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Schweiz Umstrittene Vergabepraxis bei der Schweizer Entwicklungshilfe

Die Schweiz hilft der Welt – mit immer mehr Geld. 1,7 Milliarden Franken im Jahr stellt der Bund für Entwicklungshilfe zur Verfügung. Ein Teil davon geht an Schweizer Hilfswerke – auf nicht immer transparenten Wegen. Schon vor vier Jahren sorgte das im Parlament für Kritik. Die Vorwürfe bleiben.

Hängebrücke in Bhutan, die mit Geldern der Helvetas finanziert wurde. (Archivbild)
Legende: Hängebrücke in Bhutan, die mit Geldern der Helvetas finanziert wurde. (Archivbild) Keystone

Mehr als 200 Millionen Franken zahlt die Deza an Schweizer Hilfswerke – pro Jahr. Für ein Kleinbauern-Projekt in Tansania zum Beispiel oder für ein Berufsbildungs-Projekt in Albanien. Etwas weniger als 20 Hilfswerke kommen jeweils zum Zug.

Jan Stiefel arbeitete jahrzehntelang als Entwicklungshelfer, auch für die Deza. Er kritisiert den Geldfluss: Kleine Organisationen oder Neulinge auf dem Markt hätten kaum Chancen, sagt der Agronom. «Wir sehen eine kartellartige Organisation.»

Stiefel und sein Verein Ideas setzen sich ein für Transparenz. Er kritisiert, die etablierten Hilfswerke stünden der Deza viel zu nahe. «Diese Verflechtungen sind überall. Man weiss voneinander, was es zu verteilen gibt und ein riesiger Teil davon läuft unter der Hand.»

Vorwürfe gegen den Branchenprimus

Stiefel hat insbesondere den Branchenprimus Helvetas im Visier. Vorletztes Jahr kam weit über die Hälfte des Helvetas-Budgets aus dem Topf der Deza. Im Vorstand sitzen zwei ehemalige Deza-Vizedirektoren und im Beirat fünf aktive ehemalige Parlamentarier.

Remo Gesu, der stellvertretende Geschäftsleiter von Helvetas, wehrt sich gegen die Vorwürfe. «Das hat nichts mit einer Verfilzung zu tun», sagt er. «Wir denken, dass wir aufgrund unserer Kompetenzen in der ländlichen Entwicklung einen Vorteil haben bei den Eingaben.»

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Mehr Transparenz bei der Vergabepraxis der Deza gefordert (Dominik Meier)
aus Echo der Zeit vom 04.04.2013.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 13 Sekunden.

Auch Martin Dahinden, der Direktor der Deza, will nichts wissen von Filz. «Wir werden wie kaum ein anderer Bereich in der Verwaltung kontrolliert.» Die Vorwürfe träfen nicht zu.

Vor vier Jahren aber übten die Kontrolleure scharfe Kritik an der Deza: Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerats untersuchte die Zahlungen an die Hilfswerke. Im Untersuchungsbericht hiess es. «Die Kriterien sind unklar und die Entscheidungen der Deza sind nicht transparent.»

«Es wird mehr ausgeschrieben»

Diese harte Kritik hat einiges ausgelöst: Inzwischen hat die Deza einheitliche und transparente Kriterien definiert für Beiträge an Hilfswerkprojekte. Auflagen und Kontrollen wurden verschärft. Und seit kurzem schreibt die Deza deutlich mehr Projekte öffentlich aus. Die Geschäftsprüfungskommission hatte dies explizit verlangt.

Früher wurden Aufträge in der Regel direkt an Hilfswerke vergeben heute gibt es mehr Wettbewerb. «Es wird mehr ausgeschrieben – und das wird auch noch zunehmen», sagt Deza-Direktor Dahinden.

Doch nicht alle Hilfswerke spüren den Wandel: World Vision ist mehrmals abgeblitzt bei der Deza. Mehrere UNO-Organisationen und EU-Staaten unterstützen das Hilfswerk – nicht aber die Schweiz. Hier stand World Vision wegen seiner Kinderpatenschaften verschiedentlich in der Kritik.

Lobbying für Hilfsgelder?

World Vision habe sich kürzlich um Deza-Projekte in Rumänien und im Kosovo beworben, sagt der neue Geschäftsleiter Reto Gerber. Erfolglos. Er ist der Meinung, dass etablierte Hilfswerke bevorzugt würden. «Die Gelder, die die Deza spricht, sind beschränkt und jede Hilfsorganisation versucht natürlich, möglichst viel zu bekommen.» Und wer schon viel habe, so Gerber, versuche auch, das zu verteidigen. «Und dort dann das Lobbying ins Spiel.»

Mit Lobbying zu Aufträgen? Die Deza bestreitet das vehement. Auch das Parlament erteilt der Deza inzwischen bessere Noten als vor vier Jahren: Die Transparenz sei grösser, der Wettbewerb intensiver geworden, stellte die Geschäftsprüfungskommission vor einem Jahr fest. Doch es brauche weitere Reformen. Dieses Jahr wollen die Parlaments-Kontrolleure das Entwicklungshilfe-Geschäft erneut unter die Lupe nehmen.

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