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Sonstiges Recht Das Testament in Blockschrift unterschreiben?

Der Cousin einer Hörerin hinterlässt zwei Testamente. Das neuere wurde in Blockschrift verfasst und der Name ist falsch geschrieben. Die Erben haben den Verdacht, ihr Cousin habe nicht mehr gewusst, was er schreibe. Ist das Testament ungültig? Die Rechtsexpertin gibt Auskunft.

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Testament in Blockschrift?
aus Espresso vom 16.04.2015.
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 4 Sekunden.

Beatrice Walther aus dem Bernischen Mittelland beschäftigt eine Frage aus dem Erbrecht. Ihr Cousin verstarb im letzten Jahr 74-Jährig. Der Mann war nie verheiratet und hat keine Kinder. Die Cousinen und Cousins sind seine einzigen Verwandten.

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Die Rechtsexpertinnen Gabriela Baumgartner und Raphaela Reichlin beantworten jeden Donnerstag im «Espresso» eine Rechtsfrage. Hier geht es zu den bisherigen Antworten.

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Was gilt, wenn es zwei Testamente gibt?

Bei seinen Unterlagen finden diese zwei Testamente. Im zweiten Testament vererbt der Verstorbene sein gesamtes Vermögen einem Bekannten. Beatrice Walther hat Zweifel, ob dieses Testament überhaupt gültig ist.

«Es ist in Blockschrift geschrieben und seinen Namen konnte mein Cousin offenbar nicht im ersten Anlauf fehlerfrei schreiben». Ihr Cousin sei vor seinem Tod gesundheitlich angeschlagen gewesen. Beatrice Walther ist nicht sicher, ob ihrem Cousin wirklich bewusst war, was er niederschrieb.

«Zwei merkwürdige Aspekte»

Beatrice Walther sollte sich mit ihren Fragen von einem Erbrechtsspezialisten beraten lassen. Nur so lässt sich seriös abklären, ob sie das Testament ihres Cousins anfechten kann. Im Wesentlichen geht es um folgende Punkte:

  1. War der Cousin urteilsfähig? Wer wie Beatrice Walther als gesetzlicher oder eingesetzter Erbe Zweifel an der Urteilsfähigkeit des Verstorbenen hat, kann das Testament vor Gericht anfechten. Allerdings braucht es klare und beweisbare Hinweise, dass die betreffende Person zum Zeitpunkt der Testamentsniederschrift urteilsunfähig war. Die Gerichte stellen hohe Anforderungen an solche Beweise. Eine zittrige, ungelenke Schrift allein oder ein Schreibfehler ist kein Beweis für eine Urteilsunfähigkeit. Auch wenn jemand schwach und gebrechlich ist, bedeutet das nicht, dass er seinen Willen nicht mehr klar bilden und äussern kann. Anders, wenn die Person Angehörige nicht mehr erkennt und deshalb in einem Heim gepflegt werden muss.
  2. Wurden Formvorschriften verletzt? Anfechtbar ist ein Testament zudem, wenn es den strengen Formvorschriften nicht genügt. Das Gesetz schreibt vor, dass es von Anfang bis zum Schluss von Hand geschrieben sein muss, inklusive Datum und Unterschrift. Bezüglich Material oder Ausdruckweise gibt es dagegen keine Vorschriften: Es ist zulässig, sein Testament auf Briefpapier oder auf einer Schiefertafel zu schreiben und mit «Eure Mutter» oder sogar einem Spitznamen zu unterzeichnen. Auch ist die testierende Person frei, ob sie ihren letzten Willen in Block- oder Schnürchenschrift niederschreiben will. Massgebend ist, ob der Wille klar erkennbar ist.

In der Praxis kommt es nach einem Todesfall oft vor, dass mehrere Testamente gefunden werden. So auch bei Beatrice Walthers Cousin.

In diesem Fall gilt: Ein neueres Testament hebt das ältere auf. Ausser, es ergibt sich aus dem Text des neueren Dokumentes klar, dass es sich um eine Ergänzung handelt.

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