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Auch rezeptfreie Halsweh-Pillen enthalten Antibiotika
Aus Espresso vom 22.12.2015. Bild: SRF
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Gesundheit Auch rezeptfreie Halsweh-Pillen enthalten Antibiotika

Bei vielen Menschen nützen Antibiotika nicht mehr. Sie sind resistent. Trotzdem erhält man in jeder Apotheke ohne Rezept Halswehtabletten, die Antibiotika enthalten.

Nicht alle Halsweh-Tabletten, die man in der Apotheke kaufen kann, haben Antibiotika drin, aber viele. Das bekannteste Beispiel ist MebucaÏne f von Novartis-Glaxo-Smith-Kline.

Keine Resistenzen vom topischen Antibiotikum

Liste
Legende: Zusammensetzungs-Liste von Mebucaine f. SRF

Auf die Frage, was ein Antibiotikum in Halsweh-Tabletten bringen soll, schreibt Glaxo-Smith-Kline: «Bei der Behandlung des Mund- und Rachenraums muss man die bereits vorhandene Infektion kontrollieren und ihre weitere Verbreitung verhindern.» Das Antibiotikum bekämpfe die Bakterien im Speichel, so dass die Entzündung nicht zu einer Angina werde.

Da es ein topisches Antibiotikum sei, das sehr lokal und oberflächlich wirke, gäbe es kein Problem wegen Resistenzen. Zumindest sei bis jetzt keines bekannt. Das zeige eine Studie aus dem Jahr 2007.

Bringt nichts gegen Angina

Der Infektiologe Andreas Widmer vom Universitätsspital Basel sieht nicht ein, warum ein Antibiotikum in Halsweh-Tabletten nötig sein soll. Er bezweifelt ausserdem, dass es zur Heilung beiträgt. Wenn die Infektion schon im Rachenraum sei, könne man mit einem topischen Antibiotikum nichts ausrichten.

«Die Mandeln sind praktisch immer derart zerklüftet, dass man mit einer oberflächlich wirkenden Substanz nicht in die Tiefe kommt», sagt Widmer. Ausserdem würden die meisten Infektionen im Hals durch Viren verursacht, sagt der Mediziner. Und gegen Viren bringen Antibiotika nichts.

Mit Halswehtabletten vorbeugen

Die Hersteller kontern, mit den Halswehtabletten könne man vorbeugen, so dass keine Angina entstehe. Eine Studie von 1988 habe gezeigt, dass innerhalb von 15 Minuten fast alle Bakterien im Speichel abgetötet würden. So könnten diese nicht auf die Schleimhaut sitzen, die sowieso schon von Viren geschwächt worden ist.

Moderne Studie gefordert

Wie der Infektiologe bezweifelt auch der Apotheker, ob das aufgeht. Er verkaufe grundsätzlich Halsweh-Tabletten ohne Antibiotika drin, sagt Fabian Vaucher, Präsident vom Apothekerverband Pharmasuisse. Aber viele Kunden hätten in der Werbung eine bestimmte Marke gesehen und würden diese dann unbedingt wollen. Der Apotheker meint deshalb: «Es wäre interessant, von Swissmedic eine aktuelle Studie zu sehen, die zeigt, ob es eine Wirkung gibt.»

Antibiotikum auf der Packung erwähnen?

Bei der Heilmittelbehörde Swissmedic heisst es, es sei Aufgabe der Hersteller, zu beweisen, ob ein Medikament wirke oder nicht. Für sie sei es wichtig, dass es nicht schade, sagt Mediensprecher Peter Balzli.

Als «Espresso» fragt, wieso auf den Halswehtabletten nicht explizit draufstehe, dass ein Antibiotikum drin ist, meint die Herstellerin, es sei nicht nötig. Der Wirkstoff Tyrothricin sei aufgeführt, das müsse reichen. Bei Tyrothricin handelt es sich um das erwähnte Antibiotikum.

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