- Hohe Managerboni trotz Milliardenverlust werden bei der heutigen Generalversammlung der Grossbank Credit Suisse zu hitzigen Voten der Kleinaktionäre führen.
- Neu ist, dass erstmals auch Grossaktionäre und einflussreiche Stimmrechtsberater die CS-Führung öffentlich kritisieren und den Vergütungsbericht ablehnen.
- Aktionärsvertreter Vincent Kaufmann von der Stiftung Ethos rechnet allerdings damit, dass dieser Bericht in der verbindlichen Abstimmung trotzdem durchkommen wird.
Vor der letztjährigen Generalversammlung hatte die Credit Suisse einen hohen Verlust im vergangenen Geschäftsjahr bekannt gegeben, und dennoch hohe Boni ausgeschüttet. Es folgten Aktionärsproteste und eine Charmeoffensive der Bank. Die Aktionäre stimmten dem Vergütungsbericht schliesslich mit 79,3 Prozent zu.
«No» von amerikanischen Aktionärsvertretern
Doch anders als letztes Jahr kann Verwaltungsratspräsident Urs Rohner heute nicht mehr auf eine breite Mehrheit zählen. Denn mit dem Entscheid, dass die Geschäftsleitung auf 40 Prozent der Boni verzichtet, ist es ihm diesmal nicht gelungen, die einflussreichen US-Stimmrechtsberater ISS und Glass Lewis zu überzeugen. Diese teilten mit, den Vergütungsbericht weiterhin ablehnen zu wollen.
Auch die Schweizer Anlagestiftung Ethos und die Aktionärsvereinigung Actares sind nicht einverstanden mit dem Vergütungsbericht. Der Boni-Teilverzicht reiche ihnen nicht und komme zu spät, so der Tenor. Für wenig überzeugend halten sie zudem, dass der Lohn von Konzernchef Tidjane Thiam nur um 14 Prozent gestutzt wurde.
Vincent Kaufmann von der Stiftung Ethos erwartet eine spannende GV. «Wegen der Vergütungspolitik und der Höhe der Boni werden die Aktionäre viel Druck ausüben», sagt er gegenüber Radio SRF. Ob am Ende genug Stimmen gegen den Vergütungsbericht zusammenkommen, hängt allerdings von der Abstimmung ab.
Konsultative Abstimmung ist unverbindlich
«Es gibt die konsultative Abstimmung», erklärt Kaufmann das Prozedere. «Dort werden ziemlich viele Aktionärsvertreter dagegen stimmen. Die verbindliche Abstimmung über Verwaltungsratshonorare, Vergütungen für die Geschäftsleitung der Credit Suisse, Boni und so weiter, sollte hingegen durchkommen.»
Weltweit nimmt die Kritik an überhöhten Vergütungen zu. Neu äussern sich auch internationale Stimmrechtsberater negativ. Kaufmann erklärt dies damit, dass institutionelle Investoren wie Pensionskassen transparenter werden müssten. «Sie müssen gegenüber ihren Versicherten Rechenschaft darüber ablegen, wie ihre Stimmrechte wahrgenommen werden.» Diese Tendenz sei dieses Jahr noch stärker als früher. Damit wachse der Druck auf die Boni – auch aus den USA.
Einschätzung von SRF-Wirtschaftsredaktor Andi Lüscher
Ob der Vergütungsbericht der CS abgelehnt wird, lässt sich nicht voraussagen. Aber die Chancen für die Bank stehen gut oder zumindest besser. Die überraschende Ankündigung kurz vor der GV, dass die Führung auf 40 Prozent ihrer bereits zugesagten Boni verzichtet, dürfte einige Grossaktionäre umgestimmt haben. So gab etwa der norwegische Staatsfonds bekannt, dass er für die Vergütungen ist. Er besitzt etwa fünf Prozent der CS-Aktien. |
Dass die Bank überhaupt derart unter Druck kam, hat mit zwei einflussreichen Aktionärsberatern in den USA zu tun, auf deren Empfehlungen ungefähr ein Drittel aller Aktionäre hören. Diese fanden, 12 Millionen Franken für CS-Chef Tidjam Thiam für letztes Jahr bei einem Verlust der Bank von 2,7 Milliarden Franken, das gehe nicht. |
Die CS dagegen argumentierte, der Verlust gehe auf Fehler des früheren Managements zurück. Thiam und seine Leute hätten alle Ziele erreicht und ihre Boni verdient. Damit kam die Bank dieses Jahr nicht bei allen durch. Heute an der GV stimmen die Aktionäre nun über die Vergütungen ab. Dann zeigt sich, wie gross der Widerstand noch ist. |