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Not schamlos ausgenutzt: Fernheiler kassiert Millionen
Aus Kassensturz vom 28.06.2005.
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Geld Not schamlos ausgenutzt: Fernheiler kassiert Millionen

Der Fernheiler Alberto Mattle macht mit der Not Hilfesuchender Kasse. Für eine ''Partnerwiederzusammenführung'' knöpfte er einer Frau in einer 23monatigen Fernbehandlung 288'000 Franken ab.

Der Fernheiler Alberto Mattle macht mit der Not Hilfesuchender Kasse. Für eine ''Partnerwiederzusammenführung'' knöpfte er einer Frau in einer 23monatigen Fernbehandlung 288'000 Franken ab.

Wer vom Freund oder seiner Frau verlassen wird, dem geht es in der Regel schlecht. Viele suchen in einer solchen Situation Hilfe und moralische Unterstützung, meistens bei Familienangehörigen und Freunden. Manchmal ist die Verzweiflung so gross, dass Menschen auch nach teuren Strohhalmen greifen: Kassensturz hat mit mehreren Leuten geredet, die sich auf das gleiche Kleininserat gemeldet haben: "Erfolgreiche Fernbehandlung bei Partnerwiederzusammenführung! Diplomierter Schweizer Parapsychologe hilft sofort und zuverlässig seit über 20 Jahren." Die darunter stehende Telefonnummer führt an die Badenerstrasse 414 in Zürich, dem offiziellen Wohnsitz des angeblichen Parapsychologen Alberto Mattle. Über ihn berichtete Kassensturz bereits 1996: Seine Opfer legt Mattle immer mit dem selben Trick herein. Zuerst müssen die Leute ihr Problem beschreiben. Dabei geben sie unbedacht intime Details aus ihrem Leben preis. Mattle verlangt 400 Franken. Dafür konzentriert er sich 30 Tage lang zweimal täglich auf das Problem.

Mit seinen Harmonisierungs-Fernbehandlungen will Mattle Blockaden lösen und Kraft vermitteln. Alles durch seine Gedanken. Für ein halbes Jahr kostet das schnell einmal 14'400 Franken, und das sei ein Spezialtarif. Bei Hubertus Hollenweger, Mediator der Beratungsstelle Rechtspermanence in Luzern, sammeln sich die Fälle, bei denen Hilfesuchende viel Geld ausgegeben haben. Um einen Fall kümmert sich Hollenweger besonders: Eine Frau nezahlte Mattle für ein halbes Jahr Geistheilung 14'400 Franken. Doch Mattle wollte mehr. Die Frau zahlte weiter, während 23 Monaten insgesamt 288'000 Franken. Manchmal kleinere, und wenn es ihr besonders schlecht ging, grössere Beträge. "Er sagte, man müsse die Behandlung verstärken und hat auf mich Druck ausgeübt, ich müsse mich sofort entscheiden. Weiter hat er gesagt, dass ich niemandem etwas davon erzählen dürfe, da es sonst nicht funktioniere", sagt die betroffene Frau. Ein Teufelskreiss, weiss Mediator Hollenweger: "Je teurer die Behandlung wird, desto abhängiger wird man. Eine betoffene Person gibt ja nicht gerne zu, dass sie viel Geld für nichts bezahlt hat. Und mit jedem Betrag, den man mehr einzahlt, wächst deshalb die Heilserwartung", sagt Hollenweger. Geistheiler Mattles Anwalt schreibt: "Die Kunden wissen von Anfang an, dass es keine Garantie auf Erfolg gibt. Die entsprechende Kundin wünschte vier Partnerschaftszusammenführungen. Das machte die Behandlung entsprechend teurer. In diesem Fall dauerte die Behandlung mehrere Jahre."

Alberto Mattle selber will vor der Kamera keine Auskunft geben. An seinem offiziellen Wohnsitz findet Kassensturz Mattle nicht. Kassensturz weiss aber: Für 1,5 Millionen Franken hat der Parapsychologe an exklusiver Lage in Klosters eine Luxuswohnung gekauft. Mattle ist Grossverdiener: Im Jahr 2002 versteuerte er ein Einkommen von 851'000 Franken, 2003 waren es nur 394'000 Franken. Doch mit den Zahlen hat Mattle ein Problem: Offiziell verlangt er 40 Franken pro Stunde. Bei einem geschätzten Jahresumsatz von 800'000 Franken müsste Mattle pro Jahr mindestens 20'000 Stunden an seine Kunden denken. Das heisst: Beim Parapsychologen hat ein Tag 54 Stunden. Paul Schneider vom Schweizerischen Verband für natürliches Heilen rechnet Mattles Stundentarif nach und kommt zum Schluss: "Das kann man nur als Scharlatanerie bezeichnen."

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