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Schweiz Schweizer Entwicklungshilfe für Tschechiens Justiz

Das Bundesstrafgericht in Bellinzona macht sechs Männern den Prozess: Sie sollen sich einen tschechischen Kohlekonzern im Zuge der Privatisierung unter den Nagel gerissen haben. In Tschechien selber wurde der Fall liegengelassen. Nun hat sich das geändert.

Eingang des Gebäudes des Bundesstrafgerichts.
Legende: Bundesstrafgericht in Bellinzona: Entwicklungshilfe in Sachen Justiz. Keystone

Fünf Tschechen und einem Belgier wird am Bundesstrafgericht in Bellinzona Folgendes vorgeworfen: Sie sollen sich zwischen 1997 und 2003 einen tschechischen Kohlekonzern mit betrügerischen Methoden angeeignet haben.

In Tschechien wird die Methode «Untertunneln» genannt: Die Männer sollen Geld abgezweigt, zum Teil via die Schweiz gewaschen und wieder reinvestiert haben. Am Schluss besassen sie 97 Prozent der Aktien der Kohlefirma.

Ermittlungen immer wieder eingestellt

In Tschechien werfe der Schweizer Prozess hohe Wellen, berichtet NZZ-Korrespondent Rudolf Hermann im «Rendez-vous» von Radio SRF. Dies vor allem deshalb, weil das Verfahren in der Schweiz angestossen wurde. In Tschechien selber sei erst kürzlich eine Strafuntersuchung gegen die Männer eröffnet worden.

Audio
Gespräch mit NZZ-Korrespondent Rudolf Hermann.
aus Rendez-vous vom 13.05.2013.
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 12 Sekunden.

Zwar habe die tschechische Polizei zuvor mehrmals Ermittlungen aufgenommen, diese aber jeweils wieder eingestellt. Es habe schlichtweg keine politische Nachfrage für ein Verfahren bestanden. «Verschiedene Regierungen waren an dieser Privatisierung beteiligt», so Hermann. Viele Politiker wären von einem Verfahren betroffen gewesen. «Da kommt wahrscheinlich sehr viel Übles hervor, wenn man diesen Schrank aufmacht», sagt der NZZ-Korrespondent.

Profitierte die Politik von «Schattenelementen»?

Drei erschienen nicht

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Zum Prozess in Bellinzona erschienen nur drei Beschuldigte. Einer der Angeklagten ist verstorben, zwei andere blieben der Verhandlung in Bellinzona ohne Angabe von Gründen fern, ein weiterer sei aus Altersgründen nicht prozessfähig. Die Anwälte verlangten eine Unterbrechung des Prozesses. Das Gericht entschied aber, das Verfahren nicht auszusetzen.

Der vorliegende Fall sei keineswegs einzigartig: Im Zuge der Privatisierungen in Mittel- und Osteuropa seien ähnliche Vorgehensweisen des öfteren vorgekommen. Am meisten Probleme in dem Bereich gebe es in jenen Ländern, bei denen die Privatisierungen schnell und auf breiter Basis vor sich gehen mussten. Dazu gehörten Tschechien oder die Slowakei.

«Man hat dabei in Kauf genommen, dass gewisse kriminelle Energien freigesetzt werden konnten», sagt Hermann. Derzeit werde in Tschechien heiss diskutiert, ob dieser Preis habe in Kauf genommen werden müssen, oder nicht auch Absicht dahinter gestanden habe. Denn es bestehe der Verdacht, dass die Parteien von den «Verbindungen zu Schattenelementen» profitiert hätten und Geld an sie zurückgeflossen sei.

Die Justiz emanzipiert sich von der Politik

Nicht zuletzt dank dem Verfahren in der Schweiz sei nun auch in Tschechien eine wichtige Entwicklung in Gang gekommen: die Abnabelung der Justiz von der Politik. Über Jahre hätten die Politkiker versucht, die Justiz an der kurzen Leine zu halten, erklärt Hermann. Dies, um Einfluss darauf zu nehmen, welche Fälle aufgegriffen werden und welche nicht. So hätten sich die Politiker ein gewisses Mass an Unangreifbarkeit bewahrt.

Dass die Justiz nun immer öfter selber entscheide, wen sie belangen will, sei deshalb wichtig: «Damit können sich die Politiker nicht mehr als unangreifbar fühlen.»

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