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Wofür Spender zahlen müssen
Aus Kassensturz vom 21.12.2010.
abspielen. Laufzeit 17 Minuten 21 Sekunden.
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Geld Immer mehr Spenden fliessen ins Fundraising

Bescherung für Hilfswerke: Im Dezember und Januar fliessen ihnen die meisten Spenden zu. Doch nur mit viel Aufwand können die Organisationen ihre Spendentöpfe füllen. «Kassensturz» zeigt auf, weshalb es für die Hilfswerke immer teurer wird, Spenden zu sammeln.

In ihren Uniformen und mit der Gitarre in der Hand sind sie aus dem weihnächtlichen Strassenbild nicht mehr wegzudenken: Die Chöre der Heilsarmee. Mit ihrer Topfkollekte sammeln sie seit über 100 Jahren Spendengelder. Was viele nicht wissen: Die christliche Organisation ist eine der grössten privaten Sozialwerke der Schweiz mit einem Budget von total 170 Millionen Franken.

Immer mehr Hilfswerke

Die Topfkollekte allein reicht dafür nicht aus. «Mit der Topfkollekte kommen 1,6 Millionen zusammen. Das ist ein schöner Betrag, aber mit den Chören auf der Strasse pflegen wir in erster Linie unser Image», erklärt Martin Künzi, Leiter Kommunikation der Heilsarmee. «Die meisten Spenden generieren wir aus Direkt-Mailings und TV-Spots.»

Um an genügend Spendengelder zu gelangen, gibt die Heilsarmee rund 4 Millionen Franken für das Fundraising aus – Tendenz steigend. «Der Druck nimmt zu», sagt der Fundraising-Spezialist der Heilsarmee. «Der Spendenmarkt hat sich in den letzten Jahren zu einem harten Verdrängungswettbewerb entwickelt.»

Neue Konkurrenz auf dem Spendenmarkt

Das Volumen privater Spenden in der Schweiz beträgt seit Jahren rund 1 Milliarde Franken. Während also der Spendenkuchen immer gleich geblieben ist, nimmt die Anzahl der Hilfsorganisationen aber laufend zu. «Waren es früher noch 300 Hilfsorganisationen, die in der Schweiz um Spendengelder buhlten, sind es inzwischen rund 3000 Organisationen», weiss Lorenz Spinas, Leiter von Spinas-Gemperle, einer Werbeagentur, die sich auf Hilfsorganisationen spezialisiert hat.

Neben einer steigenden Anzahl internationalen Hilfsorganisationen wie World Vision oder Plan International buhlen neuerdings auch nationale Universitäten, Kulturorganisationen und Sportverbände um Schweizer Spenden. «Dies ist ein Ausdruck der Verschiebung vom Staat zur Privatfinanzierung», ist Lorenz Spinas überzeugt.

25 Rappen Aufwand pro Spendenfranken

Der wachsende Wettbewerb unter den Hilfswerken beschert der Werbeagentur von Lorenz Spinas einen Umsatz von 4 Millionen Franken im Jahr. Für dieses Geld organisiert er für die Hilfsorganisationen Direkt-Mailings, TV-Spots, Strassenplakate und Stand-Aktionen. Inzwischen gehören rund 30 Hilfsorganisationen zum Kundenstamm der Agentur.

Hilfswerke reden nicht gerne darüber

Helvetas und Heilsarmee ist es hoch anzurechnen, dass sie «Kassensturz» ihre Fundraising-Kosten offenlegen. Denn die Branche spricht nicht gerne darüber. In den Geschäftsberichten werden die Fundraisingkosten oftmals zu tief deklariert oder in anderen Budgetposten wie Aufklärungskampagnen versteckt.

«Die Organisationen befürchten, ihre Spender zu erschrecken, wenn sie die Fundraising-Kosten offen deklarieren», sagt Robert Purtschert, Professor und Fundraising-Spezialist am Institut für Verbandsmanagement der Universität Freiburg (FR). Im Sinne der Transparenz rät Purtschert den Organisationen, zu ihren Fundraising-Kosten zu stehen: «30 Prozent Fundraising-Kosten sind im heutigen Wettbewerb akzeptiert», ist Purtschert überzeugt.

Treue Spender senken Kosten

Zu einem grossen Teil haben wir Spender es in der Hand, dass möglichst viel der Spendengelder in die eigentlichen Projekte fliesst und nicht im Fundraising verdampft. «Wichtig ist, dass der Spender sich im Vorfeld gut überlegt, welche Organisation er unterstützten will, und dieser Organisation über mehrere Jahre treu bleibt», sagt Martin Künzi von der Heilsarmee. «Wenn der Spender von Jahr zu Jahr die Organisation wechselt, heizt er damit den steigenden Fundraising-Aufwand innerhalb der Branche an.»

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