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Schweiz Mehr als eine Zweckehe: Die Schweiz und der Europarat

Europa und Schweiz, das geht doch – zumindest seit 50 Jahren im Europarat. Eine Institution, die viele Kenner für das moralische Gewissen des Kontinents halten. Und auch wenn nicht alles Gold ist, was glänzt, so ziehen Experten doch ein positives Fazit des Schweizer Engagements.

Ursprünglich sollte der Europarat den Kontinent einen. Das hat er mehr oder weniger geschafft. Heute widmet er sich verstärkt der Wahrung der Demokratie und der Menschenrechte.

Im Europarat sind besonders die Staaten engagiert, die entweder in der EU nicht mitspielen wollen – oder nicht dürfen. Hier haben sie die Möglichkeit, europäische Politik mitzugestalten und sich gut zu vernetzen.

«Für die Schweiz ist der Rat deshalb zumindest eine Teilalternative zur EU», sagt Fredy Gsteiger. Weil Menschenrechte und Demokratie zu den Kernkompetenzen der Eidgenossen zählten, könne man sich hier besonders stark in die Arbeit des Rates einbringen, so der diplomatische Korrespondent des SRF.

Das sei auch wichtig, findet der Schweizer Europaexperte Dieter Freiburghaus. «Neben der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) verfügt unser Land nur noch im Europarat über einen relevanten Einfluss.»

Engagiert und erfolgreich mitzuarbeiten, Präsenz zu demonstrieren, sei unabdingbar, so Freiburghaus. Anders ginge es auch gar nicht. «Denn noch mehr an den Rand stellen, sollte sich die Schweiz nicht», so der Experte.

Sanktionsmacht des Europarates ist gering

Das mit Abstand bekannteste Organ des Rates ist der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte. Hier können höchstrichterliche Urteile der einzelnen Länder angefochten werden.

Spötter verhöhnen das Gericht gern auch als gutmütigen Grossvater, der zwar warnend den Zeigefinger hebt, letztlich aber doch machtlos ist, wenn die aufmüpfigen Kinder davonlaufen oder die Ohren auf Durchzug schalten.

Zwar bedient sich Europaexperte Freiburghaus nicht dieses Bildes, aber auch er muss zugeben, dass die Sanktionsmacht des Rates gering ist. «Man darf aber nicht vergessen, dass der Prestigeverlust schon sehr hoch sein kann, wenn man dauernd gerügt wird.»

Permanent angeprangert zu werden, ist nicht angenehm, gibt ihm Fredy Gsteiger Recht. Die meisten Mitgliedsländer würden sich als demokratische Rechtsstaaten sehen und reagierten empfindlich auf politischen Druck.

«Urteile vom Gerichtshof werden deshalb in der Regel durchgesetzt», so Gsteiger. De facto beuge man sich den Sprüchen der Richter, da sonst eine Suspendierung der Mitgliedschaft droht. 

«Europarat ist weniger materialistisch»

Doch auch in Strassburg mahlen die Mühlen zuweilen langsam. So wird die Schweiz zwar schon seit geraumer Zeit für die intransparente Finanzierung der Parteien gerügt. Sanktionen muss sie deshalb aber nicht befürchten.

Das ist auch gar nicht so wichtig, findet Fredy Gsteiger und führt weiter aus: «Mittlerweile gibt es eine innenpolitische Debatte über die Parteienfinanzierung und in ein paar Jahren wird sich auch bei uns etwas ändern», so der Korrespondent.

Das Fazit der beiden von SRF News befragten Experten zur Beziehung Schweiz und Europarat fällt durchweg positiv aus. Und das, obwohl die Schweiz von ihrem Engagement im Europarat keine messbaren Vorteile habe, so Dieter Freiburghaus. Dennoch sei die Institution ein wichtiger Treffpunkt für Politik in Europa und darüber hinaus.

Video
Schweiz seit 50 Jahren im Europarat
Aus Tagesschau vom 06.05.2013.
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 11 Sekunden.

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Im September 1946 hatte Winston Churchill zur Gründung eines Europarates aufgerufen. Später setzten zehn Staaten den Aufruf in die Tat um. Heute umfasst die Organisation 47 Staaten mit 800 Millionen Menschen. Die Schweiz trat der Institution 1953 bei. Der Hauptsitz des Europarates befindet sich in Strassburg.

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Fredy Gsteiger ist seit mehr als 10 Jahren für das Schweizer Radio und Fernsehen tätig. Seit 2006 arbeitet er als diplomatischer Korrespondent.

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Dieter Freiburghaus ist Politologe und gilt als einer der besten Kenner der Europapolitik. Er lehrte am Institut für Politikwissenschaft der Universität Bern und dem Institut de hautes études en administration publique in Lausanne.

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