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Arbeit Gericht lässt Registerhai entwischen

Mit undurchsichtigen Angeboten für ein Online-Register hat die Firma «B und P Dienstleistungen» Hunderte von Einzelpersonen und Kleingewerblern ausgenommen. Über 70 Geschädigte haben Anzeige erstattet. Doch nun hat das Schwyzer Strafgericht die beiden Geschäftsführer freigesprochen.

Das Prinzip ist immer dasselbe: Ein offiziell anmutendes A4-Blatt, auf dem der Empfänger aufgefordert wird, die Angaben zu überprüfen. Vorgedruckt sind seine Adresse und allenfalls Branchentätigkeit. Das Formular offeriert einen Eintrag in einem Register auf der Webseite ch-telefon.ch.

Die Bombe hat die verantwortliche Firma «B und P Dienstleistungen» im Kleingedruckten platziert: Dort liest der Empfänger, dass er sich mit seiner Unterschrift für mindestens drei Jahre verpflichtet – und dafür insgesamt 2580 Franken zu bezahlen hat. Eine Summe, die wie im Fall des Boccia-Clubs Thayngen schmerzt. Der Verein reiht sich ein in die lange Liste von Betroffenen, die auf das dubiose Angebot reingefallen sind. Opfer sind neben Privatpersonen und Kleinunternehmen auch staatliche Betriebe. Über 70 Parteien haben die Firma «B und P Dienstleistungen» angezeigt.

Schwyzer Strafgericht: Vielleicht unseriös, aber nicht strafbar 

Die hohe Anzahl der Geschädigten – 65 haben an ihrer Anzeige festgehalten – hat auch die Oberstaatsanwaltschaft Schwyz stutzig gemacht. Sie klagte die beiden Geschäftsführer Marc Christoffel und Markus Blöchliger-Bortolini wegen Betrugs und unlauteren Wettbewerbs an. Erfolglos, wie das Gerichtsurteil nun zeigt. Das Strafgericht Schwyz hat die beiden Firmenchefs freigesprochen. 

Vor den Richtern argumentierte der zuständige Staatsanwalt Benno Annen, das Portal sei überteuert und nutzlos. Das Formular gaukle vor, der Empfänger besässe bereits einen Eintrag im Register und müsse diesen bloss mit seiner Unterschrift bestätigen. Das Gericht hingegen sah keine arglistige und betrügerische Absicht in der Geschäftspraxis von Christoffel und Blöchliger-Bortolini. Ihr Vorgehen sei vielleicht unseriös, doch keinesfalls strafbar. Die Empfänger würden auf dem Papier erkennen, dass es sich bei dem Register-Eintrag um ein kostenpflichtiges Angebot handle. Gleiches hatten vor dem Freispruch auch die Verteidiger betont: Die Angeklagten gaben zu, die Formulare verschickt zu haben, stritten jedoch jede betrügerische Absicht ab.

Die Richter zeigten sich unbeeindruckt von den Ausführungen der Geschädigten. So schilderte eine Privatperson vor Gericht, wie drastisch «B und P Dienstleistungen» vorgeht: Wer nicht zahlt, wird sofort gemahnt, eingeschüchtert und vom firmeneigenen Inkassobüro Debi Control betrieben.

Rechtsberater: «Das ist Täuschung»

Für die Konsumentenschützer ist das Urteil ernüchternd. «Das Urteil ist ein Skandal», sagt K-Tipp-Rechtsberater Hans Ruedi Schmid. Für ihn ist die Sachlage klar: «Hier liegt Täuschung vor:  Die Angeklagten haben absichtlich und kalkulierend gehandelt. Das ist offensichtlich.» Ein Vertrag solle aufklären und nicht Leute hinters Licht führen. Schmid ermutigt die Geschädigten, sich keinesfalls durch das Urteil beeinflussen zu lassen. «Sie sollen auf jeden Fall ihre zivilrechtlichen Ansprüche geltend machen.»

Staatsanwalt: Eindeutige Masche

Dies rät auch der Schwyzer Staatsanwalt Benno Annen. Das Urteil zum «strafrechtlich heiklen Fall» enttäuscht ihn. «Eine Täuschung ist klar vorhanden. Sonst wären nicht so viele Bürger aus allen Sprachregionen der Schweiz auf diese Masche reingefallen.» Wer zahle schon freiwillig so viel, wenn doch andere Angebote gratis, im Abonnement inbegriffen und weitaus bekannter sind? Das Urteil bedeute nichts anderes als: «Wer reingefallen ist, ist selbst schuld.»

Hände weg von nutzlosen Register-Einträgen

Die Firma «B und P Dienstleistungen» ist dem «Kassensturz» seit Jahren bekannt. Immer wieder warnen wir, dass die Empfänger keinesfalls auf die zweifelhaften Register-Einträge eingehen sollen. Beide Angeklagte standen bereits mehrere Male vor Gericht – mit jeweils unterschiedlichem Urteil. Während für das Obergericht Zürich keine arglistige Täuschung vorlag, waren die Rechtssprecher in St. Gallen und Baden gegenteiliger Meinung. Auch für das Handelsgericht Zürich sind die Geschäftsmethoden von «B und P Dienstleistungen» unlauter. Das Urteil wurde jedoch angefochten.

Vor dem Strafgericht Schwyz machte Markus Bortolini-Blöchliger klar, er habe alle Geschäftsbeziehungen zu Marc Christoffel gekappt. Er wolle nichts mehr mit solchen Adresseinträgen zu tun haben. Wie er heute sein Geld verdient, darüber schweigt Bortolini-Blöchliger. Mindestens ein Register-Hai aber ist weiterhin auf Jagd: Marc Christoffel ist nun alleiniger Geschäftsführer der Firma «B und P Dienstleistungen», die nun in «vista24 GmbH» umgetauft wurde. Äusserste Vorsicht bei seinen zweifelhaften Formularen ist also nach wie vor geboten.

Politik

Revidiertes Gesetz: Klagen werden einfacher

Mit dem neuen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) soll Registerhaien das Handwerk gelegt werden. Zurzeit läuft die Referendumsfrist. Bisher konnten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) nur eingeklagt werden, wenn sie irreführend waren. Neu reicht es, wenn die AGB gegen Treu und Glauben verstossen und ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten besteht. So etwa, wenn eine Firma in einer Klausel alle Risiken auf den Kunden überwälzt. Auch soll künftig der Bund Strafanklage gegen solche Schwindler einreichen können und nicht wie bislang jeder Geschädigte einzeln.

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