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Freiburg und Mali tauschen sich über Mediationsarbeit aus
Aus Regionaljournal Bern Freiburg Wallis vom 23.09.2022. Bild: Oliver Kempa/SRF
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Jugendstrafrecht Vergleich statt Prozess: Warum Freiburg Mediations-Vorbild ist

Statt vor Gericht zu streiten, zusammen Lösungen finden: Das Freiburger Mediationsmodell interessiert sogar in Mali.

Das Credo ist klar: Bei straffälligen Jugendlichen stehen die gesellschaftliche Integration und die Verhinderung weiterer Taten im Vordergrund. Daher zielt das Jugendstrafrecht vor allem auf den Schutz und die Erziehung von Jugendlichen und nicht auf deren Bestrafung. Ein zentraler Punkt ist dabei die Mediation.

In der Mediation haben die Konfliktbeteiligten die Gelegenheit, das Vorgefallene aufzuarbeiten und einen Ausgleich herzustellen. Dies, ohne dass ein strafrechtliches Urteil gefällt wird. Der Kanton Freiburg übernimmt dabei eine Pionierrolle. Als erster Kanton richtete er 2004 ein Büro für Mediation ein. Drei Jahre, bevor das schweizweite Gesetz erlassen wurde. Sogar der Europarat erwähnt Freiburg in seinen Leitlinien als Best-Practice-Vorbild.

Das will die Richterin aus Mali von Freiburg lernen

Nun ist Mitte September sogar eigens eine Delegation aus Mali nach Freiburg gereist, um sich über das Vorgehen für eine Mediation zu informieren. «Reue und Wiedergutmachung. Das ist gerade bei jungen Menschen extrem wichtig», sagt Diénéba Diakité, die in Mali Richterin mit Schwerpunkt Kinder- und Jugendstrafrecht ist und sich für die Vorzüge des Freiburger Modells interessiert.

Porträt Frau
Legende: Richterin Diénéba Diakité zu Besuch in Freiburg. SRF/Oliver Kempa

In Freiburg gibt es bei knapp 20 Prozent aller Verfahren im Jugendstrafrecht eine Mediation. In anderen Kantonen, etwa in Bern, liegen die Zahlen viel tiefer. Dort gibt es keine Mediationsstelle. Gerichte können jedoch bei Bedarf private Mediatorinnen und Mediatoren beiziehen. Das wird aber offenbar weniger genutzt.

Nur wenige Mediationen im Kanton Bern

Eine Studie der Berner Fachhochschule analysierte die Mediationen im Kanton Bern für die Jahre 2011 bis 2016. Im Durchschnitt gab es lediglich knapp zehn Mediationen pro Jahr, was insgesamt nur 0.8 Prozent aller behandelten Fälle entspricht. Mediationen in Jugendstrafsachen seien im Kanton Bern kaum genutzt worden, obschon die gesetzlichen Grundlagen einen grossen Spielraum zuliessen.

Warum ist das so? Die Leute hätten automatisch mehr Vertrauen in die amtliche Stelle als in private Mediatoren, sagt Gérard Demierre vom Verein Mediation Freiburg. Eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Vermittlung müsse so oder so erfüllt sein. «Die Täterin oder der Täter muss geständig und zumindest teilweise einsichtig sein.»

Flirt oder sexuelle Belästigung?

Der Mediationsexperte erwähnt ein Beispiel aus seiner Praxis: Ein junger Sekundarschüler belästigte in der Schule mehrere Mädchen. Er habe eigentlich nur flirten wollen, habe der Schüler sein Verhalten erklärt. Zwei Mädchen sahen dies anders und zeigten ihn wegen sexueller Belästigung an. Der Fall landete beim kantonalen Mediationsbüro.

Demierre schafft es, dass der Junge und die Mädchen zusammen an einem Tisch sassen. «Der Bub entschuldigte sich dann schriftlich und versprach, dass er sich in Zukunft besser benimmt», führt Demierre aus. Für die Opfer wie den Täter sei die Sache damit erledigt gewesen. «Das heisst aber nicht, dass eine einfache Entschuldigung in jedem Fall genug ist. Aber Mediation hilft, Probleme aus der Welt zu schaffen», ist Demierre überzeugt.

Häufig sei es der erste Schritt zur Wiedergutmachung, dass die Opfer merkten, dass es dem Täter leid tue und er sich bessern wolle. «In vielen Fällen braucht es dann gar keine Strafe mehr», so Demierre.

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 23.9.2022, 17.30 Uhr;

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