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Zahnpasta-Preistrick: Konsumenten ausgepresst
Aus Kassensturz vom 22.09.2009.
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Geld Zahnpasta-Preistrick: Konsumenten ausgepresst

Konzerne verhindern mit fragwürdigen Methoden günstige Parallelimporte. Konsumenten zahlen deshalb in der Schweiz für viele Markenartikel überhöhte Preise. «Kassensturz» zeigt anhand von «Elmex», wieso Konsumenten hierzulande selbst für eine Schweizer Marke viel mehr zahlen müssen.

Elmex, die traditionsreiche Schweizer Zahnpasta, gehört heute dem amerikanischen Multi Colgate Palmolive. «Kassensturz» untersucht die raffinierten Preistricks des Konzerns. Mit einem Marktanteil von knapp dreissig Prozent ist Elmex die meistverkaufte Zahnpasta der Schweiz. Das verleiht Elmex viel Marktmacht. Denner-Einkaufschef Hans-Rudolf Brauchbar kritisiert, dass er im Einkauf für die Zahnpasta überrissene Preise bezahlen muss. Gesteuert werde das von den Markenartikel-Multis. Ein Beispiel sei Elmex. «Da siehst man, dass in der Schweiz einfach mehr abgesahnt wird als im Ausland», sagt Brauchbar.

Bis zu 67 Prozent teurer

Und so sahnt Elmex ab: In der Migros kostet eine rote Tube Elmex 4.90 Franken, ebenso bei Spar. Denner verkauft das Produkt zu 4.40 Franken, Coop hat den Preis auf das Denner-Niveau gesenkt. Preis in Deutschland in einer Apotheke, umgerechnet auf den Schweizer Mehrwertsteuer-Satz: 3.55 Franken. In Holland kostet Elmex bei einem grossen Detailhändler sogar nur 2.94 Franken. Fazit: Die Schweizer zahlen fürs Gleiche bis zu 67 Prozent mehr.

Elmex ist nur ein Beispiel – Konsumenten in der Schweiz müssen für zahlreiche Markenartikel zu hohe Preise zahlen. Konsumenten beklagen sich bei Preisüberwacher Stefan Meierhans täglich wegen überrissener Preise. Für importierte Güter würden Schweizer verglichen mit dem Ausland über 10 Milliarden zu viel zahlen. Der Grund: bürokratische Hindernisse oder marktabschottende Vertriebssysteme. «Und das führt dazu, wenn man die tiefere Mehrwertsteuer in der Schweiz einberechnet, dass wir rund 20 höhere Preise haben als im europäischen Ausland», rechnet Meierhans vor.

So schröpften Multis die Konsumenten: Sie verkaufen ihre Produkte in jedem Land ausschliesslich über ausgewählte Firmen. Damit kontrollieren sie den Markt und verhindern günstige Parallelimporte. Beispiel Elmex: Hersteller Gaba verkauft die Zahnpasta in jedem Land nur über eine Tochtergesellschaft: Gaba Schweiz, die Gaba GmbH in Deutschland, Gaba Benelux. Der Konzern setzt von Land zu Land unterschiedlich hohe Preise durch. Ärgerlich für Hans-Rudolf Brauchbar von Denner: Der Einkaufspreis von Denner ist höher als der Ladenpreis in Holland.

Parallelimporte verunmöglicht

Brauchbar hat versucht, Elmex bei Zwischenhändlern im Ausland günstig einzukaufen und in die Schweiz parallel zu importieren. Mit welchen Methoden das Gaba verhindert, enthüllen Dokumente: 2005 erfolgte ein Kaufversuch bei einem Österreichischen Händler. Dieser versprach, monatlich 20'000 Tuben zu liefern. Doch dann schreibt er plötzlich: Die Gaba-Vertretung in Österreich werde Denner keine Ware für den Export zur Verfügung stellen. 2009 kann auch ein deutsches Handelsunternehmen unverhofft nicht liefern und schreibt: «Die Ware kann nur in Deutschland verkauft und darf nicht exportiert werden.» So verunmöglicht Gaba Parallelimporte und hält die Preise hoch.

Das Unternehmen Gaba mit Hauptsitz in Therwil BL wurde 2004 von Colgate-Palmolive übernommen. Gaba will zum Streit mit Denner und zu seiner Preispolitik nicht Stellung nehmen, wegen eines laufenden Verfahrens. Denner hat nämlich bei der Wettbewerbskommission (Weko) geklagt.

Die Weko kommt in ihrer Voruntersuchung zum Schluss: Es gibt Anhaltspunkte für eine Verhinderung von Parallelimporten. Hans-Rudolf Brauchbar: «Wenn die Weko unsere Klage gutheissen würde, haben wir die Möglichkeit, zum Beispiel Elmex beim günstigsten lizenzierten Hersteller in Europa zu beziehen. Und der Preisvorteil, den wir aus der Beschaffung bekommen, können wir dem Konsumenten weitergeben.» «Kassensturz» weiss: Der Entscheid der Weko fällt in den nächsten Tagen.

Einkaufsstrategie geändert

Preisüberwacher Stefan Meierhans kann sich nicht zum Fall Elmex äussern. Doch er stellt fest, dass der Dreh mit den Alleinvertriebssystemen Konsumenten viel Geld kostet. «Ganz generell kann man sagen, dass das Alleinvertriebs- oder eben das Generalimporteursystem sehr verbreitet ist. Und dass man zu beeinflussen probiert, was, wann, wo und zu welchem Preis verkauft werden soll.» Das könne dann tatsächlich zu höheren Preisen führen.

Denner-Einkaufschef Hans-Rudolf Brauchbar gelang es nicht, grosse Mengen günstiges Elmex parallel zu importieren. Daher hat Denner die Strategie geändert und Elmex in kleineren Mengen bestellt, unbemerkt für den Hersteller. Jetzt steht günstige Ware bereit für den Verkauf. Allerdings: Eine dauerhafte Lösung für tiefe Preise ist das nicht.

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