Schweiz habe sich damit auch ein wenig von der internationalen Solidarität verabschiedet hat.

Schweden etwa nimmt jedes Jahr ein Kontingent von 2000 Flüchtlingen auf, Deutschland 300 und jetzt zusätzlich 5'000 aus Syrien, die USA jedes Jahr 50'000. In der Schweiz scheiterten dagegen mehrere Versuche an finanziellen Zwängen, die Kontingentspolitik wieder einzuführen.

«Die Schweiz muss unbedingt helfen»

Dass die Schweiz jetzt eine Rückkehr zur früheren Praxis mit einer Flüchtlingsgruppe aus Syrien plant, begrüsst der Generalsekretär der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, Beat Meiner.

Die Lage für die Flüchtlinge sei katastrophal, sowohl in Syrien wie auch in den total überfüllten Lagern der Nachbarländer. Darunter seien viele verletzliche Personen wie schwangere Frauen, Kinder sowie ältere und gebrechliche Menschen. «Die Schweiz muss diesen Menschen unbedingt helfen», sagt Meiner.

Grosse Flüchtlingszentren oder Kleingruppen

Die «neue alte» Flüchtlingspolitik sei allerdings nicht einfach umzusetzen, gibt Migrationsexperte Achermann zu bedenken. In den 20 Jahren ohne Kontingentspolitik sei wertvolles Wissen bei Behörden und Flüchtlingsorganisationen verloren gegangen: «Insgesamt gibt es kaum mehr Personen, die mit der damaligen Aufnahmepolitik vertraut sind, die heute noch in diesem Bereich arbeiten.»

Meiner von der Flüchtlingshilfe sieht da aber keine unlösbaren Probleme: Die Schweiz könne auf fast 50 Jahre Erfahrung zurückgreifen. Er räumt ein, dass es nun aber wieder einen strukturellen Aufbau braucht, um die Menschen aufnehmen zu können. Laut Meiner könnte dabei auch die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung genutzt und ein Teil der Flüchtlinge privat untergebracht werden.

Sicher ist aber eine gute Vorbereitung wichtig und Grundsatzfragen müssen beantwortet werden: Dazu gehören die Auswahl der Flüchtlinge und deren Vorbereitung auf das Leben in der Schweiz. Sollen sie dereinst in grossen Zentren oder übers Land verteilt in Kleingruppen betreut werden?

Flüchtlinge brauchen eine Perspektive

Achermann geht davon aus, dass eine baldige Rückkehr von Kontingentsflüchtlingen aus absoluten Krisengebieten kaum möglich sein werde.

«Deshalb würde ich ehrlicherweise davon ausgehen, dass sich ein beträchtlicher Teil auch dauerhaft niederlassen will und man diesen Menschen eine dauerhafte Perspektive in der Schweiz geben muss», sagt der Migrationsexperte. Umso wichtiger sei eine gute Vorbereitung der Flüchtlinge, der Betreuer und auch der Schweizer Bevölkerung.

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Die Nato will nicht in Syrien zum Einsatz kommen. Frankreich würde gern gegen Assad kämpfen, möchte das aber nicht allein tun. Obama wird angreifen, muss aber noch die Zustimmung des Kongresses abwarten. Und Assad? Der baut ein Schreckgespenst aus. Welches genau, lesen Sie hier.

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